Essen. Wer dachte, die neue Casting-Show „The Voice of Germany“ hätte bereits bei der Premiere alle Talente abgefeiert, irrte gewaltig. Gleich zu Beginn der zweiten Folge eroberte der Duisburger Benny Martell die Jury im Sturm – mit einer Gänsehaut-Performance.
Die neue, erfrischend andere Castingshow „The Voice of Germany“ hat in Folge zwei – diesmal beim ProSiebens Schwestersender Sat.1 – kein bisschen an Schwung eingebüßt. Bereits nach wenigen Minuten überzeugte der Duisburger Teenie-Schwarm Benny Martell (31) mit einer einfühlsamen Gänsehaut-Performance von Andreas Bouranis „Nur in meinem Kopf“. Das Urteil von Juror und Soul-Sänger Xavier Naidoo war eindeutig: „Der Hammer! That’s the fucking voice of Germany!“ Benny Martell, Gesangslehrer, Songwriter und Viertplatzierter der zweiten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) war erleichtert. Hatte er doch vor seinem Auftritt noch bedeutungsschwanger von seiner „letzten Chance“ gesprochen.
Der Duisburger inszenierte sich selbstbewusst und sympathisch; als gut erzogener Junge aus musikalischem Elternhaus, der in der Schule Klavier und Trompete lernte - und „The Voice of Germany“ gewinnen möchte. Bei Strandpartys auf Mallorca habe er mit Gesang und Gitarre so überzeugt, dass die Zuschauer „kamen wie die Käfer“, sagt er und grinst souverän in die Kameras.
Benny entscheidet sich für Xavier Naidoo als Coach
Neben Naidoo waren besonders „The Boss Hoss“ vom Auftritt Martells beeindruckt. Sie wollten ihn gemäß der Show-Regeln als Kandidaten für ihr Team gewinnen. Zur Erinnerung: Bei den sogenannten „Blind Auditions“ sitzt die Jury mit dem Rücken zum Kandidaten. Gefällt die Stimme, drücken die Juroren einen Buzzer und sie drehen sich auf ihren Stühlen in Richtung Bühne. Je mehr Juroren begeistert sind, umso mehr Mentoren-Auswahl hat der Kandidat. Martell entschied sich für Xavier Naidoo und erteilte den Country-Sängern von „The Boss Hoss“ eine Absage – obwohl die ihn noch versucht hatten, mit einem Cowboy-Hut zu bestechen.
An männlicher Konkurrenz für Benny Martell mangelt es nicht. Der „X-Factor“-erfahrene Max Giesinger (23) aus Karlsruhe freut sich auf Leserbriefe von „heißen Mamas“ und rockte mit „Sex on Fire“ (Kings of Leon) die Bühne. Das Publikum tobte. Alle Jurymitglieder wollten ihn in ihrem Team. Mädchenherzen schneller schlagen lassen dürfte Heiko Schmidt, der sich mit Tim Bendzkos „Nur noch kurz die Welt retten“ eine Runde weiter katapultierte. Bei den Frauen überzeugte vor allem Musical-Sängerin Patricia Meeden mit dem Beyoncé-Song „Halo“. Nicht nur Rea Garvey war davon „geflasht“.
Kein Schicksalsbonus
Jung wie Alt gleichermaßen begeisterte ein ausgeflippter, sechsfacher Vater mit Zahnlücke und texanischen Wurzeln: Butch Williams (53). Seine Interpretation von Gnarls Barkleys „Crazy“ rechtfertigte seine selbtbewusste Ansage: „Ich bin einfach geil.“
„The Voice of Germany“ erspart den Zuschauern viele, lästige Castingshow-Klischees. Eine Kandidatin mit Lähmungserscheinungen, die gut singt, hätte bei DSDS und Supertalent einen Schicksalsbonus. Bei „The Voice of Germany“ ist Lelia in Folge zwei ausgeschieden. Weil sie nur gut, aber nicht sehr gut singt. Oder: Weil die „Sonne bei dir nicht scheint“, wie es Nena Kandidatin Lelia trocken erklärte.
Mit dem notwendigen dramaturgischem Geschick zelebriert die Show Gesangstalente in einer Konsequenz, die einfach nur wohltuend ist. „The Voice of Germany“ steht für zwei Stunden gute TV-Unterhaltung mit einer charmant aufgelegten Jury, die sich – und das ist das Salz in der Suppe - gegenseitig aufstichelt.
RTL wird’s wahrscheinlich immer noch nicht glauben können: Selbst ohne Sprüche unterhalb der Gürtellinie, ohne Bloßstellungen von Kandidaten, ist es möglich, mit Castingshows Quote zu machen. Das Publikum scheint den Machern einen Schritt voraus.