Essen. Tolle Stimmen, heiße Emotionen, aber kein Fremdschämen: Die Premiere von „The Voice of Germany“ am Donnerstag auf ProSieben ist gelungen. Das gesangliche Niveau der Talente lag so hoch wie selten in einer Castingshow. Dazu rockt die „The Voice“-Jury um Nena, Rea Garvey, Xavier Naidoo und The BossHoss.
Braucht Deutschland wirklich noch eine weitere Castingshow? Nach der Premiere von "The Voice of Germany“ am Donnerstag bei ProSieben muss diese Frage eindeutig mit „Ja“ beantwortet werden. Endlich werden auf der Suche nach Talenten mit Star-Potenzial nicht erst einmal bedauernswerte Gestalten vor einem Millionenpublikum lächerlich gemacht und von Lautsprechern sowie Möchtegern-Experten in der Jury vorgeführt. „The Voice of Germany“ startet im Fernsehen an einem Punkt, wo die talentfreien Kandidaten bereits aussortiert sind.
Die Stimme ist alles, was zählt bei „The Voice of Germany“
Das Format geht allerdings noch einen Schritt weiter und fokussiert in den ersten Shows alles auf die Stimme der 150 besten Bewerber. In den „Blind Auditions“ sitzt die Jury mit dem Rücken zur Bühne – Alter, Charakter und das Aussehen bleiben verborgen. So müssen die Coaches die Kandidaten bei „The Voice of Germany“ allein nach dem Gesang urteilen.
Mit Nena, Xavier Naidoo, Rea Garvey und The BossHoss besteht die Jury aus einer geballten Ladung anerkannter Musik-Kompetenz (in den USA gehört Christina Aguilera zu den Coaches). Zum Auftakt der Show covern die deutschen Stars die Kultnummer „Heroes“ von David Bowie.
Promi-Coaches werben um die Voice-Talente für ihr Team
Als erster auf der „The Voice“-Bühne steht Dominik Sanz. Der 20-Jährige singt „Use Somebody“ von den „Kings of Leon“ . Die Jury-Mitglieder lauschen nur der Stimme. Erst wenn sie ihren Buzzer drücken, dreht sich ihr Stuhl zur Bühne. Damit signalisieren die Coaches, dass sie Dominik gerne in ihrem Team hätten. In den sechs Blind Auditions sammeln die Stars jeweils 16 Talente aus, die sie mit einem professionellen Coaching auf Phase 2 von „The Voice of Germany“ vorbereiten – die vier Battles. Dort treten mehrere Talente gegeneinander an, bis die Kandidaten für die sieben Liveshows feststehen.
Bei Domink Sanz sind es Rea Garvey und Xavier Naidoo, die den Buzzer drücken und nun um die Gunst des Talents werben. Das Konzept von „The Voice of Germany“ hat hier einen weiteren Spannungsbogen eingebaut. Drücken mehrere Coaches ihren Buzzer, müssen sie um das Talent werben und kämpfen. Denn der Kandidat entscheidet, in welches Team er will. Den Kampf um Dominik gewinnt Xavier Naidoo.
Marienhof-Star Sebastian Deyle scheitert
Die Kandidatin Nina Kutschera (30) aus Offenbach hätte bei Casting-Formaten wie "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) oder Popstars keine Chance und müsste sich wegen ihres Gewichtes vielleicht noch üble Beleidigungen anhören. „Ich finde es toll, dass ich hier nach dem, was ich kann, bewertet werde und nicht wie ich aussehe“, sagt sie vor ihrem Auftritt mit „Fire in the Rain“ von Adele. Prompt reißt Nina Kutschera mit ihrer kräftigen Stimme The BossHoss („Du hast Feuer in der Stimme“), Nena und Rea Garvey von den Sitzen.
Dass es tatsächlich erst einmal nur um den Gesang geht, bekommen die Zuschauer in Form von missglückten Auftritten vorgeführt. So scheitert Marienhof-Star Sebastian Deyle mit einem Song von Udo Jürgens ebenso wie die hübsche Blondine Sarah Keller aus Frankfurt am Main, die mit „Torn“ von Natalie Imbruglia akustisch zu blass blieb. „Du bist eindeutig ein Opfer dieser Show“, urteilt Rea Garvey als er Sarah nach dem Auftritt zu Gesicht bekommt.
Gänsehaut-Simmons ist Mitfavorit bei „The Voice of Germany“
Unter den 150 Talenten bei "The Voice of Germany" sind zahlreiche Sängerinnen und Sänger, die mit der Musik ihren Unterhalt verdienen, aber den großen Durchbruch noch nicht geschafft. Charles Simmons etwa ist 40 Jahre alt und unterrichtet als Vocal-Coach an der Popakademie in Mannheim. Bei dem Song „Love’s Divine“ von Seal braucht er nur wenige Worte, um mit seiner Stimme dem Publikum eine Gänsehaut zu verpassen. Damit katapultiert sich Charles Simmons in das Team von Rea Garvey und bereits in den engen Favoritenkreis auf den Titel „The Voice of Germany“.
Bei Pamela Falcon aus Düsseldorf, die seit fast zwölf Jahren Woche für Woche mittwochabends im Bochumer "Riff" auf der Bühne steht, versetzt die Regie die Fernsehzuschauer in die Situation der Coaches und zeigt das Gesicht der Sängerin erst sehr spät. Diese hat eine fantastische Stimme, ist aber auch schon 53 Jahre alt. Trotzdem drücken die begeisterten Coaches The BossHoss, Nena und Rea Garvey ihre Buzzer. Wieder macht der Ex-Reamonn-Sänger das Rennen.
Nena rockt auf ihrem roten „The Voice“-Stuhl
Die Coaches liefern sich beim Werben um die Talente mehrfach amüsante verbale Schlachten. Bereits während der Performance heizt Rea Garvey das Publikum an, Nena rockt auf ihrem Platz und Alec Völkel von The BossHoss fällt noch während des Auftritts von Pamela Falcon auf die Knie. Die emotionalen und glaubwürdigen Reaktionen der Jury auf die Stimmen lassen den Funken nicht nur auf das Studiopublikum sondern auch auf den Fernsehzuschauer überspringen.
„The Voice of…“ gilt nach Angaben von ProSieben und Sat.1 als das zurzeit begehrteste Format der Welt. Die Show wurde bereits in 30 Länder verkauft und erzielte Einschaltquoten von über 50 Prozent. Dass es sich um die „größte Musikshow aller Zeiten“ handelt, ist allerdings doch arg übertrieben. Trotzdem wundert es nicht, dass RTL am Donnerstagabend ausgerechnet zum Start von „The Voice of Germany“ eine Supertalent-Zusatzshow ansetzt…
Dass „The Voice of Germany“ die Quoten von DSDS und Popstars erreicht, ist unwahrscheinlich, da schlicht der Voyeur-Faktor mit peinlichen Kandidaten fehlt. Trotzdem dürfte sich die Show ein festes Stammpublikum erarbeiten – wie vor einiger Zeit auch Stefan Raab mit seiner Castingshow-Suche für den Eurovision Song Contest, der ebenfalls hauptsächlich auf Gesangsqualitäten setzte.
Duisburger Benny Martell tritt bei „The Voice of Germany“ an
Bereits am Freitag, 25. November, geht es auf Sat.1 mit der zweiten Blind Audition von „The Voice of Germany“ weiter. Dann versucht unter anderem Ex-DSDS-Teilnehmer Benny Martell aus Duisburg sein Glück bei den prominenten Coaches.