Duisburg. .
Der Zoo am Kaiserberg ist für einige Tiere schon seit Jahrzehnten ihr Zuhause. Die beiden Nashörner Hluti und Nongoma leben seit 1968 in Duisburg. Die ältesten Bewohner sind sie aber längst nicht.
Hluti sieht nicht wirklich gut. Was 20 Meter von ihm entfernt ist, kann er kaum noch erkennen. Das liegt nicht an seinem Alter. Nashörner sind nun mal keine Adler. Die Ohren funktionieren da wesentlich besser, und das Geräusch – das Surren einer Kamera – behagt dem Bullen gar nicht. Sofort setzt der graue Koloss seine Körpermasse in Bewegung. In so beeindruckendem Maße, dass unser Fotograf umgehend den Rückzug antritt. Schließlich können Nashörner Spitzengeschwindigkeiten von 45 Stundenkilometer erreichen. Hlutis Anlauf lässt keinen Zweifel daran aufkommen. Das ist höchst erstaunlich für sein Gewicht von zweieinhalb Tonnen und noch erstaunlicher angesichts seiner 45 Jahre auf dem gepanzerten Buckel. Das ist ungefähr das Alter, das Nashörner in freier Wildbahn erreichen können. Damit zählen Hluti und seine langjährige Partnerin Nongoma zu den ältesten Bewohnern der Kaiserberg Arche.
Peter Dieckmann, der seit 1973 die Nashörner im Zoo Duisburg pflegt, kommentiert Hlutis ungestümes Lospreschen lakonisch: „Das ist typische Nashornart. Erstmal rumrennen, dann gucken.“ Doch auch für ihn gibt es Zeiten, in denen er es vorzieht, zu seinen Schützlingen auf Distanz zu gehen: „Wenn die schlechte Laune haben, gibt’s Ehestreit. Da hält man sich auch bei Nashörnern besser raus.“ Auch muss Dieckmann tunlichst daraus achten, dass jeder der beiden Kolosse seinen Anteil an Streicheleinheiten abholen kann. Hält er sich zu lange bei Hluti auf, wird Nongoma schnell eifersüchtig. Dann kann sie schon mal etwas unwirsch werden. Wie damals, als sie Dieckmann aufs Horn nahm und an die Stalltür nagelte. „Das Ergebnis war ein großer, blauer Fleck, ein ziemlich großer. Aber sie war nicht wirklich wütend, das hätte ich nicht überlebt“, nimmt Dieckmann die aufdringliche Breitmauldame in Schutz.
Die ältesten Zoo-Tiere
Dabei hätte er beinahe die beiden Weißen Rhinozerosse gar nicht kennengelernt. Denn eigentlich waren die beiden Kolosse, die 1968 nach Duisburg kamen, nicht für den hiesigen Zoo bestimmt. Sie waren ein „Gelegenheitskauf“ wie sich der damalige Zoo-Direktor Dr. Wolfgang Gewalt in der Chronik zum 50. Geburtstag der Kaiserberg-Arche erinnert. „Ein Telefon-Anruf vom Kap der guten Hoffnung ließ eines frühen Morgens wissen, dass der vielzitierte schnellentschlossen Käufer zwei Weiße Rhinozerosse sozusagen zum Selbstkostenpreis haben könnte, da sie bereits an Bord der Usaramo und auf der Reede von Freetown, ihre Besteller aber Konkurs gegangen seien“, schreibt Gewalt. Der Zoo hatte aber weder den Platz noch die 35000 Mark für die Nashörner. Zupackend wie Gewalt nun mal war, reichte ein Anruf bei dem betuchten Zoo-Freund und Förderer Helmut Horten und Hluti und Nongoma wurden Duisburgs erste und einzige Nashörner – im Zoo. Die braven Arbeitspferde Sven und Astrid mussten ihren Stall räumen, und der Umbau ihrer Unterkunft zum Nashornkral legte auch den Grundstein für das etwa 12000 Quadratmeter große Afrikanum, dass sich die beiden Senioren heute mit Watussi-Rindern, Pinselohrschweinen und Zebras teilen.
Herzversagen mit 175 Jahren
Die ältesten Bewohner des Tierparks am Kaiserberg sind die beiden Behörnten aber nicht. Einer, der sie im Lebensalter bereits um fast 20 Jahre übertroffen hat, ist der australische Lungenfisch, den Uli Kluckner seit langem betreut. Der Herr des Aquariums kümmert sich um seinen „Tannenzapfen“, wie er den Fisch wegen seiner auffälligen Schuppung nennt, ganz besonders. Nicht nur, weil der schon so alt ist, sondern auch etwas Außergewöhnliches. Lungenfische werden als lebende Fossilien bezeichnet. Die bis heute erhaltenen Arten lebten bereits am Übergang zum Erdmittelalter vor etwa 250 Millionen Jahren. In Zoos sind sie heutzutage eine echte Rarität. Auch deshalb bekommt der Australier eine ausgesuchte Kost. Drei Mal die Woche gibt es Filetstreifen von Rotfedern oder von Rinderherzen. Schonkost für Fischsenioren! „Damit der nicht zu dick wird“, erklärt Kluckner, denn Lungenfische bewegen sich von Natur aus nicht allzu sehr, und wenn, dann langsam.
Das haben sie mit den beiden anderen Schützlingen gemein, um die sich Kluckner und die anderen Pfleger dieses Reviers kümmern: den zwei Riesenschildkröten Rüdiger und Nummer 3. Wie alt diese beiden sind, weiß niemand ganz genau. Verbrieft ist nur, das sie 1986 und 1997 in den Zoo kamen und vermutlich vor 1970 geboren sind. Dann wären sie über 40 Jahre alt und hätten noch nicht ihre Lebensmitte überschritten, denn Riesenschildkröten brechen gut und gerne mal die magische 100-Jahres-Grenze. Die Galapagos-Schildkröte Harriet etwa, starb 2006 im Zoo von Queensland (Australien) an Herzversagen – mit 175 Jahren.
Gemessen an diesem biblischen Alter sind Rüdiger und Nummer 3, die im Zoo Duisburg zu den ältesten Tieren zählen, eigentlich noch im Flegelalter. Vielleicht liegt es daran, dass Rüdiger bei einem Dreh zu der Fernsehserie „Ruhrpottschnauzen“ nicht der Versuchung widerstehen konnte, der Tonfrau des Senders mal schnell in den Allerwertesten zu beißen. Die Tonfrau hat es unbeschadet überstanden. Rüdiger auch.