Duisburg. Dr. Mahdi Rezai, Leiter des Brustzentrums in der St. Anna Klinik in Duisburg-Huckingen, sorgt sich um die 2008 in Afghanistan gegründete Klinik.
Als die Taliban in Afghanistan 2003 besiegt schienen, ist Dr. Mahdi Rezai in seine Heimatstadt Herat in Afghanistan aufgebrochen und fand eine verrottete Frauenklinik vor. Der Arzt, der die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatte und als Kapazität bei der Behandlung von Brusterkrankungen in Düsseldorf und Duisburg tätig ist, war schockiert.
Während der Schreckensherrschaft der „Gotteskrieger“ durften männliche Ärzte Frauen nicht untersuchen und Frauen nicht arbeiten, die Frauenklinik war geschlossen. „In einem Raum von etwa 30 Quadratmetern waren zehn Frauen unter der Entbindung – alle Risikopatientinnen“, schildert Rezai, dass die Hälfte der Gebärenden in Lebensgefahr schwebte. Normalerweise entbinden die Frauen in Afghanistan zu Hause.
Die Taliban lassen die Klinik vorerst weiter arbeiten
Rezai, der seit 2019 Direktor des Europäischen Brustzentrums und Leiter des Brustzentrums in der Helios St. Anna Klinik in Huckingen ist, entschied, in Herat eine neue Klinik zu bauen. 2003 gründete er die Rezai-Stiftung, 2008 konnte ein Krankenhaus mit 100 Betten für Frauen und 25 Entbindungsplätzen eröffnet werden. 2010 folgte eine weitere Klinik für Brusterkrankungen. „Aktuell hatten wir bis zu 120 Entbindungen am Tag.“ Das sprengte die Kapazitäten, eine dritte Klinik ist im Bau.
„Unfassbar“ nennt Rezai den Rückzug des Westens aus Afghanistan. Als die Taliban Herat erreichen, wurden die Kliniken geschlossen. Auch weil der Anführer des Widerstands gegen die Taliban „Wand an Wand“ mit der Klinik wohnt. „Es gab Angst vor Raketenangriffen, die Patienten wurden evakuiert.“ Jetzt ist die Klinik wieder eröffnet: „Die Taliban haben zugesichert, dass wir arbeiten können und sollen.“
Klinikchefin und Ärzte sind geflüchtet
Doch die Klinikchefin habe sich in die Türkei abgesetzt, und wo die 30 Ärzte des Brustzentrums sind, die von Italien unterstützt wurden, weiß er nicht. „Sie sind nach Kabul evakuiert worden in der Hoffnung, dass es dort sicherer ist als in Herat.“ Sorgt er sich um die Klinik? „Sorgen ist kein Begriff“, sagt der 68-Jährige. Seit 40 Jahren herrsche Krieg in Afghanistan, „und ich war nie so besorgt wie diesmal“.
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Früher habe es die kleine Hoffnung auf Hilfe aus dem Ausland gegeben. „Aber nach 20 Jahren hat der Westen dem Land nicht die erwünschte Freiheit gebracht.“ Er habe sich nicht vorstellen können, dass auch die Deutschen die Menschen im Stich lassen und die humanitäre und wirtschaftliche Unterstützung aufgegeben würden. Vertrauen sei verloren gegangen. „Die Geschehnisse haben mich sehr mitgenommen.“
Im Moment erscheine es so, dass die Taliban sich verändert hätten. „Es wäre logisch, weil sie sich die Isolation vom Rest der Welt nicht leisten können.“ Doch das sei nur eine Hoffnung, keine Gewissheit. Wie es wohl weiter geht in Afghanistan? „Das hat nicht einmal die CIA gewusst, und ich weiß es noch weniger.“