Duisburg-Altstadt. Für die Fläche an der Steinschen Gasse in der Duisburger City gab es große Pläne. Nun wächst dort ein Stadtwald. Wie geht es dort weiter?
Seit Jahren tut sich nichts am Loch an der Steinschen Gasse. Pläne gab es viele, sämtliche scheiterten. Beklagten sich früher Anwohner, dass die Verkehrsanbindung in die Altstadt abgeschnitten sei, kommt nun noch eine Sichtbarriere hinzu. Und während anderswo in Duisburg über die Baumschutzsatzung debattiert wird, ist still und heimlich in bester City-Lage ein kleiner Wald herangewachsen. Für einen schönen Spaziergang taugt der aber nicht.
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„Der Stamm ist bestimmt schon fünf Jahre alt. Die Götterbäume gedeihen schnell und breiten sich aus“, sagt Heinz Kuhlen beim Rundgang um das Gelände des ehemaligen „Daddy“-Parkplatzes. Ein paar Meter weiter wächst sogar eine Feige. „Vielleicht hat mal ein Passant hier etwas weggeworfen und dann ist hier eine Feige gewachsen.“ An anderer Stelle lässt sich ein Admiral auf einem Schmetterlingsflieder nieder. „Für Insekten ist das hier toll. Und man darf nicht vergessen, dass auch diese Pflanzen Staub binden“, sagt Heinz Kuhlen. Und ruhig ist es obendrein.
Duisburger Polizei ist der Bereich an der Steinschen Gasse bekannt
Doch wer genau hinschaut, sieht, dass die Idylle trügt. Am Rand liegen Getränkeverpackungen, Scherben und sogar Spritzen. An der einen oder anderen Stelle ist der Bauzaun eingedrückt. Schneisen lassen vermuten, dass dort die eine oder andere Party gefeiert wurde. Jemand hat sich aus einer Kiste Bier und einer Palette sogar einen Tisch gebaut. „Wir wissen, dass dort hin und wieder Drogen konsumiert werden. Aber als Brennpunkt würden wir diesen Bereich nicht bezeichnen“, teilt Polizeisprecher Jonas Tepe mit.
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Rückblick: Früher gehörte die Fläche der Stadt. 2010 sollte dort ein Gesundheitszentrum gebaut werden. Ein Investor wollte die Schotter-Parkplätze in ein 35-Millionen-Projekt namens „Marientor Carree“ verwandeln. Zunächst wurde dort auch gebuddelt und die Archäologen machten interessante Entdeckungen: Ein Brunnen, ein Teil der alten Stadtmauer und der kaiserlichen Vorburg wurden entdeckt. Doch schon 2013 gab es erste Zweifel. Der damalige Kölner Projektentwickler Euro-Real teilte denn auch mit, dass dort keine Ärzte, sondern ein Pflegewohnheim sowie Wohnungen für Studenten entstehen sollten. Die Stadtverwaltung stand dem neuen Anlauf offen gegenüber. In einer Beschlussvorlage aus dem Jahr 2013 hieß es damals: „Ein zweiter Anlauf könnte doch noch die für das Altstadtquartier so wichtigen Impulse für eine Revitalisierung setzen und flankieren.“
Doch es passierte: Nichts. Der Investor und seine Partner sprangen ab. Die Interessengemeinschaft Altstadt, in der sich Händler und Nachbarn organisierten, machten ordentlich Stunk. Sie monierten, dass die Kunden den Weg nicht mehr in die Altstadt finden. Das Loch war auch mit ein Grund dafür, warum das Fachgeschäft „City Electronicer“ seinerzeit den Standort wechselte. Inzwischen ist der Laden von Lars Hoffmann komplett Geschichte.
Künstlerischer Protest nimmt Dauerbaustelle aufs Korn
Mit (künstlerischen) Aktionen wurde vor Ort Protest organisiert. 2013 schaufelten Mitglieder der Interessensgemeinschaft Altstadt Süd einen Teil der Baugrube wieder zu. 2015 machten sich Guerilla-Künstler einen Spaß daraus, eine fiktive Eröffnung zu feiern – mit Sekt und Eröffnungsrede. Das Ordnungsamt bekam davon nichts mit, denn das Gelände ist seit 2013 eingezäunt. Seitdem wird der Mietvertrag für den Bauzaun verlängert.
Es folgte ein weiteres „Interessenbekundungsverfahren“, in dem potenzielle Investoren Vorschläge unterbreiten sollten, was sie sich auf dem 7290 Quadratmeter großen Grundstück vorstellen könnten. Tatsächlich fand sich eine Firma aus Gronau, die das „Duo am Marientor“ realisieren wollte. Die Gebäude sollten die Architektur des Stadtfensters aufgreifen, Flächen für den Einzelhandel geschaffen werden, außerdem wurden Gespräche mit einem Hotelbetreiber geführt. Ein Bauschild war schnell zur Hand. Doch die Gespräche stockten. 2019 war es mit der Euphorie auch schon wieder vorbei. Das Projekt wurde abgeblasen, es hatten sich nicht genügend Mietinteressenten gefunden.
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Die Fläche ging schließlich im Jahr 2020 in das Eigentum der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gebag über. Zwischendurch überlegte die Gebag dort sogar, ihre eigene Zentrale neu zu bauen. Mittlerweile gab es einen Workshop, in dem Gebag und die Stadt Ideen sammeln, was dort passieren soll. Diese wurden dem Essener Architekturbüro „Kuschany und Zimmermann“ übergeben. Die Mitarbeiter sollen auf dieser Grundlage städtebauliche Vorschläge entwickeln. „Im Herbst sollen erste städtebauliche Ansätze zur weiteren Beratung vorliegen“, erklärt Stadtsprecher Sebastian Hiedels.
Die Verkehrssicherungspflicht obliege der Gebag. „Die Vegetation auf der Fläche wird nur bei Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit auf den umliegenden Gehwegen zurückgeschnitten. Zuletzt ist dies auch Mitte Juli erfolgt. Der Bauzaun schützt die Fläche grundsätzlich vor unbefugtem Betreten“, so Hiedels.
Von dem Wald werden sich die Anwohner und Naturliebhaber wohl irgendwann verabschieden müssen. „Da es bestehendes Planungsrecht für die Fläche gibt, ist die bestehende Vegetation nur Natur auf Zeit“, heißt es von Seiten der Stadt. Bei den Plänen, die nun entwickelt werden, soll aber auch neues Grün vorhanden sein. Um die Insekten machen sich die Experten jedenfalls keine Sorgen: „Bei den dortigen Insekten handelt es sich um mobile Arten, die den Verlust solcher Flächen kompensieren können, indem sie auf andere Flächen ausweichen.“
>> Verkehrsführung soll sich künftig ändern
- Die Haupterschließung der Altstadt soll künftig wieder über die „Klosterstraße“ erfolgen. Dazu muss diese aber erst einmal wieder „reaktiviert“ werden. „Es erfolgt eine Bündelung der Verkehre auf den Knotenpunkt der Klosterstraße/Steinschen Gasse“, heißt es in einer Vorlage über die im Frühjahr diesen Jahres die Bezirksvertretung Mitte beraten hat.
- Und weiter: „Die Klosterstraße ist so auszubauen, dass sie dem Rettungswegenetz dient.“ Der zusätzliche Verkehr, der durch die Entwicklung der Fläche entsteht, könne dann direkt über die Klosterstraße abgewickelt werden.