Duisburg-Ruhrort. Das Hauptquartier der Kreativen in Ruhrort, das Plus am Neumarkt, wird auch 2023 weiter betrieben. Worauf sich Kulturinteressierte freuen können.
Dass es das Kreativquartier Ruhrort, getragen von vielen engagierten Künstlern und Ruhrortern, so viele Jahre nach dem Kulturhauptstadt-Jahr 2010 noch gibt, gleicht einem Wunder. „Es passt also ganz gut, dass rund ein Viertel der Akzente-Veranstaltungen in diesem Jahr wieder in Ruhrort stattfinden“, erklärt Heiner Heseding. Der Titel des Duisburger Festivals, das vom 3. März bis 2. April stattfindet, lautet diesmal nämlich „Wunder“. Und auch sonst haben sich die Kreativen im Hafenstadtteil für 2023 einiges vorgenommen: Der Geburtstag der Kunst wird schon am 17. Januar zelebriert, es locken Hofkultur, Lesereihen, Spelunkenspektakel und Ausstellungen. Und nicht zuletzt soll das Fringe-Festival, bisher zweimal Treffpunkt der Freien Szene, ein größeres Publikum finden.
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Heiner Heseding und die anderen wurden für ihre Bemühungen, Ruhrort kreativ zu beleben, mit dem Heimatpreis ausgezeichnet. „Wir haben den Mietvertrag für das Plus am Neumarkt verlängert und es wird in diesem Jahr erstmals feste Öffnungszeiten geben“, erklärt Heseding. Er weiß: Das dritte Jahr, in dem sie die ehemalige Parfümerie nutzen, wird entscheidend. „Bisher haben wir die Finanzierung über Spenden ganz gut hingekriegt. Und wir haben mit Theatervolk einen Untermieter gefunden, der auch dazu beiträgt, dass wir die Miete stemmen können.“ Das Geld aus dem Heimatpreis soll jedenfalls in Programm investiert werden.
Konzerte, Literarisches und Kabarett in Duisburg-Ruhrort
Am 19. Januar präsentieren Heseding und der Duisburger Autor Ralf Koss „Aufgelesenes“. Heseding bringt Textstellen aus Büchern mit, die ihm als Veranstalter regelmäßig zugeschickt werden. Koss rückt einen aus seiner Sicht unterschätzten Autor ins Rampenlicht, der eine Zeit lang in Duisburg gelebt habt. „Fakir Baykurt wurde in der Türkei ein Denkmal gesetzt. Leider ist seine Duisburg-Trilogie aus der allgemeinen Wahrnehmung wieder verschwunden, das möchte ich ändern“, sagt Koss.
Ende Januar gibt es im Plus am Neumarkt eine Kooperation mit der Deutsch-Französischen Gesellschaft. Marie-Christin Schwitzgöbel kam der Liebe wegen nach Deutschland und wird ihren Zuhörern am 30. Januar kabarettistisch die Macken der Deutschen und Franzosen als Spiegel vorhalten. Begleitet wird das Programm von der Ausstellung „Paris“ des Ruhrorter Fotoclubs.
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„Wenn Auswärtige nach Ruhrort kommen, stolpern die schon über unser Atelier und wundern sich dann, dass es so etwas hier gibt“, beschreiben Ralf Lüttmann und Arno Bortz. Seit mehr als zehn Jahren betreiben sie den Ruhrkunstort und veranstalten am 21. Januar um 20 Uhr ein Konzert. Der Singer-Songwriter Matthias Nagel ist zu Gast.
„Hofkultur“ lockt Einheimische und Kultur interessierte Auswärtige
„Wenn Veranstaltungen sind, gelingt es ganz gut, Leute nach Ruhrort zu holen. Die meisten kommen gezielt“, weiß Künstlerin Stefanie „Dotty“ Wenders. Zur Wahrheit gehört auch, dass die wenigsten Ruhrorter den kreativen Spirit im Alltag wahrnehmen. „Das Spelunkenspektakel veranstalten wir grundsätzlich als Hut-Konzerte, damit sich möglichst viele die Teilnahme leisten können“, betont Folkert Küpers. Bei seiner Reihe „Hofkultur“ gelinge es hingegen sehr gut, die Ruhrorter mit der Kreativszene zusammenzubringen. „Hier gibt es unheimlich viele schöne Hinterhöfe und viele Besucher sind neugierig, dort einmal hineinzuschauen“, so Küpers. Die andere Hälfte komme wegen der verschiedenen Darbietungen. Los geht’s unter dem Motto „Lob der Verzweiflung“ am 7. Mai.
Zuvor treten die „Hoflieferanten“ am 17. März im Rahmen der „Akzente“ auf. Passend zum Festival-Titel präsentiert die Gruppe eine „Wundertüte“. Die Strickguerilla interpretiert das „Akzente“-Motto, indem sie „wundersame Pilze“ im Stadtteil sprießen lassen wird. Im Plus am Neumarkt verleihen verschiedene Künstler in einer Gemeinschaftsausstellung ihrer „Verwunderung“ Ausdruck. Gewundert haben sich die Macher im vergangenen Jahr, dass nicht mehr Zuschauer zum „Fringe-Festival“ nach Ruhrort kamen. „Bisher hatten wir nicht viele Mittel, um Werbung zu machen. In diesem Jahr haben wir Förderanträge gestellt und hoffen, dass wir unterstützt werden“, sagt Mit-Organisator Ingo Broggiato. Das Festival soll jedenfalls wachsen und auf verschiedenen Bühnen im Quartier spielen. Als Termin ist der September vorgesehen.
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Der Wirkungskreis der Ruhrorter reicht übrigens längst über den Stadtteil hinaus. Im März wird es sechs Konzerte in der Cubus-Kunsthalle geben, außerdem wird eine Ruhrorter „Akzente“-Außenstelle in Huckingen eingerichtet. Heiner Heseding freut sich: „Wir wollen auch andere Stadtteile mit unserer Arbeit befruchten.“
>> Neues vom Lokal Harmonie
Das Lokal Harmonie befindet sich momentan noch in der Winterpause. Für dieses Jahr haben die Macher aber einen guten Vorsatz gefasst, der auch 2022 bereits aktuell war: Das Augenmerk soll verstärkt auf Künstlerinnen gelegt werden. Bei selbst produzierten Reihen will das Lokal Harmonie eine 50-prozentige-Frauenquote anstreben und einhalten.
Im Frühjahr feiert zudem „Mifeng – im Land, wo Milch und Honig fließen“ Premiere. In dem Theaterstück von Adriana Kocijan vom Lokal Harmonie in Zusammenarbeit mit der vielfach ausgezeichneten Kinderbuchautorin Frauke Angel geht es um Themen wie Flucht und Migration.