Duisburg. Das Jobcenter in Rheinhausen registriert und berät die Geflüchteten aus der Ukraine in Duisburg. Warum sich immer wieder lange Schlangen bilden.
Bei der Betreuung von rund 5000 Geflüchteten aus der Ukraine in Duisburg stößt das Jobcenter an seine Grenzen. Vor dem Bezirksrathaus in Rheinhausen, dort findet am „Integration Point“ der Behörde die Erfassung und Beratung der Menschen statt, bilden sich immer wieder lange Warteschlangen. „Es läuft noch nicht rund. Wir sind vom Ausmaß des Aufwands überrascht“, räumt Frank Böttcher, Geschäftsführer des Jobcenters in Duisburg ein. Deshalb sei geplant, „personell erneut nachzusteuern“.
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Die Erfahrungen mit der Beratung der Geflüchteten aus Syrien – ihre große Zahl war 2017 der Anlass für die Einrichtung der spezialisierten Dienststelle in Rheinhausen – lassen sich nur bedingt auf die Ukrainer übertragen. Ein Grund: Die Verantwortung wurde dem Jobcenter zum Stichtag 1. Juni übertragen – damit mussten für eine große Zahl von „Neukunden“ auf einen Schlag der Leistungsbezug, die Vermittlung in Sprachkurse und weitere Dinge organisiert werden. „Die Überleitung kam sehr kompakt“, sagt Böttcher.
Jobcenter-Geschäftsführer: Beratungsbedarf der Ukrainer ist deutlich komplexer
Außerdem unterscheiden sich die Geflüchteten von 2015/16 nicht nur durch ihre Herkunft deutlich von denen in 2022: In der Folge des Bürgerkriegs in Syrien kam vor allem alleinstehende Männer, aktuell sind es viele Frauen mit ihren Kindern, ganze Familien, auch alte Menschen. „Der Beratungsbedarf ist deshalb deutlich komplexer“, sagt Böttcher. Und er betreffe viele Fragen und Verfahren, für die das Jobcenter nicht zuständig ist. Ein Topthema: Anträge zum Kindergeld, die von der Familienkasse bearbeitet werden.
Ein Krux für das Jobcenter und die Geflüchteten: Die Zeltstadt in Meiderich an der Hamborner Straße, wo die Menschen seit April zentral untergebracht waren, steht vor der Auflösung (wir berichteten), in diesen Tagen werden die Zelte abgebaut, die Bewohner sind nun dezentral in der Stadt in verschiedenen Häusern untergebracht. Damit entfällt auch die etablierte und gut funktionierende Beratungsstruktur, die von allen Seiten geschätzt wurde. Im „Delta-Dorf“ waren Ausländeramt, Jobcenter und Integrationszentrum (KI) der Stadt mit Mitarbeitern vertreten, Registrierung und Beratung erfolgten kompakt und unterstützt von Sprachmittlern.
Geflüchtete suchen die Unterstützung durch Dolmetscher am Körnerplatz
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Scouts und Dolmetscher sind nun auch am Körnerplatz im Einsatz – sie fragen die Geflüchteten nach ihren Anliegen, weisen bei Fragen für das Jobcenter zu den Sachbearbeitern und verweisen bei anderen Angelegenheiten auf die jeweils zuständigen Ämter. „Es wird niemand einfach weggeschickt, nur weil wir nicht zuständig sind“, versichert Martin Bruchhausen, stellvertretender operativer Geschäftsführer des Jobcenters. Angesichts der Vielzahl der Fragen – vom ÖPNV-Ticket bis zum Rundfunkbeitrag – sei es „schwierig, eine Struktur in die Beratung zu bringen“.
Persönliche Beratungstermine vereinbaren und so Wartezeiten vermeiden
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Als Ersatz für das Delta-Dorf hätten die Geflüchteten nun den Körnerplatz als zentrale Anlaufstelle ausgemacht, berichtet Jobcenter-Chef Böttcher: „Sie nutzen sämtliche Kommunikationskanäle per App und Brief und kommen dann persönlich, um zu fragen, ob alles angekommen ist. Außerdem suchen sie Antworten auf andere Fragen bei unseren Dolmetschern.“
Weil der Andrang nicht konstant, sondern schwankend sei, bildeten sich immer wieder lange Schlangen. Böttcher: „Wir können nur darum bitten, persönliche Beratungstermine zu vereinbaren. Das klappt bei uns in wenigen Tagen und verhindert lange Wartezeiten.“
DELTA-DORF: ABBAU DER ZELTE HAT BEGONNEN
- Der Abbau hat begonnen im Zeltdorf an der Hamborner Straße in Meiderich auf dem ehemaligen Areal der Delta-Discothek. Der Vertrag der Stadt mit Sebastian Eimers, dem Betreiber der Sammelunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine, läuft noch bis Ende Oktober.
- Spätestens dann müssen die verbleibenden Menschen, rund 50 lebten Anfang dieser Woche noch in den Zelten, in Wohnungen und anderen Unterkünften im Stadtgebiet untergebracht sein. Viele Ukrainer selbst gehen davon aus, dass weitere Landsleute nach Deutschland flüchten werden. „Wenn es weitere russische Raketenangriffe gibt, machen sich viele auf den Weg“, sagte einer am Mittwoch dieser Zeitung.