Duisburg-Duissern. Die verfallene Henle-Villa am Duisburger Kaiserberg ist wieder zu einem Prachtbau geworden. Hier gibt es exklusive Einblicke mit vielen Fotos.
Das Edel-Quartier „Wilhelmshöhe“ am Duisburger Kaiserberg ist fast fertig. Als letzter Bauabschnitt wird derzeit das Kaiserpalais am Waldrand fertig gestellt. Wer hier oben einzieht – Kaufpreis 4000 Euro pro Quadratmeter – hat bei gutem Wetter einen Blick weit ins Rheinland. „Um den Kölner Dom zu sehen, müssten wir aber den Grafenberger Wald abholzen“, sagt Volker Flemming von der Firma Blankbau und lacht. Auch in die ehemals verfallene Henle-Villa, in der früher Wirtschaftsbosse und Politiker ein- und ausgingen, ist wieder Leben eingekehrt. Die Agentur „Kaiserberg Kommunikation“, ein Vermessungsbüro und die Firma Blankbau nutzen die prachtvollen Etagen. Ein Besuch.
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Wer zur Henle-Villa will, passiert eine Auffahrt. Früher hat sich der Hausherr hier hin chauffieren lassen oder der Besuch fuhr direkt vor. Benannt ist das Gebäude nach Günter Henle. Er erwarb die Villa 1937 und hatte in die Klöckner-Familie eingeheiratet. Als 1936 der einzige Sohn der bekannten Familie bei einem Autounfall starb, nahm Oberhaupt Peter Klöckner den Schwiegersohn Dr. Günter Henle als Teilhaber in das Unternehmen auf. Nachdem der Patriarch starb, stieg dieser an die Konzernspitze auf. Zuvor musste er allerdings 131 Fragen zur Entnazifizierung beantworten.
Duisburger Industrieller war in der Politik der Nachkriegsjahre gut vernetzt
Am 30. November 1945 wurde er mit 75 anderen führenden Stahlindustriellen verhaftet. Henle verbrachte den Jahreswechsel im britischen Lager Bad Nenndorf bei Hannover und durfte erst zwei Jahre später wieder sein Büro betreten. Die Westalliierten brauchten Verbündete – als Vorsitzender der Klöckner & Co.-Unternehmensgruppe wurde Henle in der jungen Bundesrepublik zu einem führenden Vertreter der rheinisch-westfälischen Eisen- und Stahlindustrie.
Henle gehörte von 1947 bis 1949 dem Frankfurter Wirtschaftsrat an, einem Vorgänger des Bundestags. Beispielsweise Adenauer fragte Henle bei Fragen zur Wirtschafts- und Außenpolitik um Rat. Nach einem europäischen Polit-Intermezzo in Straßburg, widmete er sich ab 1953 wieder stärker dem Konzern.
Dennoch bekam er immer wieder hochrangigen Besuch. „Ihm war das Treppenhaus zu klein und nicht repräsentativ genug“, erzählt Volker Flemming beim Rundgang. Also haben sie 1960 den Fahrenkamp-Anbau errichten lassen – mit stilvoller, breiter Treppe samt geschwungenem Geländer. Über diese ist selbst Adenauer einmal geschritten.
Imposante Treppe ist erhalten geblieben
Klaus Arens kommt schnellen Schrittes eben jene Treppe hinunter, um den Besuch zu empfangen. Er weiß um die imposante Wirkung. „Das Geländer ist erhalten geblieben. Das Bild haben wir extra für diese Stelle als Kontrast und Blickfang fertigen lassen“, erklärt er mit Blick auf die moderne Kunst. „Lorem ipsum“, steht auf dem Gemälde. Es ist der Blindtext, den Designer oder Grafiker oft verwenden, wenn sie einen Layout-Entwurf vorlegen.
Rechts von der Treppe befand sich früher ein Ankleidezimmer, heute ist es ein Besprechungsraum. „Die haben hier nicht schlecht gelebt“, weiß Flemming. In Absprache mit der Denkmalschutzbehörde wurde festgelegt, was erhalten bleiben musste und was verändert werden durfte. Die Kamine sind noch original. Klaus Arens hat darin einen Verstärker platziert.
Früher saß „Kaiserberg Kommunikation“ im Haus der Wirtschaft, gebaut von Foster. Zu den Kunden der Werbeagentur gehören unter anderem „Sinalco“, aber auch die Kampagne „Behandle deinen Müll nicht wie den letzten Dreck“ hat das Team für die Wirtschaftsbetriebe entwickelt.
Nicht nur wegen des Namens haben Arens und sein Partner überlegt, mit der Firma umzuziehen. „Die Größe des Büros unterscheidet sich eigentlich kaum, aber die Fläche ist jetzt besser nutzbar“, erklärt Arens. Zu seinem Bedauern liegt die Henle-Villa eben nicht am Kaiserberg, sondern an der Adresse „Wilhelmshöhe 8-10“.
Zwei Etagen darüber hat Volker Flemming sein Büro. Die Räume muten fast wie eine Wohnung an. Auf der einen Seite genießt man einen Blick über die verschiedenen Gebäude des Quartiers. Auf der anderen ist eine riesige Terrasse entstanden und eine Fensterfront, die die Räume mit Licht durchflutet. „Das ist einerseits modern und fügt sich von außen dennoch gut in die Optik der alten Villa ein“, ist Flemming dankbar, dass diese architektonische Finesse von den Ämtern bewilligt wurde.
Ursprünglich hatten Flemming und sein Kollege einmal überlegt, dass Büro an der Wilhelmshöhe nach Fertigstellung des Quartiers wieder aufzugeben und vielleicht in eine Wohnung zu verwandeln. Erst einmal werden sie die Räume an der geschichtsträchtigen Adresse aber behalten.
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