Düsseldorf.

Der Dichter Rodolfo, der Maler Marcello, der Philosoph Colline und der Musiker Schaunard – die vier Jungs wollen Spaß. Auch wenn’s draußen bitterkalt und das Portemonnaie leer ist. Zwischen Weinflaschen, Matratzen und Stapeln von Büchern und Blättern lassen sie es sich gut gehen. Und freuen sich, als die hübsche Mimi zu ihnen auf den Dachboden klettert. Sorglos und jugendlich wirken die Studenten, die Robert Carsen in seiner Fassung von „La Bohème“ auf die Bretter bringt. Der Puccini-Klassiker, mit dem, nach Wuppertal, jetzt auch die Deutsche Oper am Rhein die Saison eröffnet, beschert Düsseldorf und Duisburg ein Sängerfest und einen Kassenschlager.

Puccini-Fans kommen musikalisch und szenisch auf ihre Kosten. Allen voran begeistert Giuseppe Varano als Rodolfo. Ein jugendlicher Tenor der Sonderklasse aus Mailand, der mit Schmelz, funkelnden Höhen und glühend italienischen Farben Mimi und das Publikum mitreißt. Mühe- und makellos in allen Registern, gibt sich Varano auch als intelligenter Darsteller, der engumschlungen mit seiner Mimi (Nataliya Kovalova) die berühmten Liebes-Duette zelebriert. Ermöglicht wird das durch den italienischen Maestro Giordano Bellincampi, der den Symphonikern einen frisch flutenden Verismo-Sound entlockt.

Ähnlich wie auf der Bühne: Dort entfacht ein junges Ensemble (Alter: zwischen 25 und 32) eine spritzige Komödie im Studentenmilieu. Requisiten wie Ofenrohr und einsames Haus im Park werden, auf leerer Bühne, wie ironische Zitate auf einstige Bohème-Deutungen eingesetzt. Ansonsten: Weder althergebrachte Bohèmien-Klischees, noch betuliche Spitzweg-Idylle, noch ewig hustende Mimi. Draufgängerisch, energiegeladen und mit eisernen Höhen spielt die Kovalova die Mimi in Mantel und Schal, will nichts wissen von ihrer Krankheit. Hier ist die „Bohème“ eben eine heitere Geschichte, die erst mit Mimis Todeskampf zu einer Tragödie mutiert. Die sterbende Schöne wird freilich gebettet auf einen Teppich von blühenden Narzissen. Ein anrührend ergreifendes Bild, bei dem manch Premierenbesucher zum Taschentuch griff.

Halbnackt und hüllenlos

Im zweiten Bild geht es weniger um andächtige Weihnacht als um lautstarke Party. Gefeiert wird mit allen Schikanen, reichlich Alkohol, in schrägen Klamotten, halbnackt oder hüllenlos. So streckt sich eine Venus verführerisch über ein altes Schifferklavier. Mittendrin die stimmprächtigen Studenten Schaunard (Richard Sveda), Colline (Adrian Sampetrean), Mimi und Rodolfo, die liebeshungrige Musetta (Iulia Surdu) und Marcello (Laimonas Pautienius). Alles stets in Harmonie mit der schwelgerisch symphonischen Puccini-Musik.