Duisburg-Hamborn. Am neuen Standort der Suchthilfe Duisburg bekommen Drogenabhängige Unterstützung in allen Lebenslagen. Was ihre größten Bedürfnisse sind.

Das neue Suchthilfezentrum Nord neben dem Hamborner Rathaus ist eröffnet und hat die Arbeit aufgenommen. Der Suchthilfeverbund Duisburg bietet Betroffenen dort nun eine Anlaufstelle, wo Drogenberatung und Streetworker unter einem Dach vereint sind.

„Die Szene ist direkt hier vor der Tür“, sagt Drogenberater Bastian Blömers. Der Altmarkt und das Rathaus sind ein Brennpunkt der hiesigen Drogenszene. Am neuen Standort suchen Menschen Hilfe, die von harten, illegalen Drogen wie Heroin abhängig sind. Es kommen aber auch Duisburger, die den Ersatzstoff Methadon von ihrem Arzt verabreicht bekommen. Angehörige und andere Bezugspersonen können ebenfalls Unterstützung bekommen.

„Wir beraten in allen Lebenssituationen“, so Blömers weiter. Wenn beispielsweise Job oder die Wohnung durch die Sucht gefährdet sind. Betroffene können außerdem in eine Therapie vermittelt werden. Das Ziel jedoch geben die Hilfesuchenden selbst vor; nicht alle wollen einen Entzug, manchmal gehe es auch darum, mit der Sucht leben zu können.

Alle Gesellschaftsschichten sind von Drogensucht betroffen

Ohnehin seien auch im Duisburger Norden alle Gesellschaftsschichten betroffen, von Arbeitslosen über Studenten, Angestellte, Führungskräfte oder Selbstständige. Entsprechend individuell seien auch die Probleme: Ist der Job verloren gegangen? Die Familie kaputt? Oder die Gesundheit zerstört?

Daher freut sich Drogenberater Bastian Blömers, dass seit dem Umzug aus Marxloh, von der Kaiser-Wilhelm-Straße, alle Klienten treu geblieben sind. „Es sind sogar mehr geworden, weil das Jobcenter wegen Corona geschlossen ist.“ Ebenso wie seine beiden Kollegen unterstützt er Hilfsbedürftige inzwischen verstärkt dabei, behördliche Antragsformulare auszufüllen. Denn Suchtkranke, die arbeitslos sind und entgiften wollen, müssen Leistungen beziehen.

Corona lässt die Probleme der Drogensüchtigen wachsen

Die Pandemie erschwere aber nicht nur wegen geschlossener Behörden das Leben der Suchtkranken, weiß der Fachmann. „Während Corona sind wir häufig die einzigen sozialen Kontakte dieser Menschen.“ Oft gehören sie zur Risikogruppe, weil sie etwa Heroin geraucht haben und nun an der chronischen Lungenkrankheit COPD leiden. Daher sind die Sprechstunden aktuell vor allem telefonisch. Ob persönlich oder per Telefon, alle Gespräche werden vertraulich behandelt und auf Wunsch anonym geführt.

„Wir sind ein buntes Team, das den Stadtteil widerspiegelt“, ergänzt Geschäftsführer Mustafa Arslan, „wir sind hier in vielen, vielen Sprachen aufgestellt.“ So ist Beratung unter anderem auf Bulgarisch, Polnisch oder Türkisch möglich. „Wir sind als Suchthilfeverbund grundsätzlich in der Lage, alle Sprachen anzubieten.“ Manchmal kommen aber auch Familienangehörige als Dolmetscher zu einem Termin.

Landesprojekt hilft Obdachlosen bei der Wohnungssuche

Die Sozialarbeiterin Sonja Frunder ergänzt dieses Angebot seit Oktober durch das Landesprojekt „GeSucht:WohnRaum“. „Es richtet sich an suchtmittelabhängige Menschen, die keinen Wohnraum haben oder von Wohnraumverlust bedroht sind“, und laufe zunächst für anderthalb Jahre, erläutert sie. Dabei handelt es sich oft um Obdachlose im Duisburger Norden, die bereits auf der Straße leben und sich außerhalb des Systems befinden. Um von dem Projekt profitieren zu können, müssen sie allerdings Anspruch auf Transferleistungen haben, womit etwa gescheiterte Arbeitsmigranten aus Polen herausfallen.

In der Anfangsphase will sich Frunder zunächst ein Netzwerk aufbauen und sucht die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen im Norden sowie mit der städtischen Wohnungslosenhilfe. Eine niederschwellige und kostenlose Erstberatung wird es im Hotel Salm, der städtischen Notschlafstätte an der Kaiser-Friedrich-Straße in Marxloh, geben.

„Drogenabhängigkeit sollte kein Ausschlusskriterium sein, eine Wohnung zu finden“, betont die Sozialarbeiterin, die Betroffenen auch hilft, ohne dass der Vermieter von der Sucht erfahren muss. Zumal man sie auch nicht allen ansehe.

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Wer noch nicht in der Lage ist, wieder einen eigenen Haushalt zu führen, den unterstützt das Projekt auch dabei, zunächst ambulant betreut zu wohnen oder in einer Einrichtung der Wohnungslosenhilfe unterzukommen. Neben der Sucht gibt es aber ein weiteres Problem für Obdachlose: „Mietschulden erschweren die Wohnungsvermittlung massiv“, betont Sonja Frunder, doch auch dort will der Suchthilfeverbund unterstützen und Kontakte zu Privatmietern aufbauen, die für die Betroffenen einen Neuanfang ermöglichen wollen.

Neue Streetworkerin hilft jetzt Drogenabhängigen in Hamborn

Durch das Projekt haben Wohnungslose nun eine neue Anlaufstelle in Hamborn, zudem kommt die Streetworkerin Jalda Fasli aber auch direkt zu den hiesigen Suchtkranken, von denen die meisten sich im Umfeld des Rathauses aufhalten. Seit Oktober ist sie im Einsatz und will zunächst vor allem Vertrauen aufbauen. „Sie erwarten Unterstützung und die bekommen sie von uns. Viele sind total froh, dass es uns gibt und dass wir vor Ort sind“, sagt Fasli. Das Kennenlernen fängt meist mit Smalltalk an und ist im Idealfall ein Türöffner für die Drogenberatung und weitere Angebote des Suchthilfeverbunds.

So soll sich der neue Standort als Anlaufstelle etablieren. Obdachlose können dort eine Postanschrift bekommen, ihre Spritzen tauschen, sich duschen, ihre Wäsche waschen oder einen Kaffee trinken – und bei Bedarf die Beratungs- und weiteren Hilfsangebote wahrnehmen. Zwar erschwert laut Geschäftsführer Mustafa Arslan der Lockdown diese Unterstützung aktuell, weil strenge Corona-Regeln eingehalten werden müssen. Doch er und seine Mitarbeiter wollen weiterhin versuchen, Suchtkranken zu helfen, wo sie können.

>> SPEZIELLE HILFEN FÜR POLEN UND ANDERE OSTEUROPÄER

Im Suchthilfezentrum Nord an der Rathausstraße 2 ist auch das befristete Projekt "Streetwork Osteuropa" angesiedelt. Es hilft Osteuropäern, vor allem aus Polen, unter anderem eine Unterkunft oder einen Job zu finden.

Weitere Informationen zum Suchthilfeverbund Duisburg und seinen Angeboten gibt es auf www.suchthilfeverbund-duisburg.de.