Duisburg. .

Im Rahmen der Sommer-Serie „Arbeitsplatz MSV-Arena“ schaute sich die WAZ bei einem Heimspiel in einem der insgesamt 20 Verkaufsbereiche hinter den Tribünen um.

Es gibt genau 15 Minuten, da herrscht am Arbeitsplatz von Jens Böschenbröker in der MSV-Arena der Ausnahmezustand. Und die beginnen bei jedem Heimspiel in der Sekunde, wenn der Schiedsrichter zur Halbzeit pfeift. Dann drängen sich die Duisburger Fußball-Fans auch vor jenem Kiosk unter der Gegentribüne, in dem der 31-jährige Teamleiter und seine acht Mitarbeiter stets dieselben zwei Wünsche erfüllen sollen. „Ein Bier und ‘ne Bratwurst, bitte!“

Freiwillige Extraschicht

In seinem Arbeitsalltag engagiert sich Jens Böschenbröker als Sachbearbeiter der Stadtverwaltung Krefeld im Bereich Controlling. Doch alle 14 Tage übernimmt er beim MSV eine freiwillige Extraschicht. Die riecht nicht nur nach Bratfett und ist im Verlauf der achtstündigen Anforderung ganz schön schweißtreibend. Nein, sie bereitet ihm vor allem einen Riesen-Spaß. „Hier bin ich unter Menschen, hier schalte ich vom täglichen Arbeitsstress ab“, erzählt der Mann, der einst im Hochfelder Bethesda-Krankenhaus geboren wurde, seinen Lebensmittelpunkt aber längst nach Krefeld verlagert hat.

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An Spieltagen ist Böschenbröker stets viereinhalb Stunden vor dem Anstoß im Stadion. Es gilt dann, die Anfangsbestände von Ess- und Trinkgut zu erfassen, das Wechselgeld zu besorgen und seinen Teammitgliedern eine Aufgabe im Kiosk zuzuteilen. Denn dort geht vor, während und nach dem Spiel jede Menge über die Theke. „Wir verkaufen hier bei uns bis zu 1000 Liter Bier, 700 Liter Softgetränke, 300 bis 400 Bratwürstchen sowie 100 Krakauer und Frikadellen. Und wir frittieren bis zu 90 Kilo Pommes“, zählt der frühere Keisliga-C-Kicker auf.

Bargeld statt Chip-Karte

Bei so einer großen Nachfrage „muss alles fluppen“. Das fängt beim pausenlosen Bierzapfen an, geht beim zügigen Servieren weiter und endet beim möglichst fehlerfreien Kassieren. Doch die Teams in den 20 Kioskbereichen der MSV-Arena – die aber nur bei ausverkauften Spielen alle geöffnet sind – sind meistens dieselben. So läuft die Arbeit vertrauensvoll Hand in Hand.

Die ersten Kunden des Tages sind übrigens gar keine Fans, sondern Stadion-Mitarbeiter – etwa das Sicherheitspersonal oder jene Kräfte, die das Stadion-TV produzieren. Auch sie wollen ein Kaffee oder eine Wurst, bevor’s auf dem Rasen rund geht. Bezahlt werden kann an den Kiosken ausschließlich mit Bargeld. In den Stadien anderer Profiklubs sind inzwischen aufladbare Chip-Karten die einzig gültige Währung. Der MSV setzt lieber auf echte Moneten. „Weil das beim Kassieren auch viel schneller geht“, nennt Böschenbröker einen ganz pragmatischen Grund.

Abendspiele heben den Bierkonsum

In der 2. Liga gibt es mittlerweile fünf verschiedene Anstoßzeiten. Das wirkt sich auch auf den Verzehr aus. „Bei Abendspielen am Freitag oder Montag setzen wir viel mehr Bier ab als an einem Samstag- oder Sonntagmittag“, so der Teamleiter, der als Fan dem MSV, aber auch 1860 München die Daumen drückt.

Dann ertönt irgendwann der Schlusspfiff. Eine halbe Stunde danach wird am Kiosk die letzte Bestellchance ausgerufen. Böschenbröker zählt das Geld, erfasst Bestand, Abverkauf und Einnahmen.

Ärgert er sich am Ende des Arbeitstages eigentlich, dass er das Spiel nicht sehen konnte? „Och“, sagt der Teamleiter, „es gibt Phasen, wenn die Partie läuft, da ist bei uns gar nichts los. Da kann ich auch mal für zehn Minuten vom Tribüneneingang etwas aufs Spielfeld lünkern.“ Doch die nächste Bier- und Bratwurstbestellung kommt ganz bestimmt. . .