Duisburg-Altstadt. Teppich raus, Stühle rein: Die Marienkirche in der Altstadt ist kaum wieder zu erkennen. Sie wurde aufwendig saniert. Ein exklusiver Einblick.
Die Marienkirche gehört mit zu den bedeutendsten Gotteshäusern in Duisburg und wird doch gerne vergessen, weil sie stets im Schatten von „Salvator“ steht. Zwischen Autobahnzubringer, Rotlicht-Viertel und dem Loch an der Steinschen Gasse gelegen, hat sich in den vergangenen Monaten im Inneren der Kirche viel getan. Für 700.000 Euro wurde der ehemals dunkle Gottesdienstraum aufwendig saniert.
„Das ist unser neues Schmuckstück“, sagt Pfarrer Stephan Blank mit unverkennbarem Stolz in der Stimme. Die Lockdown-Zeit, in der ohnehin keine Gottesdienste stattfinden durften, wurde gut genutzt. Was ein bisschen Farbe doch ausmacht: Der Innenraum der Marienkirche wirkt nicht nur heller, sondern auch bedeutend größer als zuvor. Der alte rote Teppich wurde entfernt, von den Bänken sind nur wenige als Andenken erhalten geblieben; stattdessen nehmen die Besucher künftig auf Stühlen Platz. Die lassen sich flexibler anordnen, denn das Gotteshaus wird als zentraler Treffpunkt für die verschiedenen Gruppen der Gemeinde dienen. Das heute noch erhaltene Gemeindehaus soll abgerissen und das Gelände einem sozialen Träger übergeben werden.
Konzept für Umgestaltung stammt vom Duisburger Architektenbüro
„Natürlich kann man nicht irgendeine Wandfarbe nehmen, da hat das Denkmalamt auch etwas mitzureden“, erklärt Blank. Die Wände sind weiß getüncht. Ein erneuerter goldener Strich umrahmt die Kanzel. Doch wenn man einmal anfängt...: „Als dieser neu gemacht wurde, ist uns aufgefallen, dass die anderen vergoldeten Elemente ziemlich matt aussehen.“ Also wurden auch diese erneuert. Die Fenster werden mit einem Pinsel-Strich, der eine dreidimensionale Optik erzeugt, in Szene gesetzt.
Unter dem Podest, auf dem sich die schweren Kirchenbänke befanden, lag nur nackter Steinboden. Das Denkmalamt wollte, dass der alte Terrazzoboden im Mittelgang erhalten bleibt. „Wir haben es dem Architekten Peter Probst und seinem Team zu verdanken, dass hier versierte Fachleute am Werk waren“, sagt Pfarrer Blank dankbar.
Peter Probst vom Büro „Probst/Wilke/Partner“ hat das Konzept für die Sanierung entwickelt. Der Fachmann weiß, worauf bei Restaurierungen von Kirchen zu achten ist, schließlich war er auch an der Umgestaltung der Lutherkirche beteiligt. Selbst in Salvator hat er schon „Kleinigkeiten“ erledigt. Für 19 restaurierte Gotteshäuser zeichnen er und sein Team sich in den vergangenen Jahren verantwortlich. Mehrheitlich waren es evangelische, am Niederrhein sind aber auch ein paar katholische darunter. In der Lutherkirche ist Peter Probst besonders gerne – bei den Intermezzo-Konzerten kümmert er sich hinter der Theke um die Getränkeversorgung der Gäste.
„In der Marienkirche macht Licht viel aus“, weiß er. So kann man die Beleuchtung künftig dimmen und einzelne Bereiche gezielt in Szene setzen, den Altar zum Beispiel oder zu Weihnachten den Tannenbaum. Damit Worte und Musik klar und deutlich die Gemeindemitglieder erreichen, wurden Lautsprecher angebracht, die sowohl die oberen Etagen als auch die hinteren Reihen erreichen. Die hässlichen Heizkörper samt Rohren sind verschwunden, eine Fußbodenheizung wurden eingebaut.
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Die Pläne für die Umgestaltung der historischen Kirche, in der sich nachweislich die Johanniter zum ersten Mal auf deutschem Boden trafen und gründeten, gibt es schon viele Jahre.
Hintergrund: Die evangelischen Kirchengemeinden haben sich in Duisburg zu Regionen zusammengetan und müssen gemeinsam überlegen, wie viele Gebäude sie sich, angesichts sinkender Mitgliederzahlen und Steuereinnahmen, leisten können. Die 700.000 Euro, die die Renovierung gekostet hat, wurden teilweise aus Rücklagen bezahlt. 50.000 Euro, das entspricht etwa dem Wert der neuen Tische und Stühle, hat der Bauverein Marienkirche übernommen. 130.000 Euro stammen aus Zuschüssen.
Eine Spendensammlung brachte, anders als bei der Salvatorkirche, keinen so großen Erfolg. „Die Marienkirche gehört zwar zu Duisburgs bedeutendsten Kirchen, wird aber gerne übersehen. Und wenn man zuerst für den Turm der Salvatorkirche sammelt, muss man aufpassen, dass die Leute nicht irgendwann sagen: Wofür braucht ihr denn jetzt wieder Spenden“, kennt Stephan Blank das Wahrnehmungsproblem. Deshalb freut er sich auch, dass künftig etwas auf der Brache an der Steinschen Gasse passieren soll. Und wenn das alte Gemeindezentrum abgerissen und ein neues Projekt dort realisiert wird, könnte es zusätzliche Impulse für die Altstadt geben.
Genaue Pläne gibt es noch nicht
Was genau gebaut wird, steht hingegen noch nicht fest. Mittlerweile wird mit dem dritten Investor verhandelt. In der Vergangenheit sollten wahlweise Seniorenwohnungen oder auch eine Tagespflegestation auf dem Gelände realisiert werden.
Die Kirche soll zudem noch einen Anbau mit einer neuen Toilettenanlage und einem weiteren Gruppenraum bekommen. Bisher war geplant, diesen gemeinsam mit dem neuen Gebäude zu verbinden. Je nachdem, wie lange die Verhandlung nun noch dauern, könnte der Anbau allerdings vorher entstehen. „Diese Kirche ist ein Traum. Aber niemand will hier eine Unvollendete.“ Wann die ersten Präsenz-Gottesdienste wieder stattfinden können, ist ohnehin noch unklar.
Für Architekt Peter Probst war die Marienkirche keine Baustelle wie jede andere. Er sagt: „Wir haben die Hülle Instand gesetzt, nun muss die Gemeinde sie wieder mit Leben füllen.“
>> Die Gemeinde Alt-Duisburg
Zur Kirchengemeinde Alt-Duisburg gehören die Stadtteile Altstadt, Neuenkamp, Kaßlerfeld, Duissern und die City von Duisburg.
Die Marienkirche wird nicht nur von Protestanten aus der Altstadt besucht, sondern auch von Neuenkämpern und Kaßlerfeldern. Da sich die evangelische Kirche perspektivisch auch vom Calvin-Haus trennen möchte, kommt der Marienkirche eine besondere Bedeutung als Gemeindezentrum zu.