Duisburg. Thomas Kutschaty, SPD-Spitzenkandidat bei der NRW-Landtagswahl, schaut sich Duisburg-Hochfeld an. Begleiter reden über Chancen und Probleme.
Gegenüber vom bulgarischen Kiosk an der Friedenstraße in Duisburg-Hochfeld hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gebag eine Flagge aufgestellt. Ein Banner mit der Aufschrift „Zukunft“ hängt an einem Zaun daneben. Wie die aussehen kann, will am Donnerstag Thomas Kutschaty, SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, wissen.
Auf Einladung von „Duisburg Business & Innovation“ (DBI) ist Kutschaty in Hochfeld unterwegs. Er soll erfahren, wie sich der Stadtteil zwischen City und Rhein in den kommenden Jahren verändern wird – und wo es noch etwas zu tun gibt. Gebag-Chef Bernd Wortmeyer bezeichnet Hochfeld nur einmal als „Problem-Stadtteil“, er spricht lieber von Chancen, die sich hier bieten.
Begleitet wird Spitzenpolitiker Kutschaty, der den CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst ablösen will, von einem großen Tross. Oberbürgermeister Sören Link, die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp, Bezirksbürgermeisterin Elvira Ulitzka und Ratsfrau Andrea Demming-Rosenberg gehöre ebenso dazu wie DBI-Chef Rasmus C. Beck, Stadtentwicklungsdezernent Martin Linne und Stadtdirektor Martin Murrack.
Auch Vertreter vom Initiativkreis Ruhr sind dabei. Busfahrer Jackup Hajrizay chauffiert die Gruppe durch Hochfeld und erntet Szenenapplaus, als er mal wieder haarscharf vorbei an parkenden Autos, Schildern und die auch sonst engen Seitenstraßen bugsiert.
Nach Duisburg-Hochfeld sind in den vergangenen Jahren viele Fördergelder geflossen
Quartiersmanager Dennis Ifkovitz von der Gebag gibt den Conférencier. „Ich bin seit 2008 im Stadtteil. Sagen wir es so: In Hochfeld verliebt man sich nicht auf den ersten Blick.“ Die Gebag ist mit rund 960 Wohnungen einer der größten Vermieter im Stadtteil. Er habe damals einer Musikerin, die bei „Les Misérables“ spielte, eine Wohnung vermietet und sie etwas verwundert gefragt, warum sie denn ausgerechnet Hochfeld schätze. Die Antwort war: Weil es tagsüber und nachts lauter ist und es keinen stört, wenn ich rund um die Uhr Geige übe.“ Das habe ihm die Augen geöffnet.
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Der Bus startet an der Alten Feuerwache. Das Stadtteilzentrum soll künftig von der Arbeiterwohlfahrt genutzt werden und würde damit zu neuem Leben erweckt. „Hier nebenan haben wir Häuser gekauft und mit Mitteln aus dem Modellprojekt zum Ankauf von Problemimmobilien des Landes, abgerissen“, sagt Wortmeyer und zeigt auf die freie Fläche. „Das ist gut investiertes Geld.“
Tour führt zum Rheinpark, aber auch am Blauen Haus vorbei
Die Liste der Politikerbesuche in Hochfeld ist lang. EU-Kommissar László Andor machte sich ebenso ein Bild vor Ort wie der damalige Bundespräsident Joachim Gauck und NRW-Innenminister Herbert Reul. In den vergangenen Jahrzehnten ist schon viel Geld für die Stadtentwicklung nach Hochfeld geflossen. Immerhin: Wer aufmerksam aus dem Fenster schaut, sieht nicht nur die Vorzeige-Projekte, sondern auch, wo es noch Handlungsbedarf gibt.
Zunächst geht es erst einmal zum Vorzeige-Projekt „Rheinort“, das ausnahmsweise nicht von der Gebag realisiert wird. „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Aber das ist ein gutes Zeichen“, erklärt Ifkovitz und erläutert, wie sich das Areal in den nächsten Jahren verändern wird. Auch gegenüber am Grünen Ring wird ein kurzer Stopp eingelegt. Dieser soll als grüne Trasse für Fahrradfahrer und Fußgänger dienen, die vom Bahnhof Richtung Rheinpark wollen, um zum Beispiel die Internationale Gartenausstellung 2027 zu besuchen.
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Der Sozialdemokrat Thomas Kutschaty stammt aus dem Essener Norden. „Ich kenne Duisburg. Das erschüttert mich nicht“, sagt er. Er erkundigt sich, was die Mieten im Schnitt kosten. In unsanierten Gebäuden starten die bei 4,50 Euro. In besseren Häusern können es auch sechs Euro sein. „Soziale Mieten sind hier nicht das Thema. Wichtig ist, Qualität in den Stadtteil zu bringen“, sagt Kutschaty.
Angesprochen auf die jüngsten Häuserräumungen, stärkt er OB Link und der Stadtverwaltung ausdrücklich den Rücken. „Wenn es um Brandschutz geht, muss gehandelt werden.“ Er glaubt, dass mit den Maßnahmen nicht nur die Mieter, sondern auch die Vermieter getroffen werden. „Es kann nicht sein, dass sich mit der Vermietung von Matratzenlagern der Kaufpreis eines Hauses innerhalb von drei Jahren amortisiert.“
Stadt und Gebag haben in der Vergangenheit auch Schrottimmobilien angekauft
Ratsfrau Andrea Demming-Rosenberg fragt etwas ironisch: „Kommen wir auch an unserem Lieblingshaus vorbei?“ Sie meint ein Mehrfamilienhaus an der Sedanstraße gegenüber des Blauen Hauses, dessen Umbau ebenfalls mit Fördergeldern realisiert wurde. Von außen sieht es abgewohnt aus, doch der Eigentümer möchte partout nicht verkaufen.
Als die Politiker dort vorbei kommen, finden allerdings tatsächlich Bauarbeiten statt. „Der Eigentümer möchte dort Arbeiterwohnungen einrichten. Wie die dann aussehen, kann man natürlich nicht sagen, aber sicherlich besser als jetzt“, kennt Ifkovitz den Stand der Dinge. Er lobt den Einsatz von Sozialarbeiter Nikita Grojsman, dem es gelingt, ein Angebot für viele Kinder und Jugendliche zu machen.
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Als die Gruppe am Hochfelder Markt vorbei kommt, braucht die Delegation etwas Fantasie, um sich vorzustellen, wie schön der Platz einmal aussehen könnte – und was sich noch alles an der Schule tun soll. „Dort gibt es eine ganz engagierte Schulleiterin, die tolle Arbeit macht. 90 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund. Hier gehen auch viele Kinder aus Bulgarien und Rumänien auf die Schule“, weiß OB Sören Link um die Situation. Rektorin Jennifer Poschen hatte in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass sie und ihr Team am Limit sind – Corona setzte dem ganzen noch die Krone auf.
Thomas Kutschaty schaut sich kommende Woche Sechs-Seen-Wedau an
Am Ende geht’s für die Gruppe noch zum City-Wohnpark. Das Quartier aus den 1970er Jahren wird derzeit aufwendig saniert. Auf dem Dach eines der Hochhäuser nutzen Bernd Wortmeyer, Dennis Ifkovitz und Sarah Phillip noch einmal die Gelegenheit ihrem Gast Kutschaty zu zeigen, wie nah die Innenstadt an Hochfeld und dem Rhein liegt. Der ist beeindruckt und wird Duisburg im Wahlkampf noch das eine oder andere Mal besuchen. Schon kommende Woche kehrt er mit der Bundesbauministerin Klara Geywitz zurück und wird Sechs-Seen-Wedau inspizieren.
>> Landtagswahl am 15. Mai 2022
- Am 15. Mai wird in NRW ein neuer Landtag gewählt. Etwa 319.000 Duisburgerinnen und Duisburger sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.
- Duisburg hat dann nur noch drei statt vier Wahlkreise. Sarah Philipp tritt im Duisburger Süden für die SPD an. Sie gilt als Favoritin für den Wahlkreis I. Hochfeld gehört zum Wahlkreis II, dort ist Benedikt Falszewski der SPD-Kandidat.