Duisburg. Vom Landessprecher der Grünen zum Bundestagsabgeordneten für Duisburg: So hat Felix Banaszak nach einem Jahr seine Rolle im Parlament gefunden.
Der da vom Rednerpult des Bundestages austeilt gegen die „Wirtschaftskrieg-Rede“ der Linken Sahra Wagenknecht, wirkt nicht wie ein Neuling auf dem parlamentarischen Parkett. Freie Rede, elegant-legerer Anzug, Felix Banaszak ist heute in der Abteilung Attacke unterwegs. Wer ihn nicht kennt, mag staunen darüber, dass der 32-jährige Duisburger erst seit einem Jahr Abgeordneter für die Grünen ist.
Wenn Politik auch mit Glück zu tun hat, ist Felix Banaszak bei der Verteilung offenbar ziemlich weit vorn gestanden. Für seine stark gewachsene grüne Bundestagsfraktion ging er in den Wirtschafts- und Haushaltsausschuss – das verspricht viel Arbeit mit eher drögen Themen, die selten im Scheinwerfer-Licht der Öffentlichkeit debattiert werden. Er sei zuständig „für alles, was dreckig ist, alles, was schwimmt und alles, das viel CO2 verursacht“, scherzt er.
Dann begann im Februar der Ukraine-Krieg, in seiner Folge die Energiepreis-Krise und die Diskussionen über die Hilfspakete – unversehens rückten die Debatten der Haushalts- und Wirtschaftspolitik in den Fokus der aktuellen Berliner Agenda und der Duisburger immer wieder ans Rednerpult unter der Reichstagskuppel.
„Meine Themen in Berlin spielen auch hier in Duisburg eine große Rolle“
Der Mann diskutiert gern. Für jene, die ihn kennen, ist das nicht neu. Einst war er Schülersprecher, auch nach dem Abi engagierte er sich gegen die Abschiebung der Schülerin Bivsi an „seinem“ Steinbart-Gymnasium. „Es macht mir großen Spaß, mich in der parlamentarischen Arbeit mit Themen auseinanderzusetzen, die auch hier in Duisburg eine große Rolle spielen“, sagt er. „Die Idee, dass das Parlament stellvertretend für die Gesellschaft die Debatten führt, finde ich sehr schön.“
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Industrielle Transformation und europäische Taxonomie, Regulatorik und Energiemärkte – der 32-Jährige hat sich in kurzer Zeit in diese Themen hineingefuchst. Darin steckt viel Zeit, Lektüre, Treffen und Gespräche mit Unternehmen, Fachleuten, Gewerkschaftern. Eine Menge Neuland – in den Jahren zuvor hatte die heutige NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur als sein Pendant im Führungsduo der grünen NRW-Landespartei diese Themenfelder abgedeckt.
„Wir haben uns als Grüne in NRW neu aufgestellt und aus Fehlern gelernt“
Minister in NRW könnte wohl auch Banaszak jetzt sein. Dass er nach dem 15. Mai und den für die Grünen großartigen 18,2 Prozent in Berlin blieb, hat auch manchen politischen Mitbewerber erstaunt. Die Verdreifachung des Stimmenanteils schreibt er nicht nur seiner erfolgreichen Arbeit als Co-Landesvorsitzender zu: „Das Ergebnis war vor allem eine Reaktion auf die Bundespolitik. Aber es ist uns gelungen, diese Stimmung aufzugreifen. Wir hatten uns neu aufgestellt, einen neuen Stil etabliert und aus Fehlern gelernt.“
Eine Wahl zum besten Zeitpunkt für Felix, den Glücklichen. Zeit zu wechseln vom Organisator im Hintergrund an die politische Front nach fünf Jahren als Parteichef ohne freie Wochenenden: „Da gibt es die meisten Termine, weil die Ehrenamtlichen frei haben.“ Er empfindet es als „befreiend, dass sonntags bis 16 Uhr noch niemand angerufen hat, der etwas von mir möchte.“
Doch auch der neue Takt als Abgeordneter musste sich zunächst finden: „Ich gehe nicht mehr zu so vielen externen Terminen wie am Anfang.“ Nicht zu versuchen, zu viele Dinge gleichzeitig zu machen, „kann helfen, den Überblick nicht zu verlieren“.
„Es ist mir wichtig, ein Leben außerhalb von Politik aufrecht zu erhalten“
Ständig zu pendeln zwischen Duisburg und der Hauptstadt – nichts Neues für den 32-Jährigen. Er kennt Berlin, wo er schon studierte und als Mitarbeiter des Berliner Abgeordneten Behrendt seinen ersten Politik-Job hatte. Dass auch seine Frau in Berlin lebt und arbeitet, erleichterte das Doppel-Leben zwischen Wahlkreis und parlamentarischer Politik-Blase. „Der ICE ist Gott sei Dank nicht mein Lebensmittelpunkt“, sagt Banaszak, „Es ist mir wichtig, an beiden Orten ein Leben außerhalb von Politik und mit freien Abenden aufrecht zu erhalten.“
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Die sind selten, doch Jammern gilt nicht. „Für jemanden, der ein ausgeprägtes Interesse an einer guten Work-Life-Balance hat, ist ein Bundestagsmandat die falsche Entscheidung.“ Die Vorstellung, viele Privilegien und eine gute Bezahlung zu genießen ohne negative Folgen für das Privatleben, „halte ich für weltfremd“, sagt er: „Das ist dann Teil des Deals, und ein Preis, den Bärbel Bas noch viel stärker zahlt als ich.“
„Politik ist Macht auf Zeit. Man muss sich die innere Unabhängigkeit bewahren“
Wie blickt jemand, der bereits mit 31 Jahren in den Bundestag gewählt wird, auf sein weiteres Leben? „Politik ist Macht auf Zeit“, sagt Felix Banaszak, „ich werde das deshalb vielleicht nicht mein ganzes Leben lang machen.“ Doch loszulassen von Amt und Einfluss, das fällt fast allen schwer. „Man muss sich seine innere Unabhängigkeit bewahren“, sagt er, „ich finde die Vorstellung befreiend, nicht erst kurz vor der Rente zu sagen: Jetzt mache ich ein Restaurant auf.“
Ein weiterer Aufstieg auf der politischen Karriereleiter ist ohnehin schwer planbar, weiß der Duisburger. „Ich versuche immer, für eine Aufgabe mindestens 100 Prozent zu geben und dann erst zu identifizieren, was der nächste Schritt sein kann.“
Hundert Prozent heißt auch: Dem Wähler professionell Politik vermitteln. Also: Banaszak auf allen Kanälen. Sein Team beackert Print, Online, Social Media, organisiert Auftritte in Duisburg. Der Abgeordnete im Parlament, im ICE, auf dem Windrad oder am Kochtopf. Felix unter Dampf. Er weiß aber auch: Abhängig sind Karrieren in der Politik nicht allein von harter Arbeit und Geschick. Die nötige Fortune benötigt auch einer, der Felix heißt – der Glückliche.
ZUR PERSON: FELIX BANASZAK
- Felix Banaszak hat nach dem Abitur am Steinbart-Gymnasium 2009 und Zivildienst in der Altenpflege an der Freien Universität in Berlin bis 2014 Sozial- und Kulturanthropologie und Politikwissenschaft studiert.
- Den Grünen gehört er seit 2009 an. Er wurde 2011 Beisitzer im Bundesvorstand der Grünen Jugend, 2012 deren politischer Geschäftsführer und war von Ende 2013 bis Herbst 2014 Sprecher des Bundesverbandes.
- Von 2010 bis 2012 arbeitete der heute 32-Jährige für Dirk Behrendt, damals Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.
- Von 2014 bis 2017 war Banaszak Leiter des NRW-Büros der Europaabgeordneten Terry Reintke und Sven Giegold in Düsseldorf, von 2016 bis 2018 führte er als Sprecher den Duisburger Kreisverband.
- Im Januar 2018 wurde der Duisburger gemeinsam mit Mona Neubaur an die Spitze des NRW-Landesverbandes gewählt, das Amt gab er nach der Landtagswahl im Juni 2022 ab.
- Bereits im September 2021 war Felix Banaszak über Platz 6 auf der Landesliste seiner Partei in den Bundestag eingezogen. Dort hat er Sitze im Wirtschafts- und im Haushaltsausschuss, außerdem ist er stellvertretender Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses.