Duisburg. Die Duisburger Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor hat jetzt einen eigenen Politik-Podcast. Was sie damit bezweckt und wer der erste Gast war.

Die Berufsbezeichnungen von Lamya Kaddor sprengen jede Zeile. Inzwischen ist die Lehrerin, Erziehungswissenschaftlerin, Islamexpertin und Autorin hauptberuflich Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen. Das hindert sie aber nicht daran, noch eine neue Betätigung zu finden.

Die Duisburgerin hat jetzt auch einen eigenen Politik-Podcast. Der heißt „Ansichtssache“, und das ist leider ein kleines Problem, denn unter diesem Stichwort findet man auf den einschlägigen Plattformen zunächst Folgen eines Triathlon- und eines Beziehungspodcasts, eine Predigt und einen Studenten-Talk, außerdem verschiedene Songs und ganze Alben.

Podcast von Lamya Kaddor zum Verfassungsschutz

Auch Kaddor selbst macht sich als Suchwort Konkurrenz als Talkgast diverser Formate. Aber zusammen funktioniert es. Es gibt einen Trailer mit Piano-Intro und eine erste Folge, die sich dem Bundesamt für Verfassungsschutz widmet. Mit Präsident Thomas Haldenwang spricht sie über eine Stunde lang über die AfD als Verdachtsfall, über Extremismus und Antisemitismus, über den Wandel der Arbeit des Verfassungsschutzes mit Blick auf Überwachungsmöglichkeiten im „Wilden Westen Internet“ und Attila Hildmann.

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Haldenwang berichtet anschaulich und manchmal erschütternd über die Arbeit seines Amtes, er erzählt von Herausforderungen wie radikalisierten Jugendlichen, die den „high score“ des norwegischen Terroristen Anders Breivik knacken wollen; dieser hatte vor elf Jahren 77 Menschen getötet. Man muss beim Hören konzentriert bleiben, da Haldenwang eher monoton und zudem mit einem Frosch im Hals spricht und Kaddor sehr schnell redet.

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AfD-Abgeordnete und ihre Ablehnung des Verfassungsschutzes

Die Mühe lohnt aber, es wäre sonst schade, die Info zu verpassen, dass Eltern sich an den Verfassungsschutz wenden können, wenn ihr Kind anfängt, merkwürdige Videos zu schauen, ein Schwarz-Weiß-Denken an den Tag legt, ein ideologisches Weltbild zeigt. Reicht das schon, fragt Kaddor? „Auf jeden Fall“, sagt Haldenwang. Allerdings gebe es auch Ansprechstellen vor Ort, an die der Verfassungsschutz vermittele.

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, war der erste Gast im neuen Podcast von Lamya Kaddor.
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, war der erste Gast im neuen Podcast von Lamya Kaddor. © dpa | Christoph Soeder

Kaddor erzählt von ihren Beobachtungen einzelner AfD-Abgeordneter im Bundestag, die aus ihrer Ablehnung gegen den Verfassungsschutz keinen Hehl machen. Die beiden sind sich einig: Die Öffentlichkeit müsse informiert werden, um die Bedeutung der Partei zu relativieren. Denn die Erkenntnis umfangreicher Erhebungen von der kommunalen Ebene bis in den Bundestag zeige, dass die Tendenz der Partei immer weiter Richtung Rechtsextremismus gehe, so Haldenwang.

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„Einmal Pädagogin, immer Pädagogin“

Auf Nachfrage berichtet Kaddor, dass das Auftaktgespräch eine „angenehme Überraschung“ gewesen sei. Thomas Haldenwang habe „sehr vernünftige Ansichten und Analysen gehabt“. Ob der Vorgänger im Amt, der hoch umstrittene Hans-Georg Maßen, auch ein geeigneter Gast für ihren Podcast gewesen wäre? Nach kurzer Überlegung betont sie, dass sie Verantwortung trage: „Die krude Weltsicht von Herrn Maßen will ich nicht noch mehr in Umlauf bringen.“

Warum startet sie jetzt einen Podcast? Weil sie das schon lange vorhatte. „Ich bin ein auditiv zugänglicher Mensch, ich höre gern Podcasts, politische wie unterhaltende, ich höre auch Wissenswertes oder Romane.“ Als innenpolitische Sprecherin und Expertin für die arabische Halbinsel habe sie Kontakte zu Menschen, deren Erkenntnisse sie nicht exklusiv für sich behalten möchte. „Einmal Pädagogin, immer Pädagogin“, sagt sie lachend.

Der Podcast entstehe in Eigenproduktion, mit der Unterstützung einer studentischen Hilfskraft, einem Tisch-Mikrofon und einem „guten Schnittprogramm“. Vielleicht wären ein paar Eierkartons gegen den Hall noch hilfreich, aber sonst ist das saubere Arbeit. In ihrer Vorstellung sollen die Begegnungen eher Gespräche sein, keine Interviews, „da kann es gern auch mal hitziger zugehen“. Der Auftakt war vergleichsweise friedlich, eher neugierig fragend, die Welt des Verfassungsschutzes auslotend.

Künftig würde sie gern einmal im Monat eine Podcast-Folge veröffentlichen. Top-Wunschkandidatin war Angela Merkel, „aber sie hat leider schon abgesagt“.