Duisburg-Ruhrort. Künstlertreff, Galerie, Atelier: Ruhrkunstort hat Grund zum Feiern. Seit mittlerweile zehn Jahren gibt es das etwas andere Atelier Ruhrkunstort.
Das Atelier Ruhrkunstort hat an diesem Samstag einen Grund zum Feiern. Vor zehn Jahren wurde der Künstlertreff von Ralf Lüttmann (63) und Arno Borts (54) gegründet.
Seit sich die beiden Künstler vor einer Dekade mitten im Hafenstadtteil ein kleines, künstlerisches Zuhause geschaffen haben, sind Ralf Lüttmann und Arno Borts zu einer festen Größe geworden. Und das nicht nur künstlerisch. Wenn sie auf dem breiten Bürgersteig vor ihrer kleinen, bunten Galerie sitzen, die auch Atelier und Veranstaltungsraum ist, dann hagelt es Ansprache im Minutentakt: „Tach Fritz, wie isset?“ oder „Rosi, kommst du Samstag auch, wir geben einen aus auf unseren Geburtstag?“
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Stadtratsmitglieder, Bewohner der Sozialpsychiatrie, Künstlerfreunde, Jugendliche mit Tüten voller Sonnenblumenkerne oder amerikanische Straßenkreuzer mit offenem Verdeck ziehen vorüber. Lüttmann und Bortz kennen sie alle. „Was wir hier machen, ist zu mindesten fünfzig Prozent sozial“, sagt Arno Bortz.
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Sicher, manchmal würden sich die Beiden schon wünschen, dass unter ihrem Stammpublikum ein paar mehr Kunstkäufer wären, schließlich müssen sie die Miete für das ehemalige Uhrengeschäft bestreiten. Aber ihr Vermieter Detlef Hummes ist ihnen sehr entgegen gekommen, weil er ihre belebende Wirkung auf den Stadtteil schätzt. „Wir hatten damals alle Ausstellungsmöglichkeiten in Duisburg durch und dachten über eine Leerstandsbesetzung nach“, erzählt Ralf Lüttmann.
Seit zehn Jahren gibt es das Atelier Ruhrkunstort in Duisburg-Ruhrort
Seine Frau machte dann Nägel mit Köpfen und wurde am Telefon mit dem Vermieter einig. Ursprünglich waren es drei Künstler, die mit ihren Werken einzogen, aber Britta Odenthal stieg bald wieder aus. Lüttmann und Bortz haben sich seither zusammengerauft, „wie ein altes Ehepaar“.
Lüttmann betreut die Internetseite, organisiert die Lesungen und Konzerte und ruft Bortz zur Ordnung, wenn dessen riesige Holzskulpturen drohen, den Rahmen des kleinen Ladens zu sprengen. Bortz wischt noch schnell das Bad durch und gibt mit Stechbeitel und Hammer Workshops in Holzbildhauerei. Die Beiden leben ihren Traum, den sie früher als Stahlarbeiter und Postbeamter von einem freieren und kreativen Leben hatten.
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Sie machten auch gelegentlich eine Ausstellung mit den Werken der Kleinsten aus dem Ruhrorter Kindergarten Rheinpiraten. „Da kriegt man echt das Staunen, wenn man sieht, was die Ulligen für tolle Bilder hinkriegen“, sagt Bortz. Außerdem vermieten sie für kleines Geld Ausstellungsfläche für andere Künstler.
Lesungen, Ausstellungen und Kunstverkauf
Viel haben sie in den letzten Jahren erlebt. Der Schauspieler Axel Holst las zum Beispiel nicht jugendfreie Kurzgeschichten von Charles Bukowski – bis die Luft im Laden dick wurde und alle eine Pause an der frischen Luft brauchten. Sie hatten die Musikerin Amy Doherty, die Schwester des berüchtigten Pete Doherty, für ein völlig ausschreitungsfreies Konzert zu Gast.
Nur einmal in zehn Jahren kam die Polizei vorbei, da war Bortz´ Kettensägen-Vorführung plus Musik wohl etwas zu laut geraten. „Das war in den wilden Jahren“, lacht Ralf Lüttmann. Ob die jetzt vorbei sind, wer kann das sagen? Die „blöde Seuche Corona“ hat die Beiden in ihren öffentlichen Aktivitäten ganz schön ausgebremst. Aber allmählich wollen sie neu loslegen, ab September gibt es wieder Wohnzimmerkonzerte.
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Und hoffentlich auch wieder mehr Ruhrorttouristen, die mit dem Schiff oder dem Fahrrad vorbeikommen und sich spontan in eine kinetische Blechinstallation, eine Treibholzskulptur, ein großformatiges Gemälde oder ein witziges kleines Pinselmännchen mit Bürstenfrisur verlieben. Den Weg zum nächsten Bankautomaten weisen die Künstler gern.
Wer sich das Atelier anschauen will, muss nicht lange suchen: Den Weg dorthin weiß man sogar bei der Ruhrorter Polizei. „Sie wollen bestimmt zu den beiden durchgeknallten Künstlern, da zeige ich ihnen den Weg“, hörte eine ortsfremde Besucherin von einem schmunzelnden Gesetzeshüter, als sie an einem Konzertabend nach der Fabrikstraße fragte.