Duisburg. . „Eine Busfahrt, die ist lustig, eine Busfahrt, die ist schön“ erklingt es einladend im „Busfahrerlied“. Auf zum Praxistest. Welche Linie wäre geeigneter als die 905, die längste Buslinie im Stadtgebiet: 24 Kilometer von Beeckerwerth bis Walsum.

„Eine Busfahrt, die ist lustig, eine Busfahrt, die ist schön“ erklingt es einladend im „Busfahrerlied“. Auf zum Praxistest. Welche Linie wäre geeigneter als die 905, die längste Buslinie im Stadtgebiet: 24 Kilometer von Beeckerwerth bis Walsum.

Morgens, elf Uhr an der Godesberger Straße: Gähnende Leere. Vladimir Jose in seiner blauen Busfahreruniform hat den Elf-Tonner mit der leuchtenden Anzeige „905 Duisburg-Walsum Krankenhaus“ ganz für sich allein. „Das ist am Anfang immer so“ erklärt er kurz und setzt den Bus mit einer Drehung des großen Lenkrades in Bewegung.

Aber die Ruhe währt nicht lange. Am Schwalbenplatz steht bereits eine Traube von Menschen, den Blick wartend gen Bus gerichtet. Die meisten von ihnen haben ein kurzes „Guten Tag“ für den Busfahrer übrig, ehe sie sich auf die bunt gemusterten Polster des 36-Sitzers fallen lassen.


Die Stamm-Fahrgäste kennen sich untereinander

Plötzlich zornige Worte im allgemeinen Einstiegsgemurmel: „Das kann doch wirklich nicht sein“, ärgert sich Ilona Labs, während sie den rechten Vierer ansteuert. „Ich fahre fast jeden Tag mit dieser Linie nach Alt Hamborn oder Marxloh - aber man kriegt sie nie als Anschluss an die 907!“, sprudelt es aus Mittfünfzigerin heraus. Letztere habe „immer Verspätung“, pflichten ihr Lebensgefährte Uwe Strugala und Mitfahrerin Marga Burg bei: „Die 905 ist immer weg, wir gucken am Schwalbenplatz ihren Rücklichtern hinterher!“ Und das bedeutet 30 Minuten warten, bei Wind und Wetter, Sonne und Schnee. Ärgerlich: „Jetzt sind wir schon eine Dreiviertelstunde unterwegs und noch nicht voran gekommen. Und die Fahrkarten sind ja auch nicht billig.“

Doch der Ärger ist verflogen, sobald das Hinterteil die weichen Polstersitze spürt und das Auge Zeit zum Umherschweifen findet: „Ach, hallo“, ruft Ilona Laps lächelnd einer Mitfahrerin quer gegenüber zu. „Na, wieder gesund?“ Die Stamm-Fahrgäste der 905, sie kennen sich untereinander. Und Ilona Laps könnte den Bus schon fast als ihr zweites Zuhause bezeichnen. Fragte ein Busfahrer sie doch glatt einmal: „Habt ihr überhaupt ein Zuhause, so oft, wie ihr hier seid?“

60 Millionen Fahrgäste

Nach eigenen Angaben sind jährlich rund 60 Millionen Fahrgäste in 175 Bussen und 65 Bahnen der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVG) unterwegs. Das sind rund 164 000 Personen am Tag.
Das Schienennetz in Duisburg umfasst 57 Kilometer, auf dem die DVG drei Straßen- und eine Stadtbahnlinie betreibt. Das Busnetz mit 32 Linien hat eine Länge von 372 Kilometern. Insgesamt bedient die DVG 619 Bus- und 127 Bahnhaltestellen.
Alle Fahrplaninfos können im Internet heruntergeladen werden. Die Auskunft lässt sich auch auf das Smartphone oder Tablets laden.
Laut Serviceangebot „Immer nach Plan“ erstattet die DVG den Ticketpreis, wenn Fahrgäste mehr als zehn Minuten später ankommen als im Fahrplan angegeben. Die Verspätung muss innerhalb von drei Tagen gemeldet werden.

Während die Leute angeregt miteinander klönen, mit ihrem Handy telefonieren oder sich via Smart-Phone leise mit Musik berieseln lassen, setzt Busfahrer Jose seine Fahrt unbeirrt fort. Für ihn geht es heute bereits zum fünften Mal vorbei an Beek Denkmal, Altmarkt mit seinen Ständen und dem Hamborner Rathaus. Aber es ist für heute auch das vorletzte Mal, dass er an nahezu jeder der insgesamt 52 Haltestellen seiner Route einen kurzen Stop einlegt, um seinen Fahrgästen den Aus- und Zustieg zu ermöglichen. Denn nach der Rückfahrt zur Godesberger Straße endet für ihn um 13.30 Uhr die Frühschicht. Nach drei Linienrunden à 48 Kilometer wird der junge Mann rund 1000 Passanten von A nach B befördert haben.

"Jetzt kannst du drücken."

Während Ilona Laps den Bus an der Rhein-Ruhr-Halle mit dem Ziel Flohmarkt verlässt, beginnt die Fahrt für den vierjährigen Jan Kaiser am Jubiläumshain gerade erst. Zusammen mit seiner Mutter entscheidet er sich für den vordersten Platz direkt hinter Jose, den kleinen Zeigefinger bereits zielstrebig ausgestreckt zum Drücken des roten Halteknopfes neben ihm. Doch der Knirps wird sich noch etwas gedulden müssen bis zur Zielhaltestelle Walsum Friedhof, bis seine Mutter dann endlich die Erlaubnis erteilt: „Jetzt kannst du drücken.“

Durch dicht beparkte Straßen und enge Kurven, in denen Schilder und Bäume der großen Frontscheibe bedrohlich nahe rücken und der Verstand sich schon einen scheppernden Knall ausmalt - unnötigerweise, wie Jose mit einer gekonnten Drehung des Lenkrades beweist - geht die Fahrt derweil weiter über das Krankenhaus Nord (Halbzeit!) und den Eickelkamp. „Hier sitzen abends immer die Jugendlichen und trinken, weil die Haltestelle nicht mehr beleuchtet ist“, raunt ein Fahrgast kritisch herüber. Doch in der Mittagszeit ist davon keine Spur zu sehen.

Derweil zeigt sich, dass das Busfahrerlied in punkto Spaß nicht zu viel versprochen hat: „Werner, hast du gedrückt?“, ruft eine ältere Dame aus der Mitte des Busses ihrem Mann in der vordersten Reihe zu. „Nein, ich drück dich gleich!“, gibt der trocken zurück, worauf sie unter allgemeinem Schmunzeln etwas leiser antwortet: „Oh ja, das wär’ schön!“


Pünktliche Ankunft

Während die Gedanken an der Haltestelle Niederrhein-Therme weg von betagteren Paarbeziehungen, hin zu Solebad und Saunawärme schweifen, vergehen die letzten Fahrminuten wie im Flug. Noch einmal durchgeschüttelt wird der - nach Ausstieg des kleinen Jan bis auf den Fahrer inzwischen wieder menschenleere - 905’er, als er über den huckeligen Asphalt des Franz-Lenze-Platzes bis zum Endziel Walsum Krankenhaus rattert.

Die Pünktlichkeit erlaubt Fahrer Jose noch eine schnelle Zigarette an der frischen Luft, ehe er nach 70-minütiger Hinfahrt zur ebenso langen Rückfahrt ansetzt. Und - wer weiß - in Erwartung seines Feierabends schallt es dabei ja vielleicht auch ihm durch den Kopf: „Eine Busfahrt, die ist lustig, eine Busfahrt, die ist schön...“

Duisburgs längste Buslinien

Platz 10

Linie 910 - Obermeiderich bis Meiderich | 17,7 Kilometer

Platz 9

Linie 944 - Duissern bis Wedau | 17,4 Kilometer

Platz 8

Linie 941 - Krefeld-Uerdingen bis Großenbaum | 17,9 Kilometer

Platz 7

Linie 921 - Moers bis Duisburg Hauptbahnhof | 17,9 Kilometer

Platz 6

Linie 925 - Baerl bis Obermeiderich | 18 Kilometer

Platz 5

Linie 946 - Ehingen bis Huckingen | 18,5 Kilometer

Platz 4

Linie 935 - Oberhausen Sterkrade bis Oberhausen Stadtmitte | 19,5 Kilometer

Platz 3

Linie 924 - Kaldenhausen bis Neudorf | 20 Kilometer

Platz 2

Linie 923 - Kaldenhausen bis Wanheimerort | 23,5 Kilometer

Platz 1

Linie 905 - Walsum bis Beeckerwerth | 24 Kilometer

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