Duisburg. Die Stadt möchte im Zuge der IGA 2027 aus dem Kultushafen einen Stadtstrand machen. Warum der Duisburger Heinz Kuhlen dies für gefährlich hält.

Kleine Mauereidechsen wuseln über die Mauern am Kultushafen. Heinz Kuhlen schaut ihnen verzückt zu. Der 78-Jährige engagiert sich seit Jahrzehnten für die Natur in Duisburg. Seitdem die Stadt ihre Pläne für die Internationale Gartenschau 2027 vorgestellt hat, ist er jedoch beunruhigt.

Die Plänen sehen vor, den Kultushafen mit Sand zuzuschütten und daraus einen Stadtstrand zu machen. Der Südhafen könnte eine Marina werden und zwischen Rheinhausen und dem Rheinpark ein Pendelverkehr mit Booten organisiert werden.

Duisburger baut Internetseite „Kultushafen bewahren“ auf

Der Kultushafen aus der Vogelperspektive.
Der Kultushafen aus der Vogelperspektive. © Zoltan Leskovar

„Das wäre eine Schande. Wir reden immer über Artenvielfalt und Insektensterben und würden hier ein Stück Natur zerstören, das genau diesen Lebensraum bietet - ausgerechnet für eine Gartenschau“, sagt Heinz Kuhlen. Deshalb hat er jüngst die Internetseite „Kultushafen bewahren“ aufgebaut. „Die Stadt hat die Öffentlichkeit noch gar nicht richtig über ihre Pläne informiert. Deshalb: Wehret den Anfängen.“

Auf seiner Internetseite beschreibt er, warum dieser Hafenteil ein „besonderes Alleinstellungsmerkmal“ ist. Kuhlen argumentiert aus Sicht von Naturschützern, führt aber auch planerische und historische Gründe an, warum der Kultushafen erhalten bleiben sollte.

Natur bietet Lebensraum für Tiere und Pflanzen

Zunächst einmal geht es um die Natur: Dort, wo andere an der Uferböschung lediglich Gestrüpp wahrnehmen, sieht Kuhlen ein Biotop – einen Lebensraum für unzählige Insekten und Pflanzen. Kuhlen macht auf die nickende Distel, die sprossende Nelke oder die alte Kulturpflanze Färberwaid, die früher zum Färben von Kleidung genutzt wurde, aufmerksam.

Die Uferböschung ist laut Heinz Kuhlen ein Biotop – ein Lebensraum für unzählige Insekten und Pflanzen.
Die Uferböschung ist laut Heinz Kuhlen ein Biotop – ein Lebensraum für unzählige Insekten und Pflanzen. © Kuhlen

Und das sind nur die Kräuter. Bei den Gehölzen haben wir die Kartoffelrose, Brombeeren… Das alles ist Lebensraum für Insekten“, so Kuhlen. „Die sind wiederum wichtig für die Mauereidechsen, die sich von kleinen Fliegen ernähren. Das ist ein geschlossener Kreislauf.“ Die Natur hat sich den lange Zeit industriell genutzten Hafen zurück erobert.

Die historische Bedeutung

Im Süd- und Kultushafen haben schon länger keine Schiffe mehr angelegt. Dabei war es die im 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung, die aus dem Ackerstädtchen eine Hafenstadt machte. Entlang des Rheins siedelten sich Betriebe an. Südlich vom Kultushafen waren das etwa das Holzsägewerk Lange & Striebeck (1863), die Kabelwerke (1893), die Teerdestillation Leye (Rütgerswerke, Caramba 1874), das Sägewerk Brügmann (1883), die Firma Rheinstahl Wanheim und die Firma Matthes und Weber (Berzelius 1905), wie Kuhlen auf seiner Internetseite aufzählt.

„Historische Bedeutung hat der Bereich auch, weil eine Trajektanstalt gebaut wurde - die Brücke zwischen Rheinhausen und Hochfeld gab es ja noch nicht“, erklärt Kuhlen. Zwischen 1866 und 1874 wurden Eisenbahnen samt Kohlen, aber auch Personenwagen befördert.

Die Planung

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Gemeinsam mit anderen Städten im Ruhrgebiet möchte Duisburg die Internationale Gartenschau 2027 (IGA) ausrichten. Der Rheinpark soll einer der Hauptstandorte werden. Der Kultushafen könnte zum Hafenstrand werden und soll mit Sand aufgefüllt werden. Den Südhafen mit seiner parallel zum Strom verlaufenden Mole sehen die IGA-Planer als künftigen Sportboothafen, der zudem über Wassertaxis Anschluss hätte an andere Gartenschaustandorte und auf die andere Rheinseite. Die alte Eisenbahnbrücke zwischen Hochfeld und Rheinhausen soll durch neue Treppenanlagen Fußgänger zum Queren des Rheines motivieren.

Das sagt die Stadt

Das Thema Biodiversität und Nachhaltigkeit hat die Stadt laut eines Sprechers bei den Plänen zur IGA im Blick. Dazu werde auch die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet einbezogen. Deshalb unterstütze die Stadt das Anliegen von Herrn Kuhlen hinsichtlich der Biodiversität auch in diesem Bereich. Man befinde sich mit ihm dazu im Austausch.

Die betreffende Fläche sei im übrigen noch im Eigentum von duisport. Momentan, so der Stadtsprecher, befindeen sich alle Projekte zur IGA noch im Frühstadium auf Arbeitsebene.

Bei der Vorstellung der Pläne vor gut einem Jahr freute sich seinerzeit OB Sören Link: „Schon heute sind die großen Stadtentwicklungsprojekte Antworten auf die Frage, wie wir morgen leben wollen. Deshalb bin ich sicher, dass wir für die IGA – auch im Bereich der Freiraumentwicklung – die richtigen Schlüsse ziehen, um Duisburg in Zukunft noch lebenswerter zu gestalten.“

Mit der Gartenschau komme man dem Ziel, Duisburg näher an den Rhein zu bringen, ein gutes Stückchen näher. Genau davor warnt nun allerdings Heinz Kuhlen: „Wenn man das Becken mit Sand verfüllt, dann muss man an dieser Stelle den Dickelsbach verrohren und weiter vorne in den Rhein leiten. Und in Abgrenzung zum Rhein muss eine Mauer gebaut werden, damit das Wasser den Sand nicht wieder wegspült.“

Duisburger kennt dass Gebiet wie seine Westentasche

Der Duisburger, der nur 700 Meter Luftlinie vom Rheinpark entfernt wohnt und das Gebiet wie seine Westentasche kennt, befürchtet: Wird die Mole teilweise abgetragen, ändere sich das Fließverhalten des Rheins, Überschwemmungen - schon heute keine Seltenheit bei Hochwasser - könnten zunehmen.