Duisburg. .
Im Jahr 2002 starb Marlies Woywods Ehemann einen plötzlichen Herztod. Der Notfallseelsorger Richard Bannert begleitete sie und ihre Kinder nach dem tragischen Verlust. Jetzt macht es der Duisburgerin wieder "Spaß zu leben".
„Solange der Kopf auf den Schultern bleibt, kann man alles bewältigen.“ Mit dieser Einstellung ging Marlies Woywod durchs Leben. Bis sie am 16. Februar 2002 eines Besseren belehrt wurde. Am Tag, als ihr Mann starb.
Der 16. Februar ist aber auch der Tag, an dem sie Notfallseelsorger Richard Bannert kennenlernte. „Mit ruhiger Stimme sagte er: Lassen Sie alles auf sich zukommen, und damit nahm er mir ein Stück Verantwortung“, beschreibt die heute 54-Jährige die erste Begegnung, die für sie etwas Engelhaftes hatte.
An diesem Morgen hatte sie mit ihrem Mann Karl-Heinz noch gealbert, mit einem Lachen hatten sie sich verabschiedet. Er war stellvertretender Löschgruppenführer bei der Freiwilligen Feuerwehr in Walsum-Vierlinden. Es war Samstag, mit seinen 13 Kameraden hatte er sich zur technischen Hilfeleistung in der Walsumer Rheinaue verabredet. Kopfweiden sollten geschnitten werden. Dort erlag der 48-Jährige während der Arbeit dem plötzlichen Herztod. Einfach so kippte er um und keiner der ausgebildeten Ersthelfer um ihn herum konnte ihm helfen.
Ihr Mann war topfit
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Marlies Woywod konnte die Nachricht kaum fassen und rotierte bei dem Gedanken, wie sie den damals 21 und 20 Jahre alten Söhnen, der 18-jährigen Tochter beizubringen wäre. Ihr Mann, im Hauptberuf Gerätefachmeister bei Kluge, war topfit, hatte gerade erst den Tauglichkeitstest für das Atemschutzgerät bestanden. Sport hat er nicht betrieben, „er hatte ja die Feuerwehr, das war genug Sport für ihn“, erzählt Woywod.
Die Kriminalpolizei beschlagnahmte die Leiche ihres Mannes, drei Tage dauerte die Obduktion, drei Tage, in denen Marlies Woywod und die Kinder nicht mit eigenen Augen sehen konnten, dass es den Mann, den Vater nicht mehr gibt. 28 Jahre kannten sie sich, 23 Jahre waren sie verheiratet, jetzt war sie plötzlich auf sich gestellt.
Notfallseelsorger Bannert hatte viel zu tun in den ersten Tagen und Wochen. Neben der Familie, in der jeder einen anderen Weg suchte, mit der Nachricht fertig zu werden, waren auch die Feuerwehrkameraden tief betroffen, hatten Hilflosigkeit und Ohnmacht erlebt, brauchten Trost und Zuspruch.
"Nichts blieb, wie es war"
Durch den Tod geriet die ganze Familie ins Trudeln. Das Haus musste verkauft werden, die Kinder zogen in eigene Wohnungen, wurden schlagartig erwachsen, kämpften mit Arbeitslosigkeit. Marlies Woywod, zuvor Hausfrau und Mutter, brauchte ebenfalls einen Job, der die Witwenrente aufbesserte. „Nichts blieb, wie es war“, erzählt sie. Konstant war nur das Hilfeangebot von Bannert, der immer wieder einsprang, nicht nur bei seelischen Nöten half, sondern auch mal ganz praktisch den Papierkram bewältigte. Für Marlies Woywod ist völlig klar, dass Notfallseelsorge nicht nur als Ehrenamt betrieben werden sollte. Denn für sie erwies sie sich als rettendes Boot, an das sich auch die Kinder klammerten, bis sie wieder Boden unter den Füßen hatten.
Heute hat sich die wortmächtige Frau mit ihrem Schicksal arrangiert. „Es macht jetzt wieder Spaß, zu leben.“
Sie schreibt Gedichte und Geschichten, ein Roman über die Feuerwehr ist in Arbeit, sie mischt bei einem Fanclub von Schalke 04 mit, und freut sich über die Freundschaft zu ihren Kindern. Ganz verschwunden ist ihr Heinz nicht aus ihrem Leben. Immer, wenn die Feuerwehr vorbei fährt, wenn ein Martinshorn sein durchdringendes Signal hören lässt, „dann ist das wie ein kleiner Gruß von meinem Mann, und das gibt mir ein warmes Gefühl.“