Duisburg. .
In dieser WAZ-Serie werden Menschen vorgestellt, die in der MSV-Arena arbeiten und dafür sorgen, dass an Spieltagen auch abseits des Rasens alles rund läuft. Heute im Blickpunkt: Martin Haltermann, Pressesprecher des MSV Duisburg.
Zwischen der Umkleidekabine der Zebra-Kicker und dem Spielertunnel, der auf den Rassenplatz der MSV-Arena führt, liegen 25 Meter. Wer diesen kurzen Weg an einem Zweitliga-Spieltag mit Martin Haltermann geht, muss genügend Zeit einplanen. Es vergeht kein Schritt, den der 43-Jährige unbehelligt gehen kann. Als Pressesprecher des MSV ist er vor und nach den 90 Fußball-Minuten für alle Medienkollegen ein gefragter Mann.
Kaum hat man Haltermann zur Begrüßung die Hand geschüttelt, kommt schon der erste Hilfesuchende. „Hast du die taktische Aufstellung von euch?“, fragt ein Mitarbeiter des Pay-TV-Senders „Sky“, der eine Grafik erstellen soll, die später den Fernsehzuschauern gezeigt wird. Haltermann zückt einen Zettel aus der Hosentasche. Darauf sind mit Kugelschreiber die Namen der elf Auserwählten von Trainer Milan Sasic gekritzelt, plus Positionen, die sie einnehmen. „Danke!“, sagt der Fernsehmann und eilt weiter zu seinem Übertragungs-Wagen.
Kaum ist er weg, kommt eine Tontechnikerin. „Die Musikanlage ist zu laut aufgedreht. Wir können im Innenraum keine Interviews führen.“ Haltermann zückt sein Handy, alarmiert den zuständigen Mitarbeiter. 30 Sekunden später ist die Lautstärke heruntergepegelt. Die Tontechnikerin dankt mit erhobenem Daumen und lächelt.
Von Kabelträgern und Sahara-Sand im Stadion
Es vergehen nur Sekunden, da kommt die nächste TV-Frau. „Wir haben das Trainer-Interview auf 12.38 Uhr vorziehen müssen. Er muss jetzt früher verkabelt werden.“ Haltermann nickt, geht auf den Platz, wo Sasic gerade das Aufwärmen seiner Schützlinge beobachtet und verständigt den Coach über den geänderten Ablauf. Dann gilt es, letzte Details mit den U-15-Talenten zu klären, die kurz vor Spielbeginn ein großes Banner gegen Rassismus in den Mittelkreis tragen und von dort aus den Tribünenbesuchern zeigen sollen. Hat geklappt. Haltermann bleibt in dieser Phase kaum Zeit zum Durchatmen.
Dabei begann dieser Spieltag für den Familienvater, der mit Frau Simone und den Söhnen Leo und Paul in Krefeld lebt, recht gemächlich. „Wie an jedem Morgen blättere ich zunächst alle Zeitungen durch und schaue im Internet nach Veröffentlichungen über uns, um den internen Pressespiegel zu erstellen“, so Haltermann.
Dreieinhalb Stunden vor dem Anpfiff ist er dann in der Arena. Er checkt, ob der Presseraum ordentlich hergerichtet ist. Viele der bis zu 200 Medienvertreter (Kabelträger aller Fernsehsender inklusive), die über ein MSV-Heimspiel berichten, müssen hier Platz finden. Sowohl vor dem Spiel. Als auch hinterher, wenn die Pressekonferenz mit den Trainern ansteht, die von Haltermann moderiert wird.
Große Emotionen beim DFB-Pokal-Halbfinale
„Natürlich bin ich enttäuscht und geknickt, wenn wir nicht gut spielen und verlieren“, gibt MSV-Pressesprecher Martin Haltermann zu. „Aber es wäre unprofessionell, das offen nach außen zu tragen.“ Er sei immer mit ganzem Herzen für den MSV dabei. „Aber es ist in meiner Funktion nun einmal anders, als wenn ich selbst als Fan in der Kurve stehen würde.“ Bei positiven Erlebnissen sei das etwas Anderes: „Natürlich darf ich auch jubeln. Die beiden emotionalsten Momente, die ich je beim Fußball erlebt habe, waren zwei DFB-Pokal-Halbfinals. Im Vorjahr, als wir mit dem MSV 2:1 gegen Cottbus gewonnen haben. Und 2007, als der 1. FC Nürnberg durch ein 4:0 gegen Frankfurt ins Finale eingezogen ist.“ Mit einigen ehemaligen Weggefährten wie den FCN-Trainern Hans Meyer, Michael Oenning oder Klaus Augenthaler unterhält Haltermann noch Kontakt. Auch frühere Club- oder MSV-Spieler trifft er im heutigen Zweitliga-Alltag regelmäßig wieder. „Und dann ist es immer schön, sich wiederzusehen.“
Sein Kontrollgang führt den Brillenträger weiter nach oben auf die Pressetribüne. Wonach schaut er dort? „Einmal hatte dort ein Sahara-Wind am Abend vor dem Spiel seine sandige Spur hinterlassen. Da mussten wir schnell ein Putzkommando losschicken“, erinnert sich Haltermann an einen kuriosen Zwischenfall.
„Ich muss da sein, wenn es Krisen gibt“
Seit Sommer 2010 hat er das Amt des Pressesprechers inne. In den neun Jahren zuvor hatte Haltermann denselben Job beim 1. FC Nürnberg ausgeübt. Und wie unterscheiden sich diese Vereine? „Die Abläufe für mich sind fast identisch. Der Unterschied ist, dass beim Club am Sonntagmorgen rund 25 Journalisten kommen, nur um über das Auslaufen zu berichten. Hier in Duisburg ist zum gleichen Anlass manchmal keiner da.“ Das begründet Haltermann mit der Ausnahmestellung, die sein Ex-Verein in Nürnberg und im Großraum Franken einnimmt. Der MSV müsse im mit Konkurrenten vollgestopften Ruhrgebiet ganz anders um mediale Aufmerksamkeit buhlen.
Während der 90 Minuten sitzt Haltermann bei den Fernsehleuten am Spielfeldrand. Dort kann er umstrittene Schiri-Entscheidungen wie Abseitstore, Elfmeter oder Platzverweise sofort am Bildschirm überprüfen – und seine Spieler nach Schlusspfiff sofort richtig informieren. „Die sollen in TV-Interviews nicht schimpfen, wenn es faktisch keinen Grund dafür gibt.“ Auch in der Woche nimmt sich Haltermann gerade für jüngere Akteure Zeit, um sie im Interview-Training auf mögliche Gesprächs-Situationen mit Journalisten vorzubereiten.
„Das Wichtigste an meinem Job ist aber Folgendes: Ich muss da sein, wenn es Krisen gibt, wenn es für den Verein nicht gut läuft.“ So wie etwa jetzt. Nach dem Absturz in den Tabellenkeller. Denn im Krisenfall würden handelnde Akteure oft die medial größten Fehler begehen. Und Haltermanns Aufgabe ist es auch, sie davor zu bewahren.
Genug geredet. Da steht schon der nächste TV-Mensch, der Hilfe braucht. . .