Duisburg. Die Linke in Duisburg hat Betriebsräte und Gewerkschafter eingeladen, um über die Zukunft der Stahlbranche zu reden. Wie die aussehen kann.

Zuletzt gab es gute Nachrichten aus Berlin, die in der Duisburger Stahlbranche Hoffnung geben: Das Wasserstoffzentrum bei HKM steht vor dem Start, es werden Fördergelder aus dem Bundesverkehrsministerium für den Aufbau eines Technologie- und Innovationszentrums für Wasserstofftechnologie fließen. „Das sind positive Nachrichten. Aber ein Wasserstoffzentrum reicht sicher nicht aus, um die Arbeitsplätze in der Stahlbranche zu retten.“ Das sagte Mirze Edis - Mitglied im Konzernbetriebsrat von ThyssenKrupp und Bundestagswahlkandidat der Linken im Süden bei einem Treffen von Betriebsräten aus der Stahlindustrie im Rathaus. Die Fraktion die Linke hatte zu dieser Konferenz eingeladen, um vor der Bundestagswahl das Thema Stahl in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Eigentlich sollte es schon vor Monaten ein Stahlgipfel werden, aber der musste coronabedingt verschoben werden.

„Im Wahlkampf wird zu Recht viel über die Klimawende geredet. Wer aber die Klimawende organisieren möchte, der muss die Industrie umbauen. Die Arbeitsplätze in der Stahlindustrie müssen in diesem Prozess eine wichtige Rolle spielen“, sagt Erkan Kocalar, Fraktionsvorsitzender der Linken im Rat.

Tekin Nasikkol: „Wir verplempern Zeit“

Der Einladung gefolgt ist auch Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsrat von Thyssenkrupp Steel Europe. Auch er untermauerte, dass die Politik endlich parteiübergreifend handeln müsse. Die Stahlindustrie gehöre zu den größten Verursachern von klimaschädlichem Kohlendioxid. Das sei klar. Allein aus den Hochöfen von Thyssenkrupp stammen etwa 2,5 Prozent des bundesweiten Kohlendioxid-Ausstoßes. Eine klimaneutrale Stahlproduktion sei aber technisch mittlerweile möglich. „Wir haben eine Technologie, wir warten auf Zusagen der Politik. Wir verplempern hier Zeit. Die Stahlindustrie ist für Deutschland unverzichtbar“, sagt Nasikkol.

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Da waren sich alle im Raum einig. Auch Klaus Ernst, Gewerkschafter, Bundesabgeordnete der Linken und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, stimmte dem zu. „Es gibt einen riesigen Investitionsbedarf. Die Debatte hat an Dynamik gewonnen“, berichtet er aus Berlin. Es sei auch schon einiges passiert. Wann aber weitere Zusagen kommen, konnte er nicht sagen.

Umstellung auf Wasserstoff als Energieträger dauert Jahre

Den Betriebsräten geht das alles zu langsam. „Wenn wir heute das Geld kriegen würden, dann würden wir mindestens anderthalb Jahre brauchen, bis wir die ersten Genehmigungen haben, um loslegen zu können“, erklärt Tekin Nasikkol. Die Umstellung von Kohle auf Wasserstoff als Energieträger kostet nach Schätzungen von Branchenexperten Milliarden. Summen von bis zu elf Milliarden Euro werden genannt. Ohne staatliche Förderung gehe das nicht. „Wir möchten eine Staatsbeteiligung“, sagt Tekin Nasikkol.

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Christian Leye, Landessprecher der Linken in NRW und Bundestagskandidat im Duisburger Norden, unterstrich, dass es um zigtausende von Arbeitsplätzen geht. „Zu den 17.000 Stahl-Arbeitsplätzen in Duisburg kommen noch die Zulieferer. Man rechet, das von einem Stahlarbeitsplatz fünf weitere abhängig sind.“ Auch Leye spricht sich für eine Landesbeteiligung aus, beispielsweise in Form einer Industrie-Stiftung, in der auch Gewerkschafter zur Kontrolle sitzen.

Ob ein Stiftungs-Modell, eine Staatsbeteiligung oder andere Formen von finanzieller Unterstützung – eines sei klar: Ohne Förderung sei der Umstieg auf eine klimafreundliche Produktion für die Unternehmen in der Stahlbranche nicht zu schaffen.

Weckruf an die Regierung

Tekin Nasikkol blickte auch auf andere Länder, die weiter sind. So ist Mercedes-Benz bei einem schwedischen Start-up zur Herstellung von grünem Stahl eingestiegen. Dabei soll die Autoindustrie ein Hauptabnehmer von klimafreundlichem Stahl werden. Dass der Autohersteller „nicht mehr auf die Transformation der deutschen Stahlindustrie wartet, sollte unserer Regierung als Weckruf gelten“, sagte Tekin Nasikkol.

Im Herbst vergangenen Jahres hatte Armin Laschet auf einer Demo der IG-Metall in Düsseldorf gesagt, dass für den Umstieg auf grünen Stahl Milliarden erforderlich sind und: „Dies geht nur, wenn auch der Staat mithilft, wenn dafür Geld bereitsteht vom Bund und auch vom Land.“ Konkret, so kritisiert Linken-Ratsmitglied Mirze Edis, „wollte er sich aber nicht äußern.“ Bis heute nicht.