Duisburg.

Dirigent Giordano Bellincamp hat die beliebte Oper „La Boheme“ mit den Duisburger Philharmonikern auf Hochglanz poliert. Bei der Premiere von Robert Carsens Inszenierung wurde das Publikum mit viel Witz, Tempo und liebevollen Details überrascht.

Die Arie „Wie eiskalt ist dies Händchen“ ist eins der beliebtesten Tenor-Stücke aller Zeiten und die dazugehörige Oper „La Boheme“ einer der großen Renner auf den Spielplänen. Passend zur Adventszeit.

Denn die ersten beiden Akte spielen am Heiligen Abend, brachte die Deutsche Oper am Rhein jetzt Robert Carsens Inszenierung heraus. Am Premierenabend wurden alle Akteure mit einhelligem Jubel überschüttet.

Oper spielt im Künstlermilieu

Weil die „La Boheme“ im Künstlermillieu spielt, betonen auch die Bühnenbilder von Michael Levine den Kunstcharakter: Die Mansarde des ersten Aktes ist wie ein kleines Floß von Papierblättern umgeben, die an eine Eislandschaft erinnern. Ein Ofenrohr ragt wie ein Mast in den Bühnenhimmel. Im Finalakt ist das Zimmerfloß der durch das Leben treibenden Künstler in einem Meer welker Blumen gestrandet.

Das Café Momus ist hier kein Postkarten-Paris, sondern die Wohngemeinschaft, wird zur großen Künstlerkommune erweitert, in der geknutscht und gefummelt wird. Die Schänke im dritten Akt überragt wie ein gigantischer schwarzer Grabstein der Liebe die Wiederbegegnung der Paare. Die Bilder wirken ebenso einfach wie aussagekräftig, die perfekte Beleuchtung von Jean Kalman schafft genaue Atmosphäre.

Dirigent Giordano Bellincampi hat mit den Duisburger Philharmonikern, die Puccinis Partitur aus zahlreichen Repertoire-Vorstellungen kennen, an vielen Details gearbeitet, so dass die Musik wie auf Hochglanz poliert klingt. Bellincampis Begeisterung für die „Boheme“ überträgt sich auch auf das Orchester, man bekommt einen Puccini mit viel Tempo, Witz und Überraschungsmomenten zu hören.

Tenor muss wegen Krankheit ersetzt werden

Tenor Teodor Ilincai muss einen besonders stressigen Tag erlebt haben: Weil sich ­Michail Agafonov, der eigentlich den Rodolfo singen sollte, am Premierenmorgen krank meldete, nahm Inlincai eine dreistündige Zugfahrt aus Hamburg, wo er gerade „Traviata“ probte, auf sich. Zwei Stunden vor der Premiere kam er in Duisburg an, musste schnell die Inszenierung lernen und dann auf die Bühne.

Trotz der Strapazen dieses Tages und des Tempos der Regie ist Ilincai ein sicherer und entspannter Darsteller. Seine Stimme klingt schlank und farbenreich. Er gibt der Partie des Rodolfo sowohl die nötige Zartheit, als auch die kraftvollen Aufschwünge. Nach einem starken Liebesduett am Ende des ersten Akts steigert er sich weiter zu einer wahren Weltklasseleistung mit einer Stimme, die auch die größten Opernhäuser der Welt füllen kann.

Rollen sind treffend besetzt

Auch die anderen Rollen sind treffend besetzt: Grazia Doroncio gelingt in der Rolle der Mimi eine schöne Kombination von darstellerischer und sängerischer Anmut. Ihr Sopran verfügt über dunkle Klangfarben, kann aber auch hell strahlen. Einen kernigen Marcello, der immer von Eifersucht zerfressen ist, gibt James Bobby. Günes Gürle bietet mit dem Colline erneut ein Beispiel für seinen gelungenen Fachwechsel vom Bariton zum Bass. Kauzige Kurzauftritte bietet Peter Nikolaus Kante als Hausbesitzer Benoit und alternder Lebemann Alcindoro. – Großer Beifall für alle Künstler in dieser Künstleroper.