Duisburg. Die Duisburger Philharmoniker und ein Cello-Weltstar spielen Prokofjew und Mozart. Eine Rarität beeindruckt das Publikum und unseren Kritiker.
Mit einem klug konzipierten Programm gab jetzt Karl-Heinz Steffens seine musikalische Visitenkarte als Dirigent eines Philharmonischen Konzertes in Duisburg ab. Der Musikdirektor der Prager Oper stellte in der Mercatorhalle Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Sergej Prokofjew gegenüber. Obwohl es erst das vorletzte Konzert der Saison war, stand der Abend unter dem Motto „Strahlender Ausklang“.
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In seiner „Symphonie classique“, mit der das Konzert beginnt, nimmt Sergej Prokofjew auf Joseph Haydn Bezug. Karl-Heinz Steffens wählt als klassisches Gegenstück zu der während des Ersten Weltkriegs entstandenen Sinfonie aber Mozarts Sinfonie Nr. 41 C-Dur KV 551, die sogenannte „Jupiter-Sinfonie“.
Duisburger Philharmoniker spielen schneidig – aber nicht mit Haydn-Leichtigkeit
Die Prokojew-Sinfonie wird unter dem Dirigat von Steffens elegant und schneidig gespielt. Die Leichtigkeit einer Haydn-Sinfonie stellt sich hier nicht unbedingt ein, dafür ist die Besetzung der Duisburger Philharmoniker zu groß. Durch die Gegenüberstellung beider Sinfonien, die den Rahmen des Abends bilden, werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede besonders deutlich: Prokofjews Larghetto klingt genauso zart und luftig wie Mozarts Andante cantabile. Die Gavotta des Russen wird von den Philharmonikern sehr pointiert musiziert, ist aber etwas derber als das Menuett aus der Wiener Klassik.
Während in Prokofjews Molto-vivace-Finale die Streicher für federnde Rhythmen sorgen, über welche die Bläser fröhlich dahinhüpfen, besitzt Mozarts Molto Allegro mehr Dramatik. Karl-Heinz Steffens, der die Jupiter-Sinfonie auswendig und ohne Taktstock leitet, weiß, wo er Kontraste setzen und wo er das Orchester etwas zurücknehmen muss, um dann die nächste Steigerung anzugehen.
Duisburger Publikum erlebt Musik auf den Punkt gespielt – ohne Revolution
Bei den Aufführungen der beiden oft gespielten und vom Publikum gern gehörten Sinfonien bietet Karl-Heinz Steffens keine revolutionären Neudeutungen. Zu erleben sind aber zwei genau geprobte und auf den Punkt musizierte Sinfonien, bei denen man gerne zuhört, auch wenn man die beiden Stücke gut kennt.
Im Zentrum des Abends steht eine echte Prokofjew-Rarität, nämlich das Sinfonische Konzert für Violoncello und Orchester op. 125. Seit 31 Jahren ist das Stück, das für den jungen Mstislav Rostropowitsch komponiert wurde, nicht mehr in Duisburg gespielt worden. In Duisburg ist mit Alban Gerhardt einer der besten Cellisten Deutschlands zu erleben, der das Werk mit höchster Ausdruckskraft musiziert.
Verzahnung von Solist und Orchester beeindruckt in Duisburg
Die Besonderheit dieses Konzertes ist, dass Cello und Orchester sehr eng miteinander verzahnt sind, dass Solo und Tutti fließend ineinander übergehen und der große sinfonische Fluss wichtiger ist, als ein konzertierendes Gegeneinander. Alban Gerhardt und Dirigent Karl-Heinz Steffens meistern die Anforderungen des Werkes mit souveräner Könnerschaft.
Besonders gelungen sind die Momente, wenn zum Cello noch eine Solostimme aus dem Orchester dazukommt. Gerhardt behält dann zwar die Hauptrolle, die Gegenstimme wird aber nie zum Statisten degradiert. Insgesamt gelingt Gerhardt eine Aufführung, die von einer philosophischen Abgeklärtheit geprägt ist. Die großen technischen Ansprüche, die in dieser Musik stecken, hört man Gerhardts Spiel nicht an.
Duisburger Publikum feiert Cellisten
Während sich Prokofjew in seinen früheren Werken oft bissig, düster oder sarkastisch gibt, zeigt er sich in diesem ein Jahr vor seinem Tod vollendeten Werk als Musiker, der seinen Frieden mit der Welt gemacht hat.
Obwohl das Stück so selten zu hören ist, wird Alban Gerhardt vom Duisburger Publikum mit viel Jubel für sein Spiel gefeiert. Da beweisen die Duisburger Musikfreunde ihre Entdeckerfreude und guten Geschmack. Alban Gerhardt bedankt sich mit einer virtuosen Zugabe aus der Feder von Mstislav Rostropowitsch.
>> DIRIGENT HAT „DIE SEITEN GEWECHSELT“
- Vor seiner Karriere als Dirigent war Karl-Heinz Steffens Solo-Klarinettist der Berliner Philharmoniker.
- Von 2007 bis 2013 war Steffens Generalmusikdirektor der Oper Halle und wechselte danach als Nachfolger von John Fiore als Musikchef an die Norwegische Nationaloper Oslo.
- Seit 2019 ist er Musikdirektor der Prager Oper.