Duisburg. In Duisburg streikten am Mittwoch Beschäftigte von Stadt und Sparkasse. Bei der Kundgebung vorm Rathaus gab’s eine Überraschung für OB Link.
Am Mittwochmorgen sah man in der Duisburger Innenstadt rot: Westen, Fahnen, Trillerpfeifen. Die Stimmung laut Organisatoren „positiv“, die Streikenden „kampfbereit“. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt und rund 100 Sparkassen-Angestellte sind dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt. Am Averdunkplatz versammelten sie sich zum Warnstreik. Was sie fordern.
Sparkasse Duisburg: Mehrere Filialen wegen Streik geschlossen
„Für den ersten Aufschlag sind wir zufrieden“, betont Markus Renner vom Verdi-Bezirk Duisburg-Niederrhein beim Blick in die Menge. Der Handel zeigt sich solidarisch, Gewerkschaftssekretär Martin Petig fordert in seinem Grußwort den „berechtigten Anteil am Kapital“ für die Streikenden. Auch die Duisburger Linke übt den Schulterschluss. „Vernünftige Dienstleistung geht nur mit Anerkennung und entsprechendem Lohn“, skandiert Ratsherr Erkan Kocalar.
Das Team der Kita am Holderbusch trägt ein Banner vor sich her: „Wir kämpfen für 10,5 Prozent, aber sind mit den Gedanken in der Türkei und Syrien“, steht da. Sie wollen ihre Anteilnahme ausdrücken, so die Kitaleitung.
Einen Moment halten sie inne für die Erdbebenopfer, dann setzt sich der Zug in Bewegung, vom Averdunkplatz bis vor die Hauptstelle der Duisburger Sparkasse. Die hat, wie Renner betont, zum ersten Mal wegen eines Verdi-Streiks komplett geschlossen; so auch die Geschäftsstellen in Neudorf, Hochfeld, Bergheim, Rumeln-Kaldenhausen, Meiderich und Homberg. Auch die Mitarbeitenden im Kundenservicecenter beteiligen sich am Streik.
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Streikende in Duisburg wollen nicht nur mehr Geld
„Unsere Mitarbeiter an vorderster Front haben es verdient, gewürdigt zu werden“, ruft eine Sparkassen-Sprecherin und erntet dafür viel Getriller und Geratsche. Gerade mit Blick auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten müsse man einen Ausgleich schaffen. Wenn die Ausgaben steigen, müsse auch das Einkommen steigen.
Die Forderung: mindestens 500 Euro mehr Lohn bei kurzer Tariflaufzeit und 200 Euro mehr für Auszubildende. „Wenn man das Arbeitspensum ins Verhältnis setzt zum Gehalt, ist das einfach zu wenig“, pflichtet eine junge Mitarbeiterin aus Duisburg bei. „Hinzu kommt, dass wir zu wenige Leute sind“, gibt ihre Kollegin zu bedenken. Der Fachkräftemangel mache sich auch bei der Sparkasse bemerkbar.
Das gilt auch für das Immobilien-Management Duisburg (IMD), wie Mitarbeiter Frank Müller berichtet. Nicht nur unter den Architekten und Ingenieuren, auch bei den Handwerkern fehle es an Personal. „Die Arbeit wird ja nicht weniger, aber sie muss attraktiv gemacht werden.“ Auch mit einer entsprechenden Bezahlung: „Arbeit soll sich lohnen – es geht um Anerkennung.“
Es müsse ein Zeichen gesetzt werden, besonders in den unteren Entgeldgruppen. Mehr Gehalt und ein Inflationsausgleich, dafür plädiert auch Uwe Steinwerth, schon lange Jahre beim IMD beschäftigt. Ob die beiden glauben, dass es mit den 10,5 Prozent klappt? „Noch sind wir da positiv, aber wir warten mal aufs erste Angebot.“
Streikende werfen Schwämme mit Überstunden vors Rathaus
Der Zug ist vorm Rathaus angekommen. Verdi-Mann Markus Renner präsentiert den Anwesenden einen Sack voller Küchenschwämme. 500 Stück, auf jedem steht die Zahl 1000, für die gesammelten Überstunden der Duisburger Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst. Verdi-Vertreter sprühen die Summe, 500.000, in schwarz-grün aufs Pflaster. „Eure Überstunden könnt ihr jetzt dem OB zurückgeben“, lädt Markus Renner die Anwesenden ein.
Die lautstarke Aufforderung der Streikenden an Oberbürgermeister Link („Wir woll’n den Sören sehen!“) bleibt ungehört. Als die Schwämme fliegen, sind unter den Werfern viele Kita-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter. Auch ihnen geht es um Wertschätzung für ihre Arbeit. Und darum, dass endlich etwas gegen die Überlastung unternommen wird, der sie sich tagtäglich ausgesetzt fühlen. „Gehalt und mehr Personal ist das eine, aber wir brauchen auch kleinere Gruppen“, findet eine Erzieherin. „Es ist eine regelrechte Ausbeutung, unter der letztlich nicht nur wir leiden, sondern auch die Betreuung der Kinder.“
Verdi plant großen Streiktag Ende Februar
Auch beim Jugendamt Hamborn ist die Situation prekär, erzählt Lisa Wilhelm vom Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD). Fehlendes Personal, zu wenig Lohn: „Wir sind zwar tariflich angebunden, verdienen aber wesentlich weniger als in der Wirtschaft und das, obwohl wir für den Kinderschutz zuständig sind.“ Es gehe ihnen aber auch um die fehlenden geldwerten Zuwendungen: Dienstfahrzeuge, Laptops, Handys. Wenn es mit den Forderungen nicht klappen sollte? „Geht es eben mit dem nächsten Streik weiter.“
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So sieht es auch die Gewerkschaft. „Wir werden einiges für die 10,5 Prozent tun müssen“, ist sich Sven Kalinowski, zuständiger Sekretär für den Bereich ÖPNV, sicher, „aber wir machen weiter“. Markus Renner zeigt sich bei der Verabschiedung „schwer begeistert, wie viele gefolgt sind“. Am 28. Februar ist ein Streiktag für den ganzen Bezirk geplant. Eine „richtig große Nummer“ soll das werden. Nun gilt es aber erstmal, die 500 Schwämme wieder einzusammeln, die der OB nicht haben wollte.
>> Hier wurde in Duisburg gestreikt
- Laut Stadtverwaltung waren zehn städtische Kitas am Streiktag geschlossen; vier Einrichtungen boten einen eingeschränkten Betrieb an.
- Bestreikt wurde außerdem die Bürger-Servicestation Homberg/Ruhrort/Baerl. Die Station Mitte arbeitete ebenfalls mit Einschränkungen, hier mussten sich Bürger auf Wartezeiten einstellen. Die Bürger-Servicestationen in Walsum, Hamborn, Rheinhausen, Meiderich/Beeck und Süd waren nicht vom Streik betroffen.
- Auch die Zulassungsbehörde des Straßenverkehrsamtes in Duissern (Ludwig-Krohne-Straße) blieb am Mittwoch geschlossen; die Fahrerlaubnisbehörde des Straßenverkehrsamts war dagegen wie gewohnt geöffnet.