Duisburg. Diskriminierende Denkmuster sind in der Gesellschaft und auch in Behörden tief verwurzelt. So geht das Jobcenter Duisburg mit dem Problem um.
Menschen mit Migrationshintergrund werden im Alltag häufig mit Problemen konfrontiert, die Menschen ohne Migrationshintergrund nicht haben. Dieses Phänomen, das innerhalb von Behörden auftritt, heißt institutioneller Rassismus. Drei Forscherinnen der Universität Duisburg-Essen haben unterschwellige Diskriminierung in Behörden untersucht.
Drei Kurzstudien haben Alexandra Graevskaia, Katrin Menke und Andrea Rumpel für das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung verfasst, dass dabei ist, einen nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor aufzubauen. Denn diese Probleme sind noch immer tief in der Gesellschaft verankert, erklärt Graevskaia.
Rassismus zeigt sich, wenn Menschen in Kategorien eingeteilt werden
„Rassismus geht über individuelle Vorurteile und Einstellungen hinaus. Er zeigt sich beispielsweise daran, dass in der Mehrheitsbevölkerung stereotype Zuschreibungen bestehen und Menschen nach Nationalität, Ethnie, Kultur und Religion gruppiert werden.“ Die drei Wissenschaftlerinnen wollten herausfinden, wie sich diese rassistischen Denkmuster in Behörden verankert haben.
In verschiedenen Bundesländern sprachen sie dazu mit Führungskräften der Polizei, mit Mitarbeitenden in Jobcentern und Gesundheitsämtern. Sie stellten fest, dass diese mindestens unsicher im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturkreisen waren und sie durchaus unterbewusst in Kategorien wie Herkunftsland oder Religion aufteilten, aber auch „gute“ und „schlechte“ Motive zur Flucht festlegten.
Forscherinnen fordern, dass Behörden ihre Abläufe hinterfragen
So würden muslimische Frauen oft entweder nicht als Erwerbstätige angesehen oder in Billigjobs gelotst. Andrea Rumpel betont: „Institutioneller Rassismus funktioniert auch dann, wenn einzelne Mitarbeitende rassistische Denk- und Handlungsweisen ablehnen.“ Behörden müssten ihre Routinen kritisch hinterfragen und die Entscheidungen systematisch prüfen.
Das Jobcenter Duisburg haben die Forscherinnen nicht befragt, doch das Phänomen des institutionellen Rassismus ist der Behörde bewusst, erklären Pressesprecherin Iris Withake und Geschäftsführer Frank Böttcher gemeinsam. „Uns ist ebenfalls daran sehr gelegen, Abläufe so zu gestalten, dass sie Diskriminierung nicht fördern“, sagt Withake.
Jobcenter Duisburg betreibt viele Maßnahmen zur Antidiskriminierung
Allgemein strebe das Jobcenter an, allen Kundinnen und Kunden vorurteilsfrei zu begegnen und ihre individuellen Stärken zu fördern, auch um Vielfalt zu leben, sagt Frank Böttcher. Durch eine strenge Gleichbehandlung im Bewerbungsprozess habe das Jobcenter den Anteil der Beschäftigten mit Einwanderungsgeschichte beim eigenen Personal steigern können.
„Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Mitarbeiterschaft im Wesentlichen ein Spiegelbild der Kundschaft darstellt, sodass entsprechende interkulturelle Kompetenzen und Sprachkenntnisse dauerhaft im Personalstamm verfügbar sind“, sagt er.
Mitarbeitende erhalten eine Schulung zur Sensibilisierung
Ferner durchliefen alle neuen Mitarbeitenden seit Jahren eine Schulung, die sie sensibilisieren soll. Darin befassen sie sich mit interkultureller Kommunikation und Konfliktmanagement, Stereotypen und Vorurteilen, kultureller Prägung und Identität und speziell der türkischen Kultur. „Die Lerninhalte und Module sind eine Eigenentwicklung des Jobcenters Duisburg und werden laufend an veränderte Bedürfnisse angepasst und fortentwickelt“, schildert Böttcher. Um das tägliche Miteinander zu fördern, erhielten die Mitarbeitenden einen Kalender, in dem die wichtigsten religiösen Festtage und Feste eingetragen sind.
Da gerade hinreichende Deutschkenntnisse für eine Vermittlung notwendig sind, unterhält das Jobcenter Duisburg eine eigene Sprachberatung und schafft Angebote, insbesondere für Geflüchtete.
Ombudsleute vermitteln bei Beschwerden
Trotz all dieser Maßnahmen würden Beschwerden ernst genommen, meint Withake: „In diesem Fall gibt es vielfältige Wege, wenn Kundinnen und Kunden mit der Dienstleistung nicht zufrieden sind oder sich diskriminiert fühlen“, erläutert sie. „Neben der Widerspruchsstelle gibt es Ombudsleute, die als unparteiische Streitschlichter zwischen Kundinnen und Kunden und dem Jobcenter vermitteln, außerdem ein Kundenmanagement.
„Aus diesen Kanälen gebe es keine Erkenntnisse, die auf institutionellen Rassismus schließen ließen. „Äußerungen von Kunden zu Diskriminierung fallen auch in emotional sehr geladenen Konfliktsituationen, lassen sich in der Regel aber bei der anschließenden Besprechung des Sachverhalts auflösen.“
Enge Zusammenarbeit mit Stadtverwaltung und Agentur für Arbeit
Das Jobcenter stehe zudem in engem Kontakt mit der Stadtverwaltung und der Agentur für Arbeit Duisburg, die als Trägerin fungiert. „Wir tauschen uns lokal und überregional aus, sind auf Landes- und Bundesebene mit anderen Institutionen vernetzt und nutzen dies, um stetig an unserer Weiterentwicklung zu arbeiten“, versichert Withake.
>> DIE LINKE IN DUISBURG LÄDT ZU DISKUSSIONEN EIN
- Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus führt Die Linke Duisburg eine Diskussion mit den Autorinnen der Studie durch. Dabei gehen die drei Forscherinnen auf Erkenntnisse ihrer Arbeit ein.
- Die Veranstaltung findet am Dienstag, 22. März, von 17.30 bis 20 Uhr im Ratssaal der Stadt Duisburg statt. Anmeldung unter: buero@linksfraktion-duisburg.de oder 0203 9308692