Duisburg-Hochfeld. Auch an der Gravelottestraße hat die Duisburger Taskforce Häuser geräumt. Die Eigentümerin wollte investieren. Warum sie es doch nicht tut.

Dem jüngsten Einsatz der Taskforce an der Brückenstraße 91 ging eine Reihe anderer Hausbegehungen und Schließungen voraus. So hat die Stadt Duisburg im März 2021 drei Mehrfamilienhäuser an der Gravelottestraße geschlossen – auch dort mit der Begründung „Gefahr in Verzug“. Doch anders als sonst ging die Eigentümerin an die Öffentlichkeit, wehrte sich gegen die Vorwürfe, nicht in die Gebäude investiert zu haben.

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Inzwischen ist die politische Debatte um die Taskforce wieder in vollem Gange. „Die Stadt hat meine Häuser erst zu Schrottimmobilien gemacht“, beschwerte sie sich vor einigen Monaten und kritisierte, dass die Taskforce ihr lange keine detaillierte Mängelliste vorgelegt hatte. „Ich möchte die Häuser schnell renovieren und wieder Instand setzen“, sagte sie gegenüber unserer Zeitung. Außerdem betonte sie, dass sie stets einen guten Kontakt zu ihren Mietern pflegte.

„Ich bin eine sehr soziale Vermieterin. Die Häuser wurden überwiegend von bulgarischen Mitbürgern bewohnt. Es gab jedoch auch Mieter, die schon 15 bis 35 Jahre in dem Haus lebten und noch niemals seit 2013 eine Mieterhöhung von mir bekommen haben“, schildert sie in einer E-Mail an die Redaktion.

Eigentümerin der Häuser an der Gravelottestraße wehrte sich gegen das Vorgehen

Die Häuser sind inzwischen an einen Duisburger verkauft worden, teilt die ehemalige Eigentümerin mit.
Die Häuser sind inzwischen an einen Duisburger verkauft worden, teilt die ehemalige Eigentümerin mit. © FUNKE Foto Services | Foto: Oliver Mengedoht

Außerdem habe sie darauf geachtet, dass die Mieter nicht von der Adresse abgemeldet worden seien – dies hatte in der Vergangenheit in anderen Fällen dazu geführt, dass zum Beispiel Leistungen vom Amt nicht mehr gezahlt worden seien. „Ich nenne diesen Vorgang der Räumung Enteignung gepaart mit Rassismus!“

Ehemalige Bewohner zeichneten bei einem Vor-Ort-Termin im April in Hochfeld allerdings ein anderes Bild von der Eigentümerin. Sie schilderten, dass sie selbst die Wohnungen renoviert und erhebliche Summen zum Beispiel in ein neues Bad investiert hätten. Nach der Räumung wandten sich einige Betroffene an einen Anwalt, weil sie auf ihre Kaution warteten.

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Aktuell sind die Türen an der Gravelottestraße noch immer versiegelt, auch wenn die Aufkleber an der einen oder anderen Stelle schon abgeknibbelt wurden. „Seit dem 4. März sind die Häuser für mich und auch für die finanzierende Bank von der Taskforce wertlos gemacht worden“, erklärt die Vermieterin. Sie habe die Objekte bei der Bank finanziert und zusätzlich eine hohe Eigenkapitalsumme hineingesteckt. „Die Häuser in Duisburg sind meine Altersversorgung. Die Zinsen bei der Bank, die Gebäudeversicherung, sowie die Grundsteuer laufen jeden Monat weiter, obwohl ich keine Mieteinnahmen mehr habe.“ Wegen der Räumung sei die Bank zudem nicht mehr bereit, weitere Kredite zu gewähren. „Anders wäre die Situation für mich, wenn eine Sanierung im bewohnten Zustand stattgefunden hätte. Um die 24 Wohnungen mit neuen Türen auszustatten, müssen keine Mieter die Wohnungen räumen.“ Nach der „unverhältnismäßigen Räumung“ habe sie nun keine Kraft mehr, um sich um eine „Totalsanierung“ der drei Häuser zu kümmern.

Neuer Eigentümer aus Duisburg muss Sanierungskonzept erstellen

Gegenüber unserer Zeitung bestätigt Stadtsprecher Sebastian Hiedels: „Die Häuser auf der Gravelottestraße wurden zwischenzeitlich veräußert. Der neue Eigentümer hat angekündigt, ein Sanierungskonzept zu erstellen.“ Sämtliche festgestellten Mängel müssten so beseitigt werden, dass sie mit den geltenden Vorschriften der Bauordnung NRW sowie des Wohnungsaufsichtgesetzes NRW vereinbar seien und keine Gefahr mehr für künftige Bewohner darstellten.

>> MILLIONEN-INVESTITIONEN SOLLEN HOCHFELD STABILISIEREN

Der Rheinpark wird für die Internationale Gartenausstellung, die 2027 in Hochfeld stattfinden wird, umgebaut.
Der Rheinpark wird für die Internationale Gartenausstellung, die 2027 in Hochfeld stattfinden wird, umgebaut. © wbp landschaftsarchitekten | Foto: wbp landschaftsarchitekten

Der Wohnungsmarkt in Hochfeld ist angespannt. Nach der EU-Osterweiterung sind tausende Bulgaren und Rumänen nach Duisburg gezogen. Um den Stadtteil zu stabilisieren, wird derzeit das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) fortgeschrieben. Die erste Förderung dieser Art gab es bereits in den 1990er Jahren. Die Antragsteller formulieren allerdings: „In den vergangenen Jahren konnten durch vielfältige ineinandergreifende Maßnahmen und mit intensiver Bürger- und Akteursbeteiligung insbesondere städtebauliche und ökologische Aufwertungen, die ökonomische Stabilisierung und das friedliche Zusammenleben der Menschen in Hochfeld gefördert werden.“

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Es habe jedoch auch deutliche Rückschläge, ausgelöst durch die „anhaltende Armutszuwanderung“ gegeben, die Hochfeld vor erhebliche Herausforderungen stelle. Inzwischen stellen die Zugewanderten aus Südosteuropa neben den Bewohnern mit deutscher Staatsbürgerschaft die größte Bevölkerungsgruppe. „Dadurch hat sich die Zusammensetzung der Bewohnerschaft in sehr kurzer Zeit massiv verändert und die Sozialstruktur des Ortsteils wurde weiter destabilisiert“, beschreiben die Autoren die Situation. Viele Probleme blieben damit erhalten oder verschärften sich, etwa die „ausgeprägte Arbeitslosigkeit“, Verarmung und starke Defizite in der Ausstattung mit Bildungseinrichtungen.

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Die Stadt verspricht sich von den Millionen-Investitionen, auch mit Blick auf die Internationale Gartenausstellung, dass Hochfeld aufgewertet wird und Duisburger oder Auswärtige in den Stadtteil ziehen. Vor diesem Hintergrund entwickelt die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gebag derzeit das Theisen-Gelände und am Rande des Rheinparks sollen schicke Neubauten entstehen. Kritiker befürchten allerdings, dass diese Aufschwung an Hochfeld vorbeigehen könnte.