Duisburg-Altstadt. Vor gut einem Jahr startete das Stapeltor. Warum das soziokulturelle Zentrum so erfolgreich ist und die Betreiber trotzdem nicht glücklich sind.

Das Stapeltor, Duisburgs Zentrum für Soziokultur, wird eins – eigentlich ein Grund zu feiern. Doch Christian Wagemann, Geschäftsleitung des Stapeltor-Trägervereins „47 e.V.“., ist hin- und hergerissen zwischen Freude und Besorgnis.

Schaut der 33-Jährige auf die vergangenen Monate, auf das, was er und seine Vereinskollegen geschafft haben, dann macht ihn das froh und auch stolz. Allein schon das Obergeschoss, das sogenannte „Stapelhoch“, das die Macher in Eigenregie so umgebaut haben, dass hier nun gesellige Runden, Lesungen, Seminare und gemütliche Abende stattfinden können. Es gibt eine neue Theke („Selbst geschnippelt!“) und bequeme Stühle („Die haben wir damals vom Kindermuseum Explorado bekommen.“). Das „Stapelhoch“ ist „so gemütlich, wie ein Seminarraum nur sein kann“, finden die Initiatoren.

Stapeltor Duisburg: Anfragen von Künstlerkollektiven aus ganz NRW

Doch das ehemalige Textilkaufhaus am Stapeltor 6, das nach und nach im Sinne der Soziokultur umgestaltet wurde, bietet nicht nur Raum zum „Plenieren und Planen“, sondern auch zum Feiern. Unten, im Kellergeschoss, finden Partys und Konzerte statt, es gab bereits Tanz- und Bastelworkshops für Kinder, und auch der Duisburger Tom Teuer war mit seinem Kindertheater zu Besuch.

Das sogenannte „Stapelhoch“ haben Christian Wagemann und seine Kollegen vom Trägerverein so umgebaut, dass gesellige Runden, Lesungen, Seminare und gemütliche Abende stattfinden können.
Das sogenannte „Stapelhoch“ haben Christian Wagemann und seine Kollegen vom Trägerverein so umgebaut, dass gesellige Runden, Lesungen, Seminare und gemütliche Abende stattfinden können. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Ein Jahr nach der Eröffnung gibt es Anfragen von Künstlerkollektiven aus ganz NRW. Die „Platzhirsch“-Abschlussveranstaltung fand im Stapeltor statt, es haben sich Eventreihen entwickelt wie zum Beispiel der Roskothen-Spieleabend, die Lesebühne oder die 120-Minuten-Party, bei der nach exakt zwei Stunden Schluss ist. „Wir werden richtig überrannt, alle wollen mit uns kooperieren“, resümiert Christian Wagemann. Verwunderlich findet er das nicht: „Schließlich haben die Duisburger lange auf ihr soziokulturelles Zentrum gewartet.“ Aber inzwischen kämen nicht nur die Menschen von hier, sondern Besucher aus dem gesamten Ruhrgebiet und dem Rheinland.

„Der Laden läuft, aber wir hecheln“

Also alles ganz wunderbar? Nicht alles, betonen die Stapeltor-Macher. Denn der Erfolg des Zentrums bei den Menschen in Duisburg, bei Vereinen, Initiativen und Partygängern der Stadt, der sei nur die eine Seite. Oder, wie Christian Wagemann es ausdrückt: „Der Laden läuft, aber wir hecheln.“

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Das große Problem sei die Finanzierung. Im kommenden Jahr ist diese noch gesichert – jeweils 100.000 Euro erhält das Stapeltor für 2022 und 2023, so sieht es der städtische Haushalt vor. „Aber was ist danach?“ fragt Wagemann. Die Stadt wolle keine Personalkosten tragen, deswegen gebe es kaum eine Planungssicherheit. „Wir werden wahrscheinlich Leute entlassen und uns auf Veranstaltungen und Vermietungen konzentrieren müssen, die uns wirtschaftlich weiterbringen“, prognostiziert der Duisburger.

„Soziokulturelles Zentrum kann nur mit kommunaler Basisfinanzierung funktionieren“

Das entspreche natürlich nicht dem gemeinnützigen Zweck des Trägervereins. „Aber erst wenn wir wirklich abgesichert sind und planen können, können wir uns auch wieder um die Dinge kümmern, die kein Geld einbringen.“

Der Stadt wirft der 33-Jährige vor, nicht konsequent zu agieren. „Wenn man ein soziokulturelles Zentrum haben möchte, muss man auch dafür zahlen.“ Das Stapeltor könne nur mit einer kommunalen Basisfinanzierung funktionieren. „Was wir hier machen, ist kein Ehrenamt!“ findet Wagemann.

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Die grüne Politikerin Parisa Tonekaboni stimmt ihm voll und ganz zu. Wenn man ein erfolgreiches Zentrum für Soziokultur in der Stadt haben wolle, dann müsse man es auch „auf eine ordentliche finanzielle Basis stellen“, sagt die Vorsitzende des Kulturausschusses. „Ich bewundere das Engagement der Stapeltor-Leute. Wie die das bisher meistern, es ist großartig, ein Balanceakt.“ Von einem gemeinnützigen Verein dürfe man nicht verlangen, sich selbst um die Wirtschaftlichkeit eines soziokulturellen Zentrums zu kümmern, macht Tonekaboni deutlich. Doch nicht alle sehen das so.

Frage der Finanzierung war schon immer umstritten

Tatsächlich war die Frage, in welchem Umfang die Stadt das Zentrum fördert, schon immer ein Streitpunkt zwischen SPD und CDU auf der einen Seite und Grünen und Linken auf der anderen. Im November vergangenen Jahres hatten Grüne und Linke bei den Beratungen über den Kulturhaushalt im Kulturausschuss beantragt, das Stapeltor jährlich mit 240.000 Euro institutionell zu fördern und so das Konzept der Betreiber zum Regelbetrieb zu unterstützen.

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Die GroKo setzte dem entgegen, dass die nächsten beiden Jahre mit 100.00 Euro zu bewerkstelligen sein müssten. CDU-Sprecher Frank Heidenreich nannte die Summe „schon sehr mutig“. Das Stapeltor müsse zeigen, dass es eigenständig arbeiten können, sonst könne die Stadt es auch selbst betreiben. Wie’s nach dem Doppelhaushalt weitergehe, werde man sehen.

Und so wird erst im kommenden Jahr bei den Haushaltsberatungen über den kommunalen Förderbeitrag entschieden, den das Stapeltor für 2024 erhält. Christian Wagemann zuckt mit den Schultern. „Ich hätte tolle Leute für eine Stelle in der Jugendarbeit hier bei uns“, sagt er. Aber ohne Fördermittel könne er die Stelle nicht besetzen. „Sagen wir es mal so: Die Sonne über uns scheint die ganze Zeit. Aber niemand gießt uns.“