Duisburg-Marxloh. Die Polizei setzt in Marxloh mit Autorität die Corona-Regeln durch. Die Stadtteilpaten versuchen es auf andere Art. Ihr größter Vorteil: Sprache.

Die Corona-Regeln, insbesondere die Maskenpflicht in Einkaufsstraßen, hat in Duisburg-Marxloh zuletzt die Polizei mit viel Präsenz durchgesetzt. Einen anderen Weg im Kampf gegen die Pandemie beschreitet dagegen der Petershof als sozialpastorales Zentrum. Dessen Stadtteilpaten aus Bulgarien und Rumänien setzen auf Aufklärung und freuen sich über Erfolge.

Mit persönlicher Ansprache auf Bulgarisch, Rumänisch und Türkisch sowie mit mehrsprachigen Handzetteln des Kommunalen Integrationszentrums erklären die Stadtteilpaten Mustafa Mustavof und Izmet Sadula den Menschen die Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Quarantäneregeln oder welche Vorschriften in den noch geöffneten Geschäften und Restaurants gelten. „Das wird von der Bevölkerung hier in Marxloh sehr gut angenommen“, sagt der Sozialarbeiter Oguz Topac, der beim Gespräch mit den Stadtteilpaten dolmetscht.

Nur vereinzelte Verweigerer: Großteil der Marxloher hält sich an Corona-Regeln

Sehr dankbar seien die meisten über diese Aufklärung, berichten Mustavof und Sadula, zumal die meisten Bulgaren, Rumänen und viele Türken im Stadtteil kein Deutsch könnten. „Mit dem Lesen und Schreiben ist es auch ein bisschen schwierig“, ergänzt Topac.

Der Großteil, gut 95 Prozent, sei froh über diesen Service, sei neugierig und würde nach der Erklärung die Corona-Regeln dann auch anwenden, berichten die Stadtteilpaten. Nur vereinzelt würde ihnen gesagt: „Lasst uns, wir zahlen unsere Strafe, falls die Polizei kommt.“

Dass jedoch die Corona-Regeln vor allem wegen großer Polizeiaufgebote befolgt werden, kann Pater Oliver Potschien, Leiter des Petershofs, nicht bestätigen. „Auf den Seitenstraßen, abseits der Weseler Straße, ist praktisch keine Polizei“, sagt er. Vielmehr sehe er große Eigeninitiative, und dass Masken selbst in Seitenstraßen getragen würden, wo es nicht verpflichtend ist. Doch die Stadtteilpaten betreuen nur das Gebiet östlich der früheren B8 und heutigen L1, „an der Hagedornstraße mag das wieder anders sein“, so der Ordensbruder. Dort hatten Anwohner zuletzt regelmäßig Regelverweigerer angetroffen, die teilweise sogar extra angereist waren.

Muttersprachliche Ansprachen in Bulgarisch, Rumänisch und Türkisch

Entschieden widerspricht Pater Oliver jedoch dem Vorurteil, dass im Norden der Inzidenzwert teils deutlich höher ist als etwa im Süden, weil Ausländer die Schutzverordnung nicht kümmere. „Die Frage, ob sich jemand an die Corona-Regeln hält, ist keine Frage der Nationalität. Das ist eine Frage, ob man ein Idiot ist oder nicht.“ Die Reaktionen auf die Arbeit der derzeit vier Stadtteilpaten sei größtenteils positiv, betont der Leiter des Petershofs. „Der große Vorteil des Stadtteilpaten ist natürlich die muttersprachliche Ansprache. Dadurch öffnen sie Türen, die sonst verschlossen bleiben würden.“

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Zumal sie auch schon vor der Pandemie aktiv waren, beispielsweise aufklärten, um wilde Müllkippen zu verhindern. „Wir wollen im Stadtteil und in der Community zeigen: Es gibt hier kein Gegeneinander von Autorität - von Verwaltung oder so - und den Leuten auf der Straße“, erläutert der Geistliche. So hätten die Stadtteilpaten, die als Minijobber angestellt sind, schon viele Marxloher in die Beratungsstelle des Petershofs gebracht und würden bereits als „Mädchen für alles“ angesehen, die bei unterschiedlichsten Problemen helfen können.

Viele Akteure in Marxloh arbeiten derzeit nur nebeneinander statt zusammen

Das gelte umso mehr in der Coronakrise. Dennoch gebe es noch viel zu tun. „Wir müssen irgendwann an den Punkt kommen, an dem nicht der Bezirkspolizist alleine durch Marxloh läuft und die Sozialarbeiter alleine laufen", so Pater Oliver, dies sollten alle örtlichen Akteure konzertiert machen und so ein gemeinsames Austauschforum schaffen. „Wenn Hundertschaften aus Bielefeld durch Marxloh fahren, dann kann es ja nur helfen, wenn auch ein Muttersprachler, der sich hier auskennt, mit dabei ist.“

Bis es soweit ist, vertrauen er und die Stadtteilpaten vom Petershof jedoch darauf, dass ihre Arbeit weiterhin erfolgreich ist - und dass sie aktuell den Menschen in Marxloh beim Kampf gegen Corona hilft.

>> HILFSANGEBOTE FÜR BEDÜRFTIGE

● Der Marxloher Petershof bietet Bedürftigen auch während des Lockdowns vielfältige Unterstützung.

● Dazu gehören kostenlose warme Mittagessen an der Mittelstraße 2 oder unter der Brücke nahe des Hotels Salm. Außerdem eine Lebensmittelausgabe fürs Wochenende, eine Kleiderkammer mit warmer Winterkleidung, eine Waschküche, einen Dusch- und Waschraum.

● Weitere Informationen gibt es telefonisch montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr unter 0203 500 66 07 oder im Internet auf www.georgswerk.de/petershof