Duisburg. . Neue Details zur Rolle der Polizei bei der Loveparade-Katastrophe: Laut Aussagen des Einsatzstabsleiters verlief ein Schichtwechsel auf der Rampe wohl fehlerhaft. Polizei und Staatsanwaltschaft in Duisburg halten sich bedeckt.
Zur Rolle der Polizei bei der Loveparade-Katastrophe sind neue Details bekannt geworden: „Der Spiegel“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, dass der Schichtwechsel der Polizei auf der Rampe um 15.30 Uhr fehlerhaft verlaufen sei.
Das Nachrichtenmagazin stützt sich auf die Aussagen von Jörg S. – der leitete am Tag der Loveparade den Einsatzstab der Polizei und war somit „zweiter Mann“ hinter Polizeiführer Kuno Simon, gegen den die Staatsanwaltschaft Duisburg als einen von insgesamt 16 Beschuldigten ermittelt.
Im 138 Seiten umfassenden Vernehmungsprotokoll äußerte S., der laut WAZ-Informationen nicht dem Polizeipräsidium Duisburg, sondern dem ständigen Stab des Düsseldorfer Präsidiums angehört, dass die Polizeieinheit auf der Rampe fälschlicherweise mit ihren fünf dort abgestellten Fahrzeugen abgerückt sei. Der Konvoi hätte zusätzlichen Druck auf die Massen erzeugt.
„Der Fahrzeugwechsel hätte nicht erfolgen dürfen“, wird Jörg S. zitiert. Dies sei beim Ortstermin mit Veranstalter und Feuerwehr im Juni 2010 ausdrücklich abgestimmt gewesen. Die Polizei-Mannschaften hätte zu Fuß ausgetauscht werden sollen. Wer den Befehl zum Abrücken der Fahrzeuge gab, sagt S. nicht.
Die nachrückende 15. Hundertschaft sei mit Dienstbeginn sofort mitten ins Gedränge und unter Druck geraten. Dem Hundertschaftsführer Thorsten M. seien auf der Rampe sofort Entscheidungen abverlangt worden, obwohl er sich zu diesem Zeitpunkt noch gar keinen Überblick über die Lage vor Ort verschafft hatte.
Polizeipräsidium und Staatsanwaltschaft wollen Bericht nicht kommentieren
S. stellte zudem klar, dass er nicht über die Polizeiketten informiert gewesen sei, die im Tunnel und auf der Rampe die nachströmenden Massen aufhalten sollten. Von deren Errichtung, Verlegung und Durchbrechung will er erst am nächsten Morgen erfahren haben. Dabei hätten wichtige Informationen wie diese eigentlich bei ihm als Stabschef zusammenlaufen müssen.
Das Duisburger Präsidium wollte diesen Bericht auf WAZ-Anfrage ebenso wenig kommentieren wie die Staatsanwaltschaft Duisburg.
Brisanten Stoff enthalten laut „Spiegel“ auch die Aussagen Carsten W. – der Crowd-Manager des Veranstalters, der im Container am Fuße der Rampe saß. Er erklärte in seiner Vernehmung, dass er mehrere Ordner vom Kopf der Rampe abziehen musste. Dort sollten diese als „Pusher“ dafür sorgen, dass die Besucherströme nicht im Eingangsbereich stehen bleiben, sondern weiter durch aufs Veranstaltungsgelände gehen.
Zwei Ordner seien abgestellt worden, um ein Fernsehteam des WDR zu begleiten. Sechs weitere für Oliver Pocher. Der Comedian hatte als Reporter für die Live-Übertragung des Spektakels auf der Internet-Homepage einer Tageszeitung fungiert. Die Ordner sollten ihm vor aufdringlichen Besuchern schützen. Sie fehlten dafür an der Rampe.