Duisburg. . Während die Duisburger am 12. Februar über die politische Aufarbeitung der Loveparade entscheiden dürfen, ist ein Ende der strafrechtlichen Ermittlungen nicht in Sicht: Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile mehr als 3370 Zeugen vernommen und wartet weiter auf ein Loveparade-Gutachten aus England.
Knapp anderthalb Jahre nach der letzten Loveparade steht bei der Aufarbeitung der Katastrophe der Streit um einen politischen Neuanfang in Duisburg im Vordergrund: Am 12. Februar dürfen die Duisburger über ihren seit der Katastrophe umstrittenen Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) abstimmen. Derweil ist ein Ende der strafrechtlichen Ermittlungen noch immer nicht in Sicht: Oberstaatsanwalt Rolf Haferkamp sagte fast ein Jahr, nachdem die Duisburger Ermittler ihren Anfangsverdacht gegen (damals) 16 Beschuldigte in ihrem Einleitungsvermerk erklärten nur: „Die Ermittlungen sind nicht abgeschlossen.“
Nach wie vor 17 Beschuldigte
Während seine Kollegen auch am Dienstag wieder Zeugen vernahmen, verwies Haferkamp, fast schon routiniert, nur auf die aktualisierte „Ermittlungsstatistik“: Danach wurden unter der Federführung der vier zuständigen Staatsanwälte mittlerweile mehr als 3370 Zeugen vernommen. 27.600 Din-A-4-Seiten seien in den nunmehr 46 Aktenordnern zum Verfahren abgeheftet, zuletzt hat irgendwer im Gebäude an der Koloniestraße 246 Beweismittel-Ordner gezählt.
Nach wie vor, so Haferkamp, bestehe gegen 17 Beschuldigte ein Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung. Zuletzt stand die Arbeit der Behörde im Oktober 2011 noch einmal kurz im Licht der Öffentlichkeit: Seit einer Wohnungsdurchsuchung zählt als fünfter Lopavent-Mitarbeiter auch der Organisationsleiter der Loveparade aus Bochum zu den Beschuldigten.
Ein Gutachten aus England und ein Chef im Pensionsalter
Noch immer nicht eingetroffen sei das Gutachten des britischen Experten für Großveranstaltungen, Dr. Keith Still. Er ist „Professor of Crowd Dynamics“ an der Buckinghamshire New University, arbeitet am internationalen Zentrum für „Crowd Management and Security Studies“ und gründete die Beratungsfirma „Crowd Dynamics Limited“. Im Frühjahr 2011 gaben die Ermittler Still den Auftrag, das Organisationskonzept der Loveparade zu bewerten und ein Gutachten zur „Ursache der Menschenverdichtung” am 24. Juli 2010 zu erstellen.
Welche ihrer Ermittler am umfangreichsten Fall ihrer Geschichte arbeiten, möchte die Duisburger Staatsanwaltschaft geheim halten. Ihr Chef, Karl-Manfred Claßen, wäre bereits im Ruhestand, darf aber über sein Pensionsalter hinaus im Amt bleiben. Einen entsprechenden Antrag Claßens genehmigte das Justizministerium NRW. Wie es im Oktober 2011 hieß, sollen mit Claßens Verbleib die Ermittlungen um die Katastrophe „kontinuierlich“ zu Ende gebracht werden.