Duisburg. Die Deutsche Oper am Rhein zeigte in Duisburg das Ballett „One and Others“. Warum die Qualität der drei Choreographien so unterschiedlich war.

Drei moderne Choreographien vereint das Programm, das Oper-am-Rhein-Ballettchef Demis Volpi unter dem Titel „One And Others“ zusammengestellt hat. Geschichten werden in diesen drei Stücken nicht erzählt, trotzdem sind starke tänzerische Leistungen in ungewöhnlichen Choreographien zu erleben. Nachdem der Abend bereits Anfang April in Düsseldorf gezeigt wurde, wurde er nun vom in Duisburg ins Programm übernommen.

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Eröffnet wird der Abend mit „Polyphonia“ von Christopher Wheeldon, eine Arbeit, die 2001 für das New York City Ballett entstanden ist. So mehrstimmig wie der Titel verspricht, ist der Tanz der Eröffnungsszene, in der vier Paare auf der Bühne stehen, sich aber jeweils in ihrer eigenen Welt aufhalten. Erst in einer gemeinsamen Drehung der Frauen finden die Paare tänzerisch zusammen.

Compagnie kann Synchronitätsversprechen in Duisburg nicht perfekt einlösen

Wenn dann aber Synchronität von den Paaren gefordert ist, kann die Compagnie diese nicht perfekt einlösen. Vielleicht liegt das an der rhythmisch vertrackten Klaviermusik von György Ligeti, die von Susanna Kadzhoyan und Eduarda Boechat mit souveräner Virtuosität aus dem Orchestergraben gespielt wird.

Die titelgebende Choreographie „One and Others“ stammt von Demis Volpi, dem Ballettchef der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg.
Die titelgebende Choreographie „One and Others“ stammt von Demis Volpi, dem Ballettchef der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und Duisburg. © Deutsche Oper am Rhein | Bettina Stoess

Christopher Wheeldon greift oft auf klassische Ballettposen und Übungen zurück und kombiniert sie mit sportiven Elementen. Eine eigenständige Tanzsprache, die der Musik von Ligeti entsprechen würde, findet er aber nicht.

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Den Titel des gesamten Abends hat Demis Volpi seiner eigenen Choreographie „One And Others“ entnommen, die 2015 in Uruguay uraufgeführt wurde und in Duisburg das Zweite der drei Stücke ist. Im Zusammenspiel mit einem Streichquartett des griechischen Komponisten Christos Hatzis, der auch Zuggeräusche und Kehlkopfgesänge der Inuit in seine Musik einfließen lässt, entfaltet Volpis Choreographie für fünf Paare eine geradezu rätselhaft-mystische Aura. Weit ausholende Armbewegungen der Tänzer, die sich in sich bewegenden und verformenden Lichtkegeln befinden, prägen den Beginn des Stückes.

Beleuchtung unterstützt in Duisburg die tänzerische Polyphonie

Der helle Bühnenboden und die kräftige Beleuchtung von Claudia Sanchez vermitteln den Eindruck, dass hier in einer Eislandschaft getanzt wird. Volpi gelingt es, die tänzerische Polyphonie, die Wheeldon versprochen hat, viel glaubhafter und virtuoser umzusetzen. Wenn nämlich alle fünf Paare gleichzeitig vollkommen unabhängige Pas de deux tanzen, entsteht durch getrennte Lichtkegel wirklich der Eindruck, dass hier jedes Paar für sich ist. Als zentrale Darsteller glänzen Doris Becker und Daniele Bonelli.

„Polyphonia“ konnte in Duisburg sein Versprechen von tänzerischer Vielstimmigkeit nicht ganz einlösen.
„Polyphonia“ konnte in Duisburg sein Versprechen von tänzerischer Vielstimmigkeit nicht ganz einlösen. © Deutsche Oper am Rhein | Bettina Stöß

Zum Finale gibt es „Salt Womb“ von Sharon Eyal und Gai Behar. Die Choreographie entstand 2016 für das Nederlands Dans Theater und war in Duisburg bereits im Sommer 2021 im Rahmen des Abends „Lost and Found“ zu sehen. Damals ging das Stück noch mit neun Tänzern über die Bühne, nun ist es auf 17 Akteure erweitert worden. Die archaisch-rituelle Tanzsprache erinnert an Strawinskys „Sacre de printemps“.

„Salt Womb“ besticht in Duisburg mit tänzerischer Wucht

Zur elektronischen Dampfhammermusik von Ori Lichik sind die Tänzer am Anfang in einem Halbkreis angeordnet und vollführen langsame und weit gespreizte Kniebeugen, später zucken die Hände in wuchtiger Gleichzeitigkeit. Im Zusammenklang mit der sich im Kreis drehenden Musik entfaltet das eine hypnotische Kraft, die das Publikum in den ersten Parkettreihen geradezu überrollt.

Im Rang nimmt man vor allem die Geometrie der Tanzschritte auf dem Bühnenboden wahr. Die Abläufe besitzen gar keine große tänzerische Virtuosität, entfalten aber durch die Präsenz der Gruppe eine große Wucht. Stark ist der Moment, wenn sich die Gruppe schließlich in der Mitte der Bühne zusammenfindet und sich der Tanz verdichtet, bevor er wieder aufgefächert wird. – Für die schweißgebadeten Tänzer aus „Salt Womb“ gibt es vom insgesamt gesehen sehr klatschfreudigen Duisburger Publikum den größten Beifall des Abends.

>> „ONE AND OTHERS“ NOCH DREI MAL IN DUISBURG

  • Der Ballettabend „One And Others“ dauert ungefähr 130 Minuten und hat zwei Pausen. Zu sehen ist das Stück noch am 7., 18. und 26. Mai.
  • Zum Saison-Ausklang bietet Ballettchef Demis Volpi außerdem am 25. Juni den Abend „Favorite Things“. Hier will das Ballett am Rhein noch einmal die tänzerischen Höhepunkte der Saison 2022/23 zeigen.
  • Mehr Informationen gibt es im Internet unter operamrhein.de.