Bottrop. Das Ende einer Ära. Nach 30 Jahren schließt das „Odeon-Video-Center“ in Bottrop. Wann offiziell Schluss ist und was mit den Filmen passiert.

Nun fällt die finale Klappe. Bottrops letzte Videothek erlebt kein Happy End und schließt für immer. Für Inhaberin Susanna Horstmann ist es eine der schwierigsten Entscheidungen im Leben.

„Es sind schon Tränen geflossen“, sagt sie. Der Verleih von Filmen ist ihr Leben. Seit mehr als 30 Jahren ist sie in der Branche. Im Januar 1993 beginnt sie als Aushilfe in der Familienvideothek „Odeon-Video-Center“, damals an der Peterstraße/ Schützenstraße. 2013 kauft sie die Filiale ihrem Chef ab. 2008 folgt der Umzug zur Essener Straße.

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Damals, einer der bekanntesten Standorte für Videotheken in der Stadt. Zuvor war dort „Video & Sound“ beheimatet. Das „Odeon-Video-Center“ ist jahrelang ein Paradies für Filmliebhaber auf 660 Quadratmetern.

Wer die neuesten Blockmuster sehen will, muss ins Kino oder in die Videothek gehen. Amazon Prime ist noch nicht erfunden. Netflix steckt in den Kinderschuhen. Aber die Streaming-Dienste entpuppen sich als harte Konkurrenz und schließlich als Totengräber für die Videotheken.

„Unsere Branche ist kaputt“, sagt Susanna Horstmann. Am 1. April 2023 hat sich der Interessenverband aufgelöst. Es ist der letzte Nagel im Sarg.

Die Filmwirtschaft interessiert sich unterdessen schon lange nicht mehr für Videotheken. Früher erhielt Susanna Horstmann verschiedene Plakate und Aufsteller, um in ihrem Geschäft für den jeweiligen Film zu werben. „Das letzte Poster, das ich bekommen habe, war für Avatar 2“, sagt sie. Der Film erschien im Juni des vergangenen Jahres – seitdem gibts keine neuen Poster mehr für Filme.

Im März 2023 habe sie sich das erste Mal hingesetzt und überlegt, wie es weitergehen soll. Im Sommer sei erfahrungsgemäß nicht viel Kundschaft. Aber die Hoffnung ruhte auf die kalte Jahreszeit. „November, Dezember und Januar sind meistens die besten Monate“, sagt Susanna Horstmann. Doch es kommt anders.

Seit dem 6. Mai gibt es im Odeon-Video-Center an der Essener Straße einen Räumungsverkauf
Seit dem 6. Mai gibt es im Odeon-Video-Center an der Essener Straße einen Räumungsverkauf © li | li

Die Zahlen und der Umsatz stimmen wieder nicht. „Wir haben auch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht“, sagt sie. Der Kundenstamm schrumpft. Deren Ausleihen werden weniger. Auch finanziell lohnt es sich schlichtweg nicht mehr. Schweren Herzens trifft sie eine Entscheidung.

Das Sterben geht weiter: Bald gibt es nur noch eine Videothek in NRW

Das Sterben der Videotheken geht damit weiter. Was bleibt, ist die Erinnerung. Die Sehgewohnheiten ändern sich. „Das ist der Wandel der Zeit, das muss man einfach akzeptieren“, sagt die 61-Jährige.

Das Einzige, was wir jetzt noch nicht verkaufen, sind die Neuheiten.“
Susanna Horstmann, Inhaberin des Odeon-Video-Center.

Das Odeon-Video-Center war fast das letzte seiner Art. Nur noch in Bochum bleibt jetzt das Atlantis Megamax übrig, der letzte Standort auf der Videotheken-Landkarte von Nordrhein-Westfalen.

Ab 18: Auch die Porno-DVDs müssen verkauft werden

Nach ihrem Entschluss sucht Susanna Horstmann das Gespräch mit dem Vermieter. Es verläuft positiv. Seit dem 6. Mai läuft der Räumungsverkauf. „Alles muss raus“, sagt sie.

Unzählige Blu-Rays, DVDs oder Spiele für Wii von Nintendo und Playstation werden nun verkauft. Susanna Horstmann: „Das Einzige, was wir jetzt noch nicht verkaufen, sind die Neuheiten.“ Denn parallel zum Ausverkauf geht der Verleih bis zum Samstag, 8. Juni, weiter.

Die Preisliste im Odeon-Video-Center anlässlich des Räumungsverkaufs.
Die Preisliste im Odeon-Video-Center anlässlich des Räumungsverkaufs. © li | li

Ab einem Einkaufswert von 30 Euro erhalten Kunden einen Rabatt von zehn Prozent. Ab 50 Euro sind es 15 Prozent, ab 75 Euro 20 Prozent und ab 100 Euro sogar 25 Prozent. Reservierungen sind nicht möglich. Das heißt: Man muss persönlich vorbeikommen. Die Blu-Rays, DVD-Boxen, DVDs und Spiele sind mit einem Preis gekennzeichnet.

Auch die Hardcore-Streifen in der „Ab-18-Abteilung“ müssen an den Mann oder an die Frau gebracht werden. „Da mache ich mir keinen Kopf, diese Filme werden weggehen wie warme Semmeln“, sagt Susanna Horstmann und lacht.

Odeon-Video-Center in Bottrop: Wann endgültig Schluss ist

Bis zum 15. Juni müssen im besten Fall alle Filme und Spiele verkauft sein. Danach wird die Videothek geschlossen. Zum 1. Juli erfolgt die Schlüsselübergabe. In den zwei Wochen zwischen Schließung und Übergabe helfen Familie und Freunde von Susanna Horstmann, um die Videothek besenrein zu machen. Die Außenwerbung wird abgebaut, die Filmposter werden von den Schaufensterscheiben entfernt und die vielen Regale demontiert.

Die Tage bis zum Abschied werden hart. „Es wird furchtbar emotional“, weiß Susanna Horstmann. Viele Tränen dürften vor allem am 8. Juni fließen, der letzte offizielle Verleih-Tag.

Der Singer und Songwriter Hans Blücher aus Dortmund setzte mit „Gute Nacht, dein Videoverleih“ den Videotheken ein musikalisches Denkmal. Der Dreh zum Video fand im Januar im „Odeon Video Center“ statt. Zur Party am 8. Juni hat er sich angekündigt.
Der Singer und Songwriter Hans Blücher aus Dortmund setzte mit „Gute Nacht, dein Videoverleih“ den Videotheken ein musikalisches Denkmal. Der Dreh zum Video fand im Januar im „Odeon Video Center“ statt. Zur Party am 8. Juni hat er sich angekündigt. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Der Sänger Hans Blücher aus Dortmund hatte im Januar dieses Jahres den einstigen Videotheken im Land ein musikalisches Denkmal gesetzt. Das Video zu seinem Lied „Gute Nacht, dein Videoverleih“ drehte er im „Odeon-Video-Center“. Blücher hat sich zum 8. Juni angekündigt und will laut Susanna Horstmann das Lied live vor den Kunden spielen.

Die Öffnungszeiten des „Odeon-Video-Centers“ sind von Montag bis Samstag von 10 bis 19 Uhr. Sonn- und Feiertag geschlossen. Die Party wird am Samstag, 8. Juni, gefeiert. Ab 10 Uhr geht‘s los. Es gibt selbstgebackene Waffeln und Kaffee. Alle sind herzlich willkommen.