Duisburg. Nach Kritik an ihrer Arbeit setzt die Taskforce „Schrottimmobilien“ auf Dialog mit der Duisburger Politik. So beschreibt die Truppe ihr Vorgehen.

Die Taskforce „Schrottimmobilien“ hat seit ihrer Gründung vor vier Jahren 80 Häuser im Stadtgebiet untersucht und 70 anschließend geschlossen. Die Nutzungsuntersagung – diese führt dazu, dass die Bewohner ihre Wohnungen nicht mehr betreten dürfen – sei „immer das letzte Mittel“, betonte Andree Haack, Dezernent für Wirtschaft und Ordnung, am Montag im Ausschuss für Ordnungs- und Bürgerangelegenheiten. Dort berichtete die Leitung der Taskforce über ihre Arbeit.

Im Nachgang zu Räumungen in Hochfeld im März und im Juli hatten die Ratsfraktionen der Linken und Grünen das Vorgehen der Taskforce kritisiert. Es diene, so lautet die Kritik im Kern, nicht nur dazu, Menschenleben zu schützen, sondern habe auch zum Ziel, Zuwanderer aus Südosteuropa unter Druck zu setzen und ihnen den Aufenthalt in Duisburg zu verleiden.

Mit dem Vortrag im Ausschuss bemühte sich Haack, seit der Neuordnung der Dezernate für das Thema Ordnung zuständig, die Arbeit der Taskforce transparent zu machen.

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Taskforce-Leiter: Wollen Mieter vor unzumutbaren Verhältnissen schützen

Ziel sei es, Mieter vor unzumutbaren Verhältnissen zu schützen, skrupelloser Vermietungspraxis einen Riegel vorzuschieben und Sozialleistungsmissbrauch aufzudecken, erklärte Ralf Heuberg, Leiter der stätischen Stabsstelle „Besondere Projekte“.

Deshalb seien bei den Einsätzen nicht nur Fachleute von TÜV, Feuerwehr, Wirtschaftsbetrieben und Stadtwerken für die brandschutz- und sicherheitstechnische Beurteilung der Häuser mit dabei, sondern bei Bedarf auch Zoll, Jobcenter, Familiengeld-Kasse und Steuerfahndung. Man sei mittlerweile mit anderen Städten vernetzt, berichtete Oliver Kardas, stellvertretender Leiter der Stabsstelle: „Es gibt mittlerweile Vermieter, die sind bundesweit tätig.“

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Einsätze nach Hinweisen von städtischem Außendienst oder Jugendamt

Es gebe keine Liste von mutmaßlichen Schrottimmobilien, die von der Taskforce abgearbeitet würde, betonte Dezernent Haack. Eingeschritten werde, wenn es konkrete Hinweise auf Müllberge in Kellern, Hinterhöfen, Hauseingängen und Treppenhäusern gebe, auf lebensgefährliche Baumängel oder Scheinanmeldungen.

Das falle dem städtischen Außendienst (SAD) oder Mitarbeitern des Jugend- und Sozialamtes bei Besuchen auf, berichtet Oliver Kardas. „Bürgerhinweise zählen eher nicht, damit geschieht zu viel Missbrauch.“

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Müllberge, überbrückte Stromleitungen, verstellte Rettungswege und Schimmel

Nach einem Abgleich mit den Melde- und Eigentumsdaten falle die Entscheidung zum Einsatz, bei dem auch Dolmetscher und Mitarbeiter des Kommunalen Integrationszentrums (KI) sowie des Jugend- und Sozialamtes hinzugezogen würden, erklärte Kardas.

Vermüllung, versperrte Rettungswege, zerstörte Wohnungstüren, eine teilweise über mehrere Wohnungen überbrückte Strom- und Wasserversorgung sowie Feuchtigkeit und Schimmel „in massivster Ausprägung“ seien Klassiker unter den am häufigsten festgestellten Mängeln, berichtete die Taskforce-Leitung.

Parallel zur Begehung erfolgten melderechtliche Kontrollen der Bewohner. Im Anschluss falle nach einer Besprechung aller Beteiligten die Entscheidung darüber, ob gefährliche Mängel kurzfristig zu beseitigen seien oder eine Schließung der Immobilie anzuordnen sei.

Mieter kommen zumeist bei Angehörigen oder Freunden unter

Parallel zur Aktion werde der Eigentümer des Hauses informiert, weil er in der Pflicht sei, für die Unterbringung seiner Mieter zu sorgen. Die Bewohner informiere die Taskforce mit Hilfe von Dolmetschern und mehrsprachigen Infoblättern, ehe das Gebäude gegen Zutritt gesichert werde.

„Wir sagen ihnen, was sie mitnehmen sollten“, so Ralf Heuberg. Das Angebot, in einer städtischen Notunterkunft eine vorübergehende Bleibe zu finden, werde aber „in 98 Prozent der Fälle nicht in Anspruch genommen“, berichtete Oliver Kardas: „Die Leute kommen bei Angehörigen oder Freunden unter.“

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Klagen gegen die Sperrung von Immobilien in Duisburg bislang erfolglos

Die Kritik, Einsätze der Taskforce und Räumungen von Häusern träfen und stigmatisierten vor allem die Bewohner, die ohnehin zu den Ärmsten der Armen zählen, konterte der Ordnungsdezernent. „Ich bin ein Verfechter des Sozialstaates“, so Andree Haack, „aber auch ein Verfechter des Rechtsstaates.“ Juristisch sehe sich die Stadt auf der sicheren Seite. Alle zehn Klagen gegen die Sperrung von Immobilien seien erfolglos geblieben.

>> GRÜNE UND LINKE BLEIBEN BEI IHRER KRITIK

  • Nach der Räumung von Häusern in der Gravelottestraße in Hochfeld im März richteten die Grünen einen Katalog mit Fragen an die Stadt, auf Antworten warten sie bis heute. Die Beantwortung erfolge im Protokoll zur Ratssitzung am 27. September, kündigte die Verwaltung an. „Zur Räumung von Menschen gehört Transparenz der Verwaltung“, so Jule Wenzel, Sprecherin der Grünen.
  • Er sei bei Einsätzen der Taskforce auf der Gravelotte- und Brückenstraße dabei gewesen, berichtete Mirze Edis (Linke). „Ich habe da weder Dolmetscher gesehen, noch jemanden, der sich um die Kinder kümmert“, kritisierte der Ratsherr. Er finde es „unfassbar, dass wir mit den Menschen so umgehen. Wenn wir sie rausholen, müssen wir sie auch vernünftig unterbringen.“
  • Es sei tunlichst die umgehende Beseitigung der Mängel zu ermöglichen, um eine Räumung zu vermeiden, forderte Barbara Laackmann (Linke). „Treppenhäuser kann man freiräumen und Müll beseitigen.“ Oft seien es doch erst die Sperrungen von Strom und Wasser, die Bewohner zu den gefährlichen Überbrückungen der Leitungen veranlassten, so die Ratsfrau.