Duisburg. Die „Rocky Horror Show“ ist an diesem Wochenende im Theater am Marientor in Duisburg zu Gast. So hat das Kult-Musical unserem Kritiker gefallen.

Seit fast 50 Jahren wirbelt der „Sweet Transvestite“ Frank’n’Furter über die Bühnen der Welt. Jetzt ist die Hauptfigur der „Rocky Horror Show“ in einer aufgefrischten Inszenierung des Musicals im Theater am Marientor zu Gast – wie es sich gehört in in High Heels, Strapsen und Corsage.

Die Produktion mit überwiegend britischen Darstellerinnen und Darstellern feiert den Kult weiter, dabei wird mit Geschlechtergrenzen gespielt, werden Lust und Liebe gefeiert, geht es aber auch durch die Abgründe von Verrat und Mord. Ein Besuch in Frank’n’Furters Gruselschloss ist noch immer amüsant, lässt sich nach der ersten Aufführung am Donnerstag bilanzieren.

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Welten prallen in dieser schrägen Mischung aus Gruselkabinett, schrillen Kostümen, Travestie und ekstatischem Rock aufeinander. Das biedere Pärchen Brad und Janet hat in einer Gewitternacht eine Autopanne und gerät auf der Suche nach Hilfe in ein düsteres Schloss. Dort werden sie von dem buckligen Diener Riff Raff empfangen.

Viel Bühnennebel und aufwendige Lichteffekte sorgten für Grusel bei der „Rocky Horror Show“ im Duisburger TaM.
Viel Bühnennebel und aufwendige Lichteffekte sorgten für Grusel bei der „Rocky Horror Show“ im Duisburger TaM. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Im finsteren Gemäuer lebt eine Gruppe von Außerirdischen einen Traum aus Sex, Trash und Rock’n‘Roll. Noch mit dem Schrecken in den Augen macht das prüde Paar neue sexuelle Erfahrungen und landet nacheinander im Bett des Schlossherrn Frank’n’Furter.

In Duisburg blieb das Publikum brav

Das Musical entwickelte sich schon in seinen frühen Jahren zu einem Kult. Und der Begriff Kult ist hier wörtlich zu nehmen. Für viele Menschen wurde das Stück zu einer gemeinsamen rituellen Handlung, für die man sich in passend kostümierte, bei der man mitsang und tanzte und an bestimmten Stellen mit Reis oder Klopapier warf.

In Duisburg bleibt das Publikum vergleichsweise brav. Stilecht aufgebrezelt erscheinen nur wenige, es überwiegen ein lässiger Look oder kulturkompatibles Schwarz. Reis oder andere Lebensmittel werden nicht geworfen, stattdessen gibt es am Merchandising-Stand Taschen mit Konfetti, Wasserpistolen und Leuchtstäben.

Band und Darsteller sind erstklassig

Musikalisch getragen wird die Inszenierung von einer erstklassigen fünfköpfigen Band, die an den richtigen Stellen musikalisch hyperventilieren kann. Am besten aber ist sie, wenn sie schnörkellos und knochentrocken los rockt. Unter der Regie von Sam Buntrock tanzt und singt das Ensemble geschlossen und hochprofessionell. Optisch gibt es bei der Kombination aus Bühnennebel, aufwendigem Licht und Kostümen einige emotionale Momente.

Richtig packend wird der Abend durch Claire Keenan (Janet), Sev Keoshgerian (Brad) und vor allem Oliver Savile als Frank’n’Furter. Claire Keenan schafft die Wandlung von der jungfräulichen Janet zur Verführerin bestens. Und Sev Keoshgerian lässt den Brad zunächst fast in übergroßen Boxershorts verschwinden, hüpft dann aber wie ein ausgelassenes Kind im Glitzermieder über die Bühne.

Oliver Savile fasziniert als Frank’n’Furter

Ein wahrer Glücksgriff allerdings ist Oliver Savile. Der muskulöse Hüne hat eine enorme Ausstrahlung. Als wären sie ein Teil seines Körpers, bewegt er sich lässig und mit einer faszinierenden Präsenz auf seinen High Heels. Sein Spiel geht bis in seine Augenwinkel und zeigt die unterschiedlichen Facetten seiner Figur auf. Zwischendurch spielt er noch locker mit dem Publikum.

Als Erzähler steht in Duisburg Martin Semmelrogge auf der Bühne, der seinen Part mit kleinen Provokationen an das Publikum und schnoddrigen Kommentaren würzt. Da Songs wie „Time Warp“, „Sweet Transvestite“ oder „Touch-A, Touch-A, Touch Me“ noch immer zünden, war es ein durch und durch unterhaltsamer Abend. Subversiv wie in den Siebzigern ist die Show allerdings kaum noch.

Zum Finale gab es Standing Ovations, mehrere Zugaben und noch mehr Konfetti. Danach übernahm das Reinigungsteam. Die „Rocky Horror Show“ ist noch am 29. und 30. April um 19.30 Uhr sowie zusätzlich am 30. April um 15 Uhr und am 1. Mai um 14 Uhr zu sehen. Tickets an der Abendkasse oder unter www.rocky-horror-show.de.

>> IN DEUTSCHLAND GAB’S ZUERST DEN FILM

  • Text und Musik der „Rocky Horror Show“ hat der Schauspieler Richard O’Brien 1973 geschrieben: Die Uraufführung fand im gleichen Jahr auf einer kleinen Londoner Bühne vor 63 Besuchern statt. Doch schnell wurden die Bühnen größer.
  • In Deutschland wurde das Stück zunächst durch die Film-Version „The Rocky Horror Picture Show“ von 1975 vor allem in Universitätsstädten bekannt. Die Kinos waren anschließend renovierungsbedürftig. An die erste deutsche Inszenierung wagte sich 1980 das Essener Grillo Theater.