Duisburg. . Durch X-Factor-Sieger David Pfeffer und die anderen erfolgreichen Casting-Show-Teilnehmer aus Duisburg entsteht ein attraktiveres Stadtbild. Sagt Uwe Gerste, Chef der Duisburg Marketing-Gesellschaft. Professor Jo Reichertz findet sogar, dass junge Menschen in den Castings etwas lernen können.
Der Polizist David Pfeffer hat der Stadt Duisburg durch seinen Erfolg bei der Casting-Show X-Factor (Vox) nach langer Zeit mal wieder positive Schlagzeilen beschert. Genau wie Sebastian Runde („Der klügste Deutsche“), Benny Martell (The Voice of Germany), True Fame (Supertalent) und Markus Krebs (Sieger des er RTL Comedy Grand Prix). Wir haben einen Marketing-Experten und nach den Auswirkungen für Duisburg und einen Wissenschaftler nach dem Erfolgsgeheimnis von Casting-Show befragt:
Uwe Gerste über den Einfluss von David Pfeffer & Co auf Duisburgs Image
Ob Sänger, Tänzer, Comedian oder kluge Köpfe, Duisburg hat sie alle. In nahezu jeder Castingsendung des aktuellen Fernsehprogramms sind Talente aus der Stadt vertreten. Warum so viele Duisburger dort mitmachen und inwieweit das Image der Stadt davon profitieren kann, erläutert Uwe Gerste, Geschäftsführer der Duisburg Marketing-Gesellschaft.
In Castingsendungen geht es vor allem um Menschen. Wird die Herkunft der Teilnehmer überhaupt wahrgenommen?
Uwe Gerste: Das Publikum bekommt das schon mit, wo jemand her kommt. Vor allem, wenn die Kandidaten angekündigt werden oder in den Beiträgen über sie ihre Heimatstadt eine Rolle spielt.
Was bedeutet es für eine Stadt wie Duisburg, wenn sie bei so einer Sendung erwähnt wird?
Gerste: Das ist zunächst einmal positive Kommunikation, also eine Art von Werbung. Dadurch wird gezeigt, dass wir hier dynamische und kreative Menschen haben.
Wie profitiert eine Stadt denn von so einer Werbung?
Gerste: Es gibt eine Art Wettbewerb unter den Städten. Alle bemühen sich um junge Menschen, die zuziehen oder bleiben sollen. Durch diese Sendungen entsteht ein positiveres und attraktiveres Bild der Stadt.
Schrottsendung oder Chance?
Manche Menschen schalten ab, sobald sie das Wort Casting-Show nur hören. Zugegeben: Mit „Deutschland sucht den Superstar“ oder dem „Supertalent“ hat RTL ein Format etabliert, dass oft weit unter die Gürtellinie zielt. Sowohl was Dieter Bohlens Kommentare als auch das Vorführen fehlenden Talents angeht.
Aber niemand sollte ignorieren, dass sich dieses Ur-Konzept weiterentwickelt. Neue Formate wie „X-Factor“ oder „The Voice of Germany“ – wenn der gute Ton gehalten wird – zeigen echte Talente, ohne sie vorzuführen. Nicht etablierte Künstler erhalten dadurch eine Chance, von ihrer Kunst zu leben. Denn der Musikmarkt ist hart. Und der Werbeeffekt eines Showerfolgs hilft, die ersten Schritte zu machen. Robin de Cleur
Warum sind gerade so viele Duisburger bei diesen Sendungen dabei?
Gerste: Das kann ich nicht sicher sagen. Ich kann mir aber vorstellen, dass der sehr offene Menschenschlag dieser Region da eher mitmacht. Außerdem sind wir unter den größten Städten Deutschlands immer noch auf Platz 15.
Die Duisburger Kandidaten sind ja auch sehr erfolgreich. Liegt das vielleicht auch an einer Art Zusammengehörigkeit des Ruhrgebiets?
Gerste: Das kann durchaus ein Grund sein. Ich habe auch schon von Leuten gehört: Das ist einer von uns, für den muss ich mal anrufen.
Wird das Image der Stadt durch solche Auftritte dauerhaft verbessert?
Gerste: Ob Duisburg langfristig von den Erfolgen profitiert, wird sich noch zeigen. Im Moment freuen wir uns für die Kandidaten und die Stadt.
Professor Jo Reichertz erklärt die Motivation der Zuschauer
Casting-Shows gehören seit langem zum deutschen Fernsehprogramm. Waren sie zunächst noch recht selten zu sehen, gibt es inzwischen unzählige Formate. Was fasziniert die Zuschauer an den Sendungen? Warum machen Menschen dabei mit oder rufen für die Kandidaten an? Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Jo Reichertz der Universität Duisburg-Essen versucht sich an einer Antwort.
Casting-Shows sind extrem erfolgreich, scheinbar lässt sich heute alles und jeder casten. Worin liegt das Interesse der Zuschauer?
Prof. Jo Reichertz: Der Zuschauer erlebt etwas mit, das sonst im Fernsehen selten gezeigt wird: einen echten Entscheidungskampf. Außerdem verlieren bei diesen Sendungen Menschen für einen kurzen Moment ihre Fassung. Sie zeigen echte Emotionen, besonders bei den Entscheidungen. Dabei schaut man gerne zu.
Warum nehmen die Kandidaten überhaupt an diesen Sendungen teil? Geht es ihnen um den Ruhm?
Reichertz: Natürlich hoffen die Teilnehmer darauf, erfolgreich zu sein. Ich schätze mal, dass die Live-Show-Kandidaten mindestens zwei Jahre lang ausgebucht sind. Für viele ist es aber auch einfach eine Erfahrung, die sie mal machen wollen.
Manchmal ist die Kritik der Jury sehr heftig, besonders von Juror Dieter Bohlen. Warum tun sich die Kandidaten so etwas an?
Reichertz: Viele der Teilnehmer erleben bei so einem Casting zum ersten Mal in ihrem Leben echte Kritik. Das ist in einer Zeit, in der immer alle klasse sind, viel wert. Diese Formate sagen den Menschen zum ersten Mal, was sie können. Und was sie eben nicht können.
Bei Castingsendungen werden die Gewinner durch Telefonanrufe der Zuschauer ermittelt, die Geld kosten. Wieso rufen Leute überhaupt für Kandidaten an?
Reichertz: Dafür gibt es wohl zwei Gründe: Zum einen können die Zuschauer die Entscheidung beeinflussen. Das gibt ihnen ein Machtgefühl, fast wie dem Kaiser bei den Gladiatoren. Das ist aber eher selten der Fall. Zum anderen können sich viele mit den Teilnehmern identifizieren und erleben den Erfolg des anderen mit. Das ist wie beim Sport, man fühlt sich als Teil der Mannschaft und unterstützt diese gerne.
David Pfeffer gewinnt X-Factor-Finale