Rettungsassistent schreibt Buch über Loveparade-Katastrophe in Duisburg
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Duisburg. . Tobias Hajek hat die Duisburger Loveparade-Katastrophe als Sanitäter miterlebt. Um die traumatisierenden Erlebnisse zu verarbeiten, hat der 42-Jährige ein Buch geschrieben - das einzige, das bislang zu dieser Tragödie erschienen ist.
Tobias Hajek hat ein Buch geschrieben – das einzige, das bislang zur Duisburger Loveparade-Katastrophe veröffentlicht wurde. Der 42-Jährige, der in Baesweiler bei Aachen lebt, hat diesen Tag als Rettungssanitäter miterlebt. Er zählte zu den ersten Helferteams, die den Tunnel an der Karl-Lehr-Straße erreichten. Konfrontiert mit Tod, Chaos und Schwerstverletzten funktionierte der Profi-Retter über Stunden. Doch zurück im eigenen Zuhause merkte Hajek bald, dass er selbst traumatisiert war. Und das Schreiben wurde für ihn zum Bestandteil der Therapie, um das Erlebte zu verarbeiten. Hajek arbeitet bei einem Rettungsdienst in Düsseldorf. Schon bei den Loveparades in Essen und Dortmund hatte er sich freiwillig zum Dienst gemeldet. Und auch in Duisburg wollte er dabei sein.
24. Juli 2010. Hajek und sein Team halten sich in einem Bereitstellungsraum auf, als der erste Einsatzbefehl der Leitstelle kommt. „Eine Reanimation im Tunnel“, heißt es da noch. Klingt nach Routinejob. Doch der Notarztwagen fährt nicht los, weil Hajek als Ortsfremder darauf beharrt, dass ihm ein ortskundiger Lotse zugeteilt wird. Das ist Standard. In Duisburg aber nicht. „Erst nach mehrmaligem Protest und unserer Weigerung, dorthin zu fahren, haben wir einen Lotsen bekommen“, zählt Hajek ein Defizit auf.
Angst um die eigene Tochter
Gegen 16.40 Uhr erreicht sein Wagen als insgesamt zweiter den Tunnel. Hajek steigt aus. Ist völlig schockiert über das Bild, das sich ihm hier bot. Überall am Boden liegen Verletzte. Andere laufen weinend umher. Eine junge Polizistin stammelt unter Schock stehend: „Die sind da alle runtergefallen“ – und zeigt auf die schmale Treppe am Rande der Rampe. Zäune liegen verbogen auf der Straße. „Ich dachte, hier sei ein Attentat passiert.“ Hajek versucht sofort, die eigene Tochter (19) zu erreichen, die ebenfalls auf der Loveparade war. Er hat Glück, dass ein SMS-Kontakt zustande kommt. Kurz darauf werden alle Verbindungen für Stunden zusammenbrechen. Jetzt hat Hajek aber den Kopf frei. „Man funktioniert.“
Er versorgt einen Mann mit Oberschenkelfraktur. Legt venöse Zugänge. Ist überrascht, wie viele Besucher in Zivil mithelfen, um Leben zu retten. „Bei manchen war aber sofort zu sehen, dass nichts mehr zu machen war“, sagt Hajek. Belastend für ihn war, dass alle Opfer sehr junge Leute waren.
Schreckensbilder kehren zurück
Nach unzähligen Stunden ist Schluss für Hajek. „Man kann dann irgendwann nicht mehr.“ Er bittet den Notarztleiter, abgelöst werden zu dürfen. Es ist halb vier in der Nacht, als er daheim ist. Und als er glaubt, Ruhe zu finden, da kamen sofort die Schreckensbilder des Tages in ihm hoch. „Da war mir klar, dass ich erstmals in meinem Berufsleben traumatisiert war.“
Drei Wochen war er krank geschrieben. Und zur Traumabewältigung schrieb er sich die Gedanken und Emotionen von der Seele. Herausgekommen ist ein 44-seitiges Buch namens „Loveparade – Die Tragödie von Duisburg“, das in einem Selbstverlag veröffentlicht wurde und inzwischen in fünfter überarbeiteter Auflage erschienen ist
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