Altstadt. Die Bürgerstiftung Duisburg lässt Heimatbegriffe künstlerisch umsetzen. Derzeit arbeiten Loomit und Bernd unter der A 59-Brücke im Innenhafen.

Muskulös, aber dennoch elegant wirkt der fast nackte, bärtige Mann. Aus seinem Oberschenkel hält er eine Weltkugel, eine weitere liegt zu seinen Füßen. Darüber prangt in einem großen, räumlich wirkenden Schriftzug das Wort „Mercator“. Zu sehen ist das Graffiti auf einem Brückenpfeiler der A59 an der Schifferstraße am Innenhafen. Es ist die neueste Kreation aus dem von der Bürgerstiftung Duisburg initiierten Projekt „Heimat-Graffiti“.

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Im vergangenen Jahr hatte die Stiftung Bürgerinnen und Bürger aus Duisburg nach ihren Vorstellungen von Heimat befragt. Davon wurde 30 Statements in Videos festgehalten und Sprayern zur Verfügung gestellt, um daraus Motive zur Gestaltung von Brückenpfeilern zu gewinnen. Eines davon kreist um den belgischen Kartographen und Gelehrten Gerhard Mercator, der die meiste Zeit seines Lebens in Duisburg verbrachte.

Duisburger Graffiti-Projekt wird vom Heimatministerium gefördert

Sprayer Nils Jänisch alias Bert hat sich auf fotorealistische Arbeiten spezialisiert.
Sprayer Nils Jänisch alias Bert hat sich auf fotorealistische Arbeiten spezialisiert. © FUNKE Foto Services | Foto: Michael Dahlke

Das Projekt arbeitet mit zehn Sprayern aus Duisburg, zehn aus Deutschland und weiteren zehn internationalen Künstlerinnen und Künstlern. Möglich wurde es durch eine Förderung des Heimatministeriums NRW.

Das aktuellste Werk ist eine Arbeit des Graffiti-Teams Loomit und Bert. Es vereint nicht nur zwei Generation von Sprayern, sondern auch unterschiedliche Ansätze. Die Gestaltung von Schrift spielt für Loomit, der seit beinahe vier Jahrzehnten künstlerisch mit der Sprühdosen arbeitet, eine zentrale Rolle. Sein junger Kollege Bert ist dagegen auf fotorealistische Arbeiten spezialisiert.

Für das Mercator-Graffiti hat Loomit eine traumhaft wirkende Schrift entwickelt, die sich in den Himmel zu recken scheint. In Brauntönen greift er Elemente aus Mercators Karten auf. Der erste Atlas Mercators, veröffentlicht 1595 ein Jahr nach seinem Tod, hat Bert zu seinem Motiv inspiriert. Zunächst hielt der Sprayer die Titelseite des Atlanten für ein Porträt Mercators. Tatsächlich stellt es aber den mythologischen König Atlas aus Mauretanien dar, der als Kenner der Gestirne und ihrer Kugelgestalt galt. Damit wurde er zum Namensgeber aller Atlanten.

Künstler fürchten sich nicht vor Vandalismus: „Die Szene hat Respekt für die Arbeit anderer“

Sprayer Loomit ist seit vier Jahrzehnten in der Szene aktiv.
Sprayer Loomit ist seit vier Jahrzehnten in der Szene aktiv. © FUNKE Foto Services | Foto: Michael Dahlke

Die Mercator-Säule geht also weit zurück in die Geschichte Duisburgs und ist, wie es im Untertitel der Aktion heißt, „Geschichte auf Beton“. Wie lange angesichts solcher Zeiträume wohl das Mercator-Graffiti hält? „Zehn Jahre mindestens“, ist sich Loomit sicher. Die Qualität ihrer Farben sei erstklassig und die Grundierung auch. Und Aktionen anderer Sprayer fürchtet er nicht. „Die Szene hat Respekt für die Arbeit anderer.“

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Allerdings könne sich natürlich jeder eine Sprühdose kaufen und beispielsweise seinen Liebeskummer verarbeiten. Steht bei den Heimat-Graffitis die Arbeit der Sprayerinnen und Sprayer im Zentrum, so ist die Aktion zugleich ein Multi-Media-Projekt. Parallel entstehen ein Buch mit Fotografien von Thomas Berns und ein Film zum Projekt, verriet Jörg Löbe, Vorsitzender der Bürgerstiftung Duisburg. Als Werbung für den Film ist zurzeit direkt neben der Mercator-Säule ein weiteres Graffiti in Arbeit, das von Lukas Pethe, dem künstlerischen Leiter der Aktion, und Pascal Maßbaum gestaltet wird.