Duisburg. Das neue Krankenhaus-Gesetz soll die Klinik-Landschaft in NRW neu ordnen. Das wird auch Folgen für Duisburg haben. Diese Probleme sehen Experten.
Den Kliniken verordnet NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) mit dem neuen Krankenhausplan eine tiefgreifende Reform. Das Ziele: Überversorgung in den Ballungsräumen beseitigen, die Spezialisierung und Expertise in großen Zentren fördern, Kosten dämpfen und dennoch die bestmögliche und ortsnahe Versorgung gewährleisten für alle Patienten. Für sie sollen das Leistungen der Häuser künftig transparenter sein. Laumanns Plan: Die Kliniken sollen sich zunächst in Regionalkonferenzen in den 16 „Versorgungsgebieten“ in NRW über ihr künftiges Portfolio verständigen. Das Motto: Nicht jeder soll alles machen. Die Geschäftsführer der Duisburger Kliniken sehen wenig Chancen auf gütliche Einigung.
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Wer sich äußert, das sind die Führungskräfte des Evangelischen Klinikums Niederrhein (EVKLN), der Sana Kliniken und Helios, lobt. Sie loben die Ziele der Reform. „Die Grundidee ist gut“, sagt nicht nur Dr. Andreas Sander, med. Geschäftsführer des Ev. Klinikums. „Wir sind am Vorabend einer größeren Krankenhaus-Krise“, glaubt Christian Engler, Regionalgeschäftsführer NRW von sieben Sana-Kliniken und 2018 kurzzeitig auch Chef einst städtischen Klinik am Kalkweg. Viele Häuser seien „hoch defizitär“, sagt Engler, und durch Verluste in der Corona-Krise zusätzlich unter Druck geraten: „Es wird weitere Pleiten geben.“
„Wenn zwei das Gleiche mache wollen, wird es Klagen des Unterlegenen geben“
Freiwillig werde deshalb niemand auf Leistungen verzichten, vermutet Franz Hafner, Geschäftsführer des Ev. Klinikums. Für ein moderiertes Verfahren gebe es „kein Drehbuch“, wohl aber die Ankündigung des Ministeriums, im Streitfall nach dem Prinzip der Bestenauslese zu entscheiden. „Wenn zwei das Gleiche machen wollen, wird es Klagen der Unterlegenen geben“, ahnt Hafner. Kontrahenten sind dabei nicht nur die Duisburger: Verhandelt wird über ein Versorgungsgebiet, zu dem auch die Kreise Wesel und Kleve gehören.
„Es gibt einen Verdrängungswettbewerb, dessen Auflösung nur über weniger Standorte funktioniert. Sonst geht man an den Vorhaltekosten kaputt“, meint der Leiter des Ev. Klinikverbundes. Herzkatheter-Messplätze sind dafür ein Beispiel. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren gestiegen – eine Aufrüstung mit Risiken. Denn sinnhaft ist ihr Betrieb nur mit einem 24-Stunden-Betrieb, die ohnehin teure Technik birgt erhebliche Folgekosten. Das Investment rentiert sich schwerlich, wenn immer mehr Kliniken um eine weitgehend stabile Patientenzahl konkurrieren.
„Duisburg ist eine der wettbewerbsintensivsten Städte in NRW“
Duisburg sei „eine der wettbewerbsintensivsten Städte in NRW“, sagt Christian Engler. Wie vielen Häusern das Ministerium schließlich das Erbringen bestimmter Leistungen erlaubt, ist auf für seine Amtskollegen eine entscheidende Frage. Denn die Beschränkung auf Basiskompetenzen in der Chirurgie und Inneren Medizin werde die Häuser auch personell in Bedrängnis bringen, fürchten sie: „Welcher Arzt will denn da arbeiten? Sie werden in die großen Zentren drängen.“ Letztlich, fürchtet Dr. Andreas Sander, fördere das einen Trend zur Monopolisierung. „Es fehlt der Anreiz, immer auf dem letzten Stand zu sein.“
Der Entzug von Kernkompetenzen, etwa in der Kardiologie, könne in einer dichten Krankenhaus-Landschaft vor allem kleinere Häuser in Bedrängnis bringen, glauben die Geschäftsführer. Warum ins kleine Haus nebenan gehen, wenn der Weg in die große Klinik auch nicht weit ist?
Außerdem wird sich der Trend zur ambulanten Behandlung fortsetzen. Seit Jahren sinken deshalb in vielen Leistungsbereichen die stationären Fallzahlen. Kliniken versuchen, sich durch die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und die damit verbundene Übernahme von Facharzt-Praxen den Zugriff auf die Patienten zu sichern. Neuausrichtungen erforderten möglicherweise innerhalb der Kliniken neuerliche Investitionen. Ob das Land helfen werde, diese zu stemmen, würden die Geschäftsführer gern vom Minister wissen.
„Die Reform ist sinnvoll – die Frage ist, wer sie überleben wird“
Wie es ausgeht, mit dem Nehmen und Geben, da gehen die Meinungen nur scheinbar auseinander. „Der Tausch von Leistungsbereichen hat schon vor 15 Jahren nicht funktioniert“, erinnert Dr. Andreas Sander. Das gehe durchaus, sagt Helios-Finanzvorstand Jörg Reschke. Zwischen verschiedenen Standorten der Kette praktiziere man das erfolgreich. Auch unter Konkurrenten sei das möglich, glaubt Reschke: „Qualität ist dabei die Währung, die zählt.“ Und Helios, das sagt der Finanzchef damit, geht mit gut gefülltem Geldbeutel an den Start. So spricht am Ende einiges für die düstere Prognose von Sana-Regionalchef Christian Engler: „Die Reform ist sinnvoll – aber die Frage ist, wer sie überleben wird.“