Duisburg. . Fast anderthalb Jahre nach der Loveparade leiden noch immer viele Überlebende und Hinterbliebene von Opfern psychisch an den Ereignissen der Tragödie von Duisburg. Deshalb will die Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche auch im nächsten Jahr Treffen für Betroffene anbieten.
Viele Überlebende und Hinterbliebene von Opfern der Massenpanik auf der Loveparade leiden auch fast anderthalb Jahre nach dem Unglück noch schwer an den Folgen. „Für die Familien der Todesopfer und für viele Verletzte ist sie weiterhin täglich schmerzhaft präsent. Eltern trauern um ihre Kinder. Zwei Halbwaisen vermissen ihre Mütter“, sagte Uwe Rieske, Landespfarrer für Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland am Mittwoch in Düsseldorf. 16 Monate nach der Katastrophe zog die Landeskirche eine Zwischenbilanz des Einsatzes bei und nach der letzten Loveparade.
Seit dem Unglück, bei dem 21 junge Menschen ums Leben kamen und über 500 verletzt wurden, hatten die Notfallseelsorger zwölf Treffen organisiert. Daran nahmen mehr als 120 Betroffene teil - etwa die Hälfte dieser Menschen kämpft noch immer mit posttraumatischen Belastungsstörungen - viele von ihnen waren oder sind in Therapie, um die Ereignisse aufzuarbeiten, sagte der Landespfarrer. Gut frequentiert sei auch die Webmail-Einzelfall-Beratung unter www.hilfe-loveparade.de, die von einer Pastorin und einer Psychologin betreut wird.
Der Chef der rheinischen Notfallseelsorge geht aber auch davon aus, dass die Dunkelziffer der Traumatisierten noch immer „sehr hoch“ sein dürfte. Und auch unter den Rettungskräften gibt es viele Betroffene, die mit den „Bildern des Massensterbens“ nicht fertig werden und ihren Beruf seit der Tragödie nicht mehr ausüben könnten.
Betroffene drängen auf zügige juristische Aufarbeitung
Auch wenn bei diesen Treffen unter professioneller Begleitung mit Seelsorgern, Traumapsychologen und Trauerbegleitern der Umgang mit Verlust und Traumata an erster Stelle steht, erwarten die Betroffenen trotzdem eine zügige juristische Aufarbeitung der Ereignisse. Der bevorstehende Bürgerentscheid, bei dem die Duisburger am 12. Februar über die Abwahl von Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland entscheiden, spiele zwar nur „am Rande“ eine Rolle, allerdings erhofften sich die Angehörigen und Verletzten eine „glaubwürdige Geste“ bei der Aufarbeitung der Katastrophe. Die Politik dürfe sich nicht um ihre Verantwortung drücken, so das Signal der Hinterbliebenen und Verletzten.
Weil der Bedarf an seelischer Unterstützung immer noch sehr hoch ist, will die evangelische Kirche auch im kommenden Jahr weitere Treffen für die Betroffenen anbieten. Möglich sei dies nicht zuletzt durch den Hilfsfonds des Landes NRW und zahlreiche Groß- und Einzelspenden. Durch diese zweckgebundenen Mittel wird es nach Einschätzung Rieskes möglich sein, weitere Treffen für die Angehörigen der Opfer und für die verletzten Überlebenden zu finanzieren und eine begleitete Selbsthilfegruppe für die traumatisierten Überlebenden einzurichten. Auch zum Jahrestag 2012 soll es – wenn die Betroffenen dies wünschen – Angebote für die Betroffenen geben. (mawo/mit dapd)