Duisburg. Seit Donnerstagmorgen können die Duisburger per Briefwahl über die Abwahl von OB Adolf Sauerland entscheiden. Am ersten Tag machten bereits etliche Bürger davon Gebrauch. Mit einem Ínfostand in der Innenstadt informiert die Bürgerinitiative außerdem ab Samstag über die Hintergründe des Abwahlverfahrens.

Ein älteres Ehepaar drängte sich am Donnerstag durch die Reihe der Medienvertreter im Bürgerservice des Bezirksamtes Mitte. Kameraleute und Fotografen warten gerade darauf, dass Mitglieder der Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ ihre Kuverts mit dem Abstimmungszettel in die Wahlurne werfen. Unbeirrt von Blitzlichtern und laufenden Kameras tun sie das, worauf das „Duisburger Bündnis Abwahl“ setzt: Sie machen von der Briefwahl Gebrauch. Und sie waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht die einzigen. Wie im Bezirksamt Mitte machten Bürger auch schon im Wahlamt in Neudorf seit dem Morgen ihr Kreuz auf dem Abstimmungsschein.

„Es geht uns nicht um die Macht im Rathaus“, unterstrich Theo Steegmann, einer der Sprecher der Bürgerinitiative. Es gehe einzig und allein um das Verhalten des Oberbürgermeisters nach der Loveparade-Katastrophe. In dem Wahlaufruf und in Flyern, die in den nächsten Tagen in den Briefkästen der Bürger stecken werden, werde dies noch einmal deutlich gemacht. Dass die CDU hier von einer „Mogelpackung“ und einer „Farce“ spreche, sei „ein ungeheuerlicher Vorwurf“ und „ein Affront“ gegen die knapp 80.000 Bürger, die sich in die Unterschriftenlisten eingetragen haben. „Die CDU hat offensichtlich ein Problem mit einem demokratischen Verfahren“, schließt Steegmann daraus. Ungeheuerlich sei auch der Boykott-Aufruf von CDU-Partei-Chef Mahlberg.

Bündnis gegen OB Sauerland

Josef Krings, Alt-Oberbürgermeister Duisburgs:
Josef Krings, Alt-Oberbürgermeister Duisburgs: "Es geht um Verantwortung und neues Denken. Das ist mit Sauerland nicht möglich. Wir müssen mit dem Größenwahn, der zur Loveparade führte, brechen. Von Duisburg muss ein Signal ausgehen." © WAZ FotoPool
Rainer Bischoff, Vorsitzender des DGB-Bezirks Niederrhein:
Rainer Bischoff, Vorsitzender des DGB-Bezirks Niederrhein: "Es geht um das Versagen der Amtsperson des Oberbürgermeisters Sauerland. Die Stadt braucht einen Neuanfang. Das hat nichts mit Parteipolitik zu tun." © WAZ FotoPool
Jürgen Hagemann, Gründer des Selbsthilfevereins Massenpanik Selbsthilfe; seine Tochter wurde bei der Loveparade schwer verletzt und traumatisiert:
Jürgen Hagemann, Gründer des Selbsthilfevereins Massenpanik Selbsthilfe; seine Tochter wurde bei der Loveparade schwer verletzt und traumatisiert: "Ich habe eine feige, kalte, sich wegduckende Stadtspitze erlebt. Ich fühle mich von Adolf Sauerland nicht vertreten, sondern brüskiert. Deshalb unterstütze ich das Abwahlverfahren." © WAZ FotoPool
Ingrid Fitzek, Vorstandsmitglied Bündndis 90/Die Grünen:
Ingrid Fitzek, Vorstandsmitglied Bündndis 90/Die Grünen: "Das Verhalten der Stadtspitze hat uns irritiert, stieß dann auf Unverständnis und hat uns dann empört. Wir können ein Zeichen setzen: Duisburg kann Demokratie." © WAZ FotoPool
Bärbel Bas (SPD), Mitglied des Bundestages und stellvertretende Vorsitzende der SPD Duisburg:
Bärbel Bas (SPD), Mitglied des Bundestages und stellvertretende Vorsitzende der SPD Duisburg: "Dass wir soweit gekommen sind, ist ein ganz großer Schritt. Es ist schändlich von der CDU, dass sie ihre Mitglieder auffordert, nicht an der Wahl teilzunehmen." © WAZ FotoPool
Wilhelm Bies, stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP Duisburg.
Wilhelm Bies, stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP Duisburg. © WAZ FotoPool
Kenan Ilhan, Die Linke.
Kenan Ilhan, Die Linke. © WAZ FotoPool
Werner Hüsken, Sprecher und Mitbegründer der Abwahlinitiative
Werner Hüsken, Sprecher und Mitbegründer der Abwahlinitiative "Neuanfang für Duisburg". © WAZ FotoPool
Theo Stegmann, Sprecher und Mitbegründer der Abwahlinitiative
Theo Stegmann, Sprecher und Mitbegründer der Abwahlinitiative "Neuanfang für Duisburg": "Ausgangspunkt für das Abwahlverfahren ist das Verhalten von Adolf Sauerland nach der Loveparade-Katastrophe. Er ist als Oberbürgermeister von Duisburg nicht mehr länger haltbar." © WAZ FotoPool
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Sauerlands Loveparade-Chronologie statt Materialschlacht

Trotz der Flyer, Buttons, Anstecker, Aufkleber und Plakate werde es keine Materialschlacht geben. Das Bündnis muss den Abwahlkampf mit relativ geringen Mitteln finanzieren. DGB-Chef Rainer Bischoff (MdL, SPD) spricht von „wenigen 10.000 Euro“. In der Nähe des Standortes am Lifesaver-Brunnen, wo die Unterschriften in der Stadtmitte gesammelt wurden, wird ab Samstag ein Zelt stehen. Samstags von 11 bis 18 und montags bis freitags von 13 bis 18 Uhr. Man werde dort „jede Diskussion“ führen, und wer will, könne in der „Speakers Corner“ selbst ans Podium treten und sprechen.

Erste Pannen

Es gibt schon die ersten Pannen bei den Wahlbenachrichtigungen. In 900 Fällen, so war zu erfahren, wurden Bürgern falsche Wahllokale in anderen Stadtteilen zugeteilt.
In Rumeln-Kaldenhausen wurde nach Bericht eines Lesers ein Wahllokal mit einer falschen Straßenbezeichnung genannt. Das Wahllokal sei zwar im Büro des Zentralfriedhofs, der liege aber nicht an der Kaldenhausener Straße.

Um allen Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich das Verhalten von Oberbürgermeister Sauerland nach der Loveparade-Katastrophe in Erinnerung zu rufen, hat das Bündnis ein Chronologie der Ereignisse erstellt. Dazu werden Quellen genannt, die übers Internet oder mittels QR-Code übers Smart-Phone nachzulesen sind. „Jeder kann dort Adolf Sauerland in seinem Agieren nachvollziehen“, so Hartmut Pietsch (SPD). Wer dies tue, werde zu dem Schluss gelangen, dass ein Politiker, der sich so verhalte, nicht länger im Amt bleiben könne.

Erst wenn die Abwahl tatsächlich am 12. Februar feststeht, wollen sich Parteien und Initiative Gedanken über eine Nachfolge machen.