Duisburg. Corona hat das Problem der Duisburger Innenstadt beschleunigt. Wirtschaftsförderer fragen sich nun, wie man die Leute zurück in die City bekommt.
Im April ist die Förderung des Quartiersmanagements für die Duisburger Altstadt ausgelaufen. In den vergangenen sechs Jahren wurde versucht, den Bereich rund um die Münzstraße zu beleben und Leerstände in den ehemaligen Riesen-Kaufhäusern zu füllen – eine Mammutaufgabe, schließlich lag in der Altstadt schon vor der Corona-Pandemie einiges im Argen. Gleichzeitig werden derzeit Ideen gesammelt, wie sich das Quartier entwickeln soll. Im Gespräch erklären der neue Chef der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, Rasmus C. Beck, und Andree Haack, Dezernent für Wirtschaft, Sicherheit und Ordnung der Stadt, wie sie Besucher künftig nach Duisburg und in die Altstadt locken wollen.
Welche Bilanz ziehen Sie nach sechs Jahren Quartiersmanagement in der Altstadt?
Haack: Das Quartiersmanagement ist 2015 eingeführt worden, um Lösungen für den Leerstand in der Münzstraße zu finden und auch den Wohnstandort in der Altstadt zu stärken. Das ist ja ein Nischenbereich, in dem Yvonne Bleidorn und Francesco Mannarino gearbeitet haben. Wenn man sich anschaut, dass sich beide eine Stelle geteilt haben, ist es herausragend, was die beiden in den vergangenen Jahren geleistet und in Bewegung gebracht haben.
Haack: „Quartiersmanager haben in der Duisburger Altstadt einiges bewegen können“
John Reed und Netto sind in die Altstadt gezogen, das alte C&A-Gebäude ist mit dem Namen Kubikk foliert. Reicht das?
Haack: Das Quartiersbüro hat in einer Zeit gearbeitet, in der sich die Situation des Handels sehr dynamisch verändert hat. Und gegen diesen Trend konnten die beiden Quartiersmanager in Bezug auf Neuansiedlungen und der Etablierung einer Kulturszene einiges bewegen. Ich denke der „Vegane Wintermarkt“ war sicherlich ein Highlight. Die Situation der Innenstädte hat sich aber nicht nur in Duisburg, sondern bundesweit durch die Corona-Krise weiter verschärft. Wir werden künftig schauen müssen, wie wir mit der viel zu großen Innenstadt umgehen. Der Kollege Linne hat dazu ja auch am Beispiel der Altstadt einen Diskurs gestartet.
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Für viele ist der Knüllermarkt der einzige Grund, die Münzstraße zu besuchen. Herr Beck, Sie sind noch nicht so lange in Duisburg – waren Sie dort schonmal stöbern?
Beck: Ich bin in Pandemie-Zeiten noch nicht dazu gekommen, aber ich habe von von vielen Leuten in Duisburg und im Ruhrgebiet gehört, dass der Knüllermarkt ein überregional bekannter Markt ist, den man mal besuchen sollte. Bei Veranstaltungen habe ich die Inhaberin Petra Manoah aber schon kennengelernt. Haack (lacht): Ich kann dir den Knüllermarkt nur empfehlen, manchmal bummel ich dort auch durch. Es ist für manchen Menschen aber eine ziemliche Reizüberflutung...
Beck:Spezialsortimente und Frequenzbringer sind gut für die Innenstadt. Als ich das erste Mal durch die Duisburger City gelaufen bin, war ich positiv überrascht. Die Königstraße macht städtebaulich fast einen mondänen Eindruck. Man muss sich die Mikrolagen im Einzelnen anschauen – es gibt ja nicht nur die Königstraße, sondern auch die Wallstraße, den Sonnenwall und auch die Altstadt gehört für mich ins Zentrum, schließlich liegt sie direkt hinter dem Rathaus und ist nur einen Steinwurf vom Theater und König-Heinrich-Platz entfernt. Wichtig ist, dass wir dauerhaft mehr Leute nach Duisburg bringen und nicht nur zu Events.
Nicht nur mit Blick auf die Altstadt soll sich etwas tun, auch die Stelle des Citymanagers ist verwaist. Suchen Sie eine gemeinsame Lösung?
Haack: Wir sind im Gespräch mit dem Verein Citymanagement und wollen die Arbeit auch in enger Abstimmung mit Duisburg Kontor neu aufstellen. Dabei geht es um mehr, als um die Nachbesetzung von Stellen, sondern um ein aktives Management zur Stärkung des Kerns und zum Wandel des Randes. Die Aufgaben und die Anforderungen an ein Citymanagement haben sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert und darauf müssen wir reagieren – auch was die Ressourcenausstattung angeht. Es wird noch im Sommer eine Veranstaltung geben, bei der Händler, Hauseigentümer, Künstler und andere engagierte Duisburger zusammen kommen, um zu überlegen, wie wir unsere City inhaltlich weiterentwickeln können und was immobilienwirtschaftlich umsetzbar ist. Die Herausforderungen für die Innenstädte werden nach Corona nicht kleiner. Wir müssen uns zum Beispiel überlegen, wie die ehemaligen Handelsbereiche in Randlagen eine eigene Prägung bekommen, in der Handel dann zwar noch stattfindet, aber nicht mehr die Hauptfunktion übernimmt.
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Beck: Denkbar wäre zum Beispiel, auch Bildungsangebote mehr in die Innenstadt zu holen. Duisburg hat einen Uni-Campus, aber ich bin immer wieder überrascht, wie wenig junge Leute man in der City sieht. Das kann auch ein zukünftiger Ansatz sein.
Gastronomie ist auch immer wieder ein Thema.
Beck: Bei der Breite des gastronomischen Angebots in der Altstadt hat Duisburg sicherlich Nachholbedarf. Aber Gastronomie ist nicht alles, denn es geht um mehr Aufenthaltsqualität.
Haack: Die Gastronomie wird auch nicht alleine Heilmittel sein. Die Kollegen der Stadtplanung arbeiten gerade daran, wie man die Innenstadt verstärkt mit Radwegen anbinden oder attraktive Wege zwischen Museum Küppersmühle, Kantpark und City schaffen kann. Mit der neuen Kuhlenwall-Achse wird das sicherlich gelingen, aber dann stehen die Besucher an der Marina und dem Garten der Erinnerung – und noch nicht dort, wo es Restaurants und Cafés gibt. An der besseren Vernetzung unserer Attraktionen müssen wir weiter arbeiten – auch jenseits von Wegebeziehungen.
Weitere Wohnungen sollen Leben in die Altstadt bringen
Auf der anderen Seite sollen mehr Wohnungen in der Innenstadt entstehen. Wenn es denn mal gastronomische oder kulturelle Angebote gab, kam es immer wieder zu Konflikten mit Nachbarn. Sollte man von Seiten der Stadt bei den Bewohnern in Innenstadtlagen für mehr Verständnis werben, dass es auch mal laut werden kann?
Haack: Diese Probleme hat Duisburg nicht alleine – es sind vom Bundesgesetzgeber klare Grenzen gesetzt worden, was die Lautstärke angeht. Einzelne Konflikte dazu gibt es in jeder Stadt, aber auch Bereiche, in denen es funktioniert. Die Stadt wird in diesem Jahr jedoch komplett auf Sondernutzungsgebühren für die Außengastronomie verzichten und ist den Betreibern damit sehr entgegengekommen.
Neue Wohnungen sollen auch im Mercatorviertel entstehen, auf dem Gelände des ehemaligen St. Vincenz-Hospitals und auf der Fläche des alten Güterbahnhofs. Braucht man weiteren Wohnungsbau in der City?
Beck: Unbedingt. Wenn neue Menschen nach Duisburg ziehen, weil sie hier eine Wohnung finden, stärkt das die Innenstadt und damit die Läden und Gastronomie.
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In Duisburg gibt es den nicht ganz ernst gemeinten Wahlspruch „Berlin kann jeder, Duisburg muss man wollen.“ Wollen Sie Duisburg, Herr Beck?
Beck: Klar. Ich glaube fest an die Zukunft dieser Stadt. Ich bin hier in meinen ersten Monaten auf viele offene Menschen und Köpfe gestoßen. Wir sind ein tolles Team, das die Stadt kennt. Wir haben als Wirtschaftsförderung nun die Aufgabe, etwas in Bewegung zu bringen. Die Potenziale sind groß und reichen von Wasserstoff bis hin zu neuen Quartieren. Mir ist klar, dass ich auch daran gemessen werde, dass wir als GFW unseren Beitrag liefern.
>> „GROSSE CHANCEN FÜR DUISBURG“
Wirtschaftsdezernent Andree Haack ist gebürtiger Duisburger. Bevor er vom Rat der Stadt zum Beigeordneten gewählt wurde, war er unter anderem bei der Industrie- und Handelskammer Niederrhein für Stadtentwicklung zuständig.
Rasmus C. Beck war Geschäftsführer der Businessmetropole Ruhr und hat die Wirtschaftsförderung für die 53 Kommunen im Ruhrgebiet verantwortet, bevor er nach Duisburg wechselte. Er sieht „große Chancen für Duisburg.“