Rheinhausen. Wilhelm Driske hat einen Fundus an Krupp-Erinnerungen gesammelt. Jetzt sucht er einen Ort, um die Exponate langfristig ausstellen zu können.

Er hat schon mehrere Ausstellungen organisiert. „Die immer mit großem Andrang besucht wurden“, wie Wilhelm Driske sagt. Denn der 77-Jährige verfügt wohl über eine einmalige Sammlung von Krupp-Erinnerungsstücken. Über 1500 Exponate zu dem Thema hat der Sammler zusammengestellt und breitet einiges davon auf dem Tisch seiner Terrasse für uns aus. Dabei sind fein sortierte Fotos, die die unterschiedlichen Arbeitsbereiche vom Hochofen, Stahlwerk und Walzwerk auf dem ehemaligen Krupp-Gelände über die Jahrzehnte zeigen, aber auch verschiedene Schienenprofile, Werkzeuge – und Stoffe, die für die Stahlproduktion verwandt wurden - bis hin zum Rettungsreifen des Vorzeigeschiffs des Krupp-Werks, welches bezeichnenderweise Friedrich-Alfred getauft wurde. Jetzt sucht der eifrige Sammler wieder einen Ort, wo er seine Fundstücke ausstellen kann.

Besuch vom äthiopischen Kaiser in Rheinhausen

„Am besten längerfristig, denn ich möchte das, was ich über Krupp gesammelt habe, verewigen. Dass es für immer bleibt“, sagt Wilhelm Driske. Diese Idee passt irgendwie zu seinem Wahlspruch, der auf seiner Visitenkarte gedruckt steht: „Wer seine Vergangenheit nicht ehrt, verliert die Zukunft.“

Die Sammlung von Wilhem Dirske zeigt viele alte historische Bilder. elm Driske.
Die Sammlung von Wilhem Dirske zeigt viele alte historische Bilder. elm Driske. © Repro: erwin Pottgiesser

Wilhelm Driske kann viel erzählen über die Vergangenheit bei Krupp, schließlich hat er 50 Jahre bis 2008 in der Forschungsanstalt des Rheinhauser Werks gearbeitet. Dort hat er jahrelang die Werkstoffe wie Schlacke, Zement, Beton und Kies auf Qualität und Zusammensetzung geprüft. Und kann so manche Anekdote berichten: „Kaum einer weiß, dass die Glocke der Kirche auf der alten Montana-Ranch bei Krupp hergestellt wurde“, so der fleißige Sammler. 1978 war das - ein alter Zeitungsartikel belegt es.

Oder dass der äthiopische Kaiser Haile Selassie I. mit einer großen Delegation 1954 das Rheinhauser Werk besichtigt hat, kann Driske anhand von Fotos nachweisen.

An die etwa 1000 Bilder und Postkarten ist er durch Freunde, Bekannte oder ehemalige Kruppianer gelangt. „Ich brauchte dafür nie einen Trödelmarkt besuchen“, sagt der rüstige Rentner. Nach den ersten Ausstellungen habe man ihm dann Kartons mit alten Krupp-Reliquien vor die Tür seines Friemersheimer Hauses gestellt, nachdem darüber auch in dieser Zeitung berichtet wurde. „Die Überraschung war groß, als ich eines Morgens einkaufen wollte und die Kisten mit Material sah“, erzählt Driske.

Der Hochofen diente als Filmkulisse

Ein ganz besonderes Schätzchen, das er vor der Tür fand, ist eine Chronik des Essener Mutterwerkes von 1812 bis 1912, die er jetzt wie seinen Augapfel hütet. Noch in Frakturschrift gedruckt erfährt der Leser einiges über die Waffen- und Rüstungsproduktion von Krupp, die nur in Essen stattfand. Alte Fotos vom Ende des 19. Jahrhunderts belegen darin, dass es einen Schießstand im niedersächsischen Meppen für die ersten bei Krupp produzierten Panzer und Haubitzen gab.

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Aber auch wie in den 50er-Jahren einige Szenen für den Film „Regine“ am Rheinhauser Hochofen gedreht wurden, kann man aus Driskes gesammelten Werken erkennen. Der junge Horst Buchholz spielte mit Gustav Knuth unter der Regie von Harald Braun in dem Schwarz-weiß-Streifen mit. „Ich würde gerne mal im WDR-Archiv recherchieren, ob es den Film noch gibt. Bestimmt kennt heute kaum noch einer die Schauspieler und den Regisseur“, sagt der Sammler.

Ebenfalls aus den 50er-Jahren stammt ein Foto vom im Bau befindlichen Atomium in Brüssel – mit der Überschrift: „40000 Tonnen Stahl von Krupp nach Brüssel“. Weiterhin zeigt Driske Fotos vom Krupp-Hafen, in denen sich die Schubschiffe stauten, ja sogar in Dreier-Reihen vor den Entladekränen anlegten in den 60ern. „Das war ein derartiges Aufkommen, das kann man sich heute gar nicht vorstellen“, so Driske. „Die Bilder stammen aus einer Zeit, in der mehr als 15000 Arbeiter bei Krupp beschäftigt waren.“ Aber auch vom Abriss des Werkes zwischen 1993-1999 hat er Zeugnisse. Auf einem Foto sieht man Driske nach der Sprengung des Schornsteins der Sinteranlage kurz vor der Jahrtausendwende. „Da wollte ich mir einen der drei Kruppschen Ringe, die am Kamin prangten, aus den Trümmern angeln.“ Stattdessen hat er ein Stück Beton vom Schornstein aus dem Schutt gefischt.

Krupps soziales Engagement

Drei Chroniken hat der gebürtige Homberger während der Corona-Zeit schön gebunden für sich erstellt. In der ersten Chronik hat er sich mit der Roheisengewinnung befasst, aus welchen Regionen der Welt die Erze in welchen Mengen und auf welchen Routen angeliefert wurden. Später hat er darin beschrieben, wie der Stahl erzeugt wurde. „Dazu brauchte ich viel Verständnis von meiner Frau Erika, als ich das ganze Fotomaterial auf dem Küchentisch für die Chroniken ausgebreitet und gesichtet habe“, lächelt der Wahl-Friemersheimer.

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Im zweiten Buch geht es mehr um die Nebenbetriebe des Konzerns und in der dritten Chronik um die sozialen und kulturellen Engagements von Krupp. Auf unsere Frage, ob er sie nicht als Buch herausbringen möchte, antwortet der Ex-Kruppianer: „Man muss ja erstmal einen Verlag finden – und dann weiß ich ja nicht, wie es um die Rechte bei den Fotos bestellt ist. Das wird wohl leider nichts werden.“ Wichtiger ist ihm, wieder einen Ort für eine Ausstellung zu finden – am besten dauerhaft, auch für künftige Generationen.