Duisburg. . Die Stadt Duisburg weigert sich, Auftrag und Kosten für ihr Loveparade-Gutachten preiszugeben. Honorare und “personenbezogene Daten“ sollen geheim bleiben. Angezettelt hat den Streit ein Schwerverbrecher, ein Skinhead in Sicherungsverwahrung.

Über die Hintergründe des Loveparade-Gutachtens gibt es seit Ende des vergangenen Jahres einen regen Schriftwechsel zwischen dem NRW-Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und der Stadt Duisburg. Im Rathaus weigert man sich, sowohl die Unterlagen über die Kosten als auch das Auftragsschreiben an die Anwaltskanzlei Kanzlei Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek offenzulegen.

Die Ablehnung begründet die Stadt unter anderem damit, dass die Unterlagen nach Willen der Kanzlei geheim gehalten werden sollen, weil sonst Mitbewerber einen Einblick in die Honorarstruktur bekommen könnten. Zudem enthalten die Dokumente „personenbezogene Daten“, im Hinblick auf die „Art und Weise des öffentlichen Diskurs“ würden sich die Belange der Betroffenen „als schutzwürdig darstellen“. Und wegen der „zahlreichen schützenswerten Informationen“ komme auch eine Schwärzung nicht in Betracht, schreibt die Stadt.

Der NRW-Landesbeauftragte lässt die Argumente nicht gelten. Die Prüfung sei abgeschlossen, es erscheine ihm nicht naheliegend, dass ein ähnlich gelagerter Auftrag nochmals vergeben wird.

Beauftragter drängelt, die Stadt mauert

Zudem sei die Offenlage des Preises einer einzigen erbrachten Leistung für die Wettbewerbsfähigkeit einer großen, international tätigen Kanzlei wohl kaum relevant. Dem öffentliche Interesse überwiege das der Geheimhaltung, heißt es aus dem Dienstgebäude in Düsseldorf, gerade bei in den Medien präsenten und im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Ereignissen.

Immer wieder drängelt der Landesbeauftragte, die Stadt aber mauert weiter.

Angezettelt hatte den Zwist um die Informationsfreiheit aber ein ganz anderer: Thomas Meyer-Falk, 41 Jahre alt, sein Wohnsitz ist seit 13 Jahren die Justizvollzugsanstalt Bruchsal bei Karlsruhe. Verurteilt wurde er wegen Bankraubs mit Geiselnahme zu knapp 17 Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung. Der Häftling, der sich selbst als linken Skinhead bezeichnet, zehn Jahre in Isolationshaft verbrachte, keine Reue zeigt und eine Therapie ablehnt, schreibt in einem Brief: „Ich nutze die Möglichkeiten der Informationsfreiheitsgesetze und bin der Ansicht, dies sollten mehrere Bürger tun“.

Schwerverbrecher verlangte Akteineinsicht zu Merkel-Barbecue mit Bush

Der Schwerverbrecher, der Medienberichten zufolge bereits die Haftanstalt mit Hunderten Klagen überzog, sorgte bereits in anderer Sache für Schlagzeilen. Er verlangte Akteneinsicht in die Kosten, die 2006 das Wildschwein-Essen von Angela Merkel mit Staatsgast George W. Bush gekostet hatte. Das 8,7 Mio teure Barbecue im vorpommerschen Trinwillershagen wird auch gerne als „teuerste Grillparty der Geschichte“ bezeichnet.

Jetzt hat der Häftling offenbar die Stadt Duisburg und die umstrittene Expertise der renommierten Kanzlei ins Visier genommen. Er vermutet ein „Gefälligkeitsgutachten“ und hatte die Stadt um Zugang zu den Unterlagen gebeten. Das 130 Seiten lange Gutachten selbst samt aller Anlagen lässt sich nach wie vor auf der Internetseite der Stadt herunterladen. Auch die angeblichen Kosten von 350.000 Euro machten längst die Runde. Fraglich bleibt, was in dem Auftragsschreiben der Stadt an die Kanzlei stehen könnte - ebenso, ob die Stadt es jemals offenlegen muss.

Auch im Fall der Grillparty der Kanzlerin hatte der Häftling den zuständigen Landesbeauftragten für Informationsfreiheit auf seiner Seite. Der Streit ging sogar bis vors Verwaltungsgericht in Schwerin. Die Entscheidung fiel vor etwas mehr als einem halben Jahr: Die Rechnungen durfte er zwar einsehen, sie waren aber bis auf die Endsummen weitgehend geschwärzt.