Duisburg-Dellviertel. Mit der Kamera zieht die Fotografin und Street-Art-Künstlerin Gianna Reich durch Duisburg. Wir zeigen Motive aus ihrem neuen Kalender.

Das Handy von Gianna Reich ist ihr fotografisches Tagebuch. Wenn die Streetart-Künstlerin und Erfinderin des „Dellephant“ nicht gerade mit einer analogen oder digitalen Spiegelreflex-Kamera unterwegs ist, hält sie ihre Eindrücke mit dem Mobiltelefon fest. Zum Jahresende hat sie nun hunderte Schnappschüsse gesichtet, zusätzlich andere Fotos, die im Laufe der vergangenen Monate entstanden sind, und daraus einen Kalender gemacht. „Quick & Dirty“ hat sie ihn genannt und präsentiert darin unverstellte Motive aus Duisburg und der Umgebung.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Statt lila Sonnenuntergängen über Tiger und Turtle hat Gianna Reich zum Beispiel durch die Scheibe eines Sonnenstudios fotografiert – die Kabinen in violettes Licht getaucht. „Daran kann ich nicht vorbei gehen“, erzählt sie lächelnd. Grünlich schimmern die Leuchten am neuen Uni-Audimax. Der Stadtwerketurm kommt indes komplett ohne Licht aus, sondern ragt nur als Gerippe nach oben.

Fotografin Gianna Reich findet: „Duisburg ist unterschätzt“

Der zusammengeklebte Duisburger Hauptbahnhof ist mittlerweile ein Klassiker und darf auch in dem Kalender von Gianna Reich nicht fehlen.
Der zusammengeklebte Duisburger Hauptbahnhof ist mittlerweile ein Klassiker und darf auch in dem Kalender von Gianna Reich nicht fehlen. © RR | Foto: Gianna Reich

Das Titelbild des Kalenders „ziert“ das Hoist-Hochhaus. Mit „Skyline Duisbronx“ hat die 35-Jährige das Motiv bei Instagram beschrieben. Dort hat sie sich längst als „Moinbummschack“ bei mehr als 1100 Abonnenten einen Namen gemacht. „Neulich hat mich jemand angesprochen und gemeint: ,Du bist doch Moinbummschack’ – der Name prägt sich offenbar ein...“

Schon als Schülerin war Gianna Reich von der Fotografie fasziniert

Gebürtig aus der Nachbarstadt Mülheim, kam Gianna Reich nach einer Zwischenstation in Karlsruhe, 2016 nach Duisburg – und zog ins Dellviertel. „Duisburg ist unterschätzt“, findet sie. Zunächst erkundete sie die Stadt aus der Streetart-Perspektive. „Urban Exploring“ nennt sie das. Später markierte sie selbst mit dem „Dellephant“ ihr Revier.

Auch interessant

Die Fotografie hat sie schon während der Schule fasziniert und begleitet. Aber eigentlich ist sie erst über die Streetart wieder zum Fotografieren gekommen. Wenn sie unterwegs war, packte sie auch ihre Kamera ein. „Leider ist es in letzter Zeit dazu gekommen, dass Kunstwerke von mir, aber auch von anderen wie zum Beispiel von Piranha und Zaunkönig zerstört oder durchgestrichen wurden. Das kann einem mit Fotos nicht passieren.“

Während der Corona-Pandemie startete sie in den sozialen Netzwerken eine Foto-Challenge. „Wenn man nicht mehr an der Uni ist, lernt man nicht mehr so viel dazu. Aber ich wollte mich auch mit anderen über Fotos austauschen.“ Das ging so: Jemand schlug via Instagram ein Thema vor und Gianna Reich sammelte und veröffentlichte diese. Mal standen Bilder mit der Farbe Blau im Mittelpunkt, dann war das Motto weiter gefasst und hieß einfach „Scheißtag“. „Dabei hat sich gezeigt, dass selbst das Landesarchiv, das vielleicht ein eher abgelutschtes Motiv ist, doch von jedem anders gesehen werden kann.“

Auf dieses Schwarz-Weiß-Bild ist Gianna Reich besonders stolz. Es zeigt das „An- und Verkauf“-Fachgeschäft „Crash Cash“ gegenüber des Kant-Parks.
Auf dieses Schwarz-Weiß-Bild ist Gianna Reich besonders stolz. Es zeigt das „An- und Verkauf“-Fachgeschäft „Crash Cash“ gegenüber des Kant-Parks. © RR | Foto: Gianna Reich

Beiläufige und besondere Foto-Momente

Sie selbst mag indes lieber die beiläufigen, besonderen Foto-Momente. So ist in dem Kalender auch ein Schwarz-Weiß Foto des An- und Verkaufladens „Crash Cash“: „Das Foto gefällt mir total gut, aber die Geschichte dahinter ist auch traurig. Den Laden gibt es bestimmt nicht ohne Grund gegenüber vom Szene-Treffpunkt im Kant-Park.“

Mit ihren Bilder hatte die Wahl-Duisburgerin inzwischen Ausstellungen in einem leerstehenden Ladenlokal in der Altstadt. Außerdem ist sie beim Soziokulturellen Zentrum Stapeltor aktiv und beim Kunstmarkt in der Cubus Kunsthalle vertreten. Die Zahl der Kalender, die sie jedes Jahr druckt, ist limitiert. „Ich nummeriere jedes Exemplar durch. Es gibt nur 100 Stück. Es soll bewusst etwas für Liebhaber bleiben.“ Die Nachfrage habe im Vergleich zum vergangenen Jahr aber deutlich angezogen.

Nachdem sie nun die Motive für „Quick & Dirty“ sortiert hat, möchte sich Gianna Reich künftig einen weiteren Wunsch erfüllen – sie möchte gerne ein Foto-Buch gestaltet. Nichts, was man im Drogeriemarkt bekommt und in dem typischerweise Handybild-Sammlungen landen. „Ich möchte einen richtigen Bildband über Duisburg machen.“

>> Hier gibt’s die Kalender

Der Kalender „Quick & Dirty“ zeigt Fotos aus Duisburg, manchmal aber auch aus der Umgebung.
Der Kalender „Quick & Dirty“ zeigt Fotos aus Duisburg, manchmal aber auch aus der Umgebung. © FUNKE Foto Services | Foto: STEFAN AREND

Wer sich einen Kalender sichern möchte, kann Exemplare etwa bei „Onkel Stereo“ an der Wallstraße oder beim Turn-Headshop an der Kasinostraße bekommen. Sie kosten zehn Euro.

Auch beim Kunstmarkt in der Cubus Kunsthalle ist Gianna Reich in diesem Jahr wieder vertreten.