Duisburg. .

Seelenruhig schlendert Chris Schulze über den Rasen in der MSV-Arena. Eine halbe Stunde vor Anstoß sind die Ränge bereits gut gefüllt, die Fans sorgen für eine ordentliche Geräuschkulisse.

Eigentlich hätte Schulze Grund genug, vor Nervosität zu platzen. Als Stadionsprecher des MSV Duisburg spricht er gleich vor Tausenden ins Mikro, sein Gesicht wird in Großaufnahme auf den Stadionleinwänden erscheinen. Doch Schulze bleibt ruhig. Für ihn gibt es heute nur einen Grund, angespannt zu sein: „Gleich spielt mein MSV. Da bin ich schon immer aufgeregt“, verrät er.

Denn für Chris Schulze ist die MSV-Arena nicht nur sein Arbeitsplatz. Der 30-Jährige ist Zebra-Fan mit Leib und Seele, seit sein Vater ihn zum ersten Mal mit zu einem Spiel nahm. Daran erinnert sich Schulze, als wäre es gestern gewesen: „Das war der 12. Oktober 1990. Das weiß ich noch genau.“ Damals gewann der MSV 2:0 gegen Mainz, beide Tore schoss Michael Tönnies. Nach dem Spiel gab er Schulze ein Autogramm auf eine Stadionzeitung. „Die hängt noch heute an meiner Wand“, erzählt Schulze. „Man kann schon sagen, dass Tönnies mitschuldig daran ist, dass ich zum MSV kam.“

Danach ging alles sehr schnell. Schulze trat einem Willicher Fanclub bei, kaufte sich in der Saison 1994/95 seine erste Dauerkarte. Von seinem Stehplatz aus verfolgte er jedes Heimspiel, bis Stadionsprecher Bülent Aksen vor knapp zehn Jahren aufhörte. Der Verein rief die Fans auf, sich als Nachfolger zu bewerben – eine Aktion, die sein Leben verändern sollte. Bei einem Testspiel sagte Schulze die Gästeaufstellung durch. „Ich dachte eigentlich, ich klinge komisch. Aber es kam gut an.“ So gut, dass Schulze den Job bekam.

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Nun reicht es nicht mehr, erst kurz vor Spielbeginn ins Stadion zu kommen. Dreieinhalb Stunden vor Anpfiff beginnt sein Arbeitstag. Schon im Laufe der Woche hat Schulze einen Regieplan bekommen, in der morgendlichen Besprechung geht es nur noch um Feinheiten im Ablauf. Alles ist sekundengenau geregelt, doch das klappt nicht immer: „Wenn ich mal etwas überziehe, dann fällt halt die Aufstellung der Gäste etwas kürzer aus“, sagt Schulze mit einem Schmunzeln.

Während sich die Arena langsam füllt, führt der 30-Jährige Interviews auf den Rängen und lässt Fans Tipps abgeben. Er begrüßt die Rollstuhlfahrer und schüttelt den Schiedsrichtern die Hand. „Das ist so ein Ritual. Wenn sie mir einen Handschlag geben, habe ich ein gutes Gefühl.“

Kurz vor Spielbeginn folgt der Höhepunkt seiner Arbeit: Gemeinsam mit den Fans sagt er die Aufstellung der Zebras durch. Chris Schulze ist nun allein auf dem Rasen. An der Mittellinie läuft er los, kommt langsam auf die Stehplätze zu. „Gebt mir ein M, S, V“, ruft er den Fans zu – die Stimmung kocht.

Als die Partie beginnt, hat er gerade Platz genommen. Von seinem Sitzplatz auf der Schauinsland-Reisen-Tribüne aus verfolgt Chris Schulze das Spiel. Er singt und fiebert mit seinem Verein, drückt bei Freistößen und Ecken das Zebra auf seinem Trikot. „Das bringt Glück“, verrät der Stadionsprecher. Kurz vor dem Halbzeitpfiff eilt er wieder runter auf den Rasen. Zusammen mit seinem Kollegen Stefan Leiwen moderiert er das Gewinnspiel.

Auf seinem Weg durch die Ränge grüßen ihn zahlreiche Fans. „Komm, schieß mal ein Tor für uns“, sagt eine Frau im Vorbeigehen. Schulze lacht und verspricht, sein Bestes zu geben. Er ist bekannt wie ein bunter Hund unter den Fans, und trotzdem ist er einer von ihnen geblieben.