Bottrop. Bottroper Ehrenamtliche im Rettungsdienst fühlen sich ausgenutzt: Sie würden zu häufig für Standardeinsätze alarmiert. Das DRK widerspricht.

Michael Fischer* fühlt sich ausgenutzt. Und damit sei er nicht alleine. Der Bottroper ist ehrenamtlich beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) aktiv, hat sich freiwillig gemeldet, um im Zivilschutz zu helfen, wenn es zu außergewöhnlichen Katastrophen kommt. Wenn Überschwemmungen, ein großer Unfall, eine Brandkatastrophe die Kapazitäten des örtlichen Rettungsdienstes übersteigen. Immer häufiger würden aber er und seine Ehrenamtskollegen für Standardaufgaben eingesetzt – ohne Bezahlung.

Rettungsdienst in Bottrop: Missbrauch von Einsatzkräften im Zivilschutz?

Zwei bis vier Mal im Monat werde Michael Fischer für den Sonderbedarf beziehungsweise die Spitzenabdeckung alarmiert. Dabei gehe es oft um Krankentransporte, also geplante Fahrten, die in der Regel der kommunale Rettungsdienst übernimmt. Für den Bottroper, der eine Notfallsanitäter-Ausbildung hat, ist unverständlich, warum solche Arbeiten nicht von Hauptamtlichen durchgeführt werden.

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Er findet deutliche Worte: Michael Fischer sieht einen Missbrauch von Einsatzkräften im Zivilschutz, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer kämen zu kommerziellen Zwecken zum Einsatz.

Im Rettungsdienst-Bedarfsplan ist geregelt, dass die Bottroper Feuerwehr beim DRK täglich einen Rettungswagen für zwölf Stunden und einen Krankentransportwagen für 24 Stunden ordert, erklärt Feuerwehr-Sprecher Michael Duckheim. Zusätzlich könne die Feuerwehr das DRK für weitere Stunden anfragen, um die Spitzenabdeckung zu gewährleisten. Dafür fließen kommunale Gelder an das DRK.

Regelmäßige Alarmierung für Sekundärtransporte: Ehrenamtliche genervt

Das Personal auf diesen regulär beauftragten Rettungs- und Krankentransportwagen werde auf Honorar-Basis bezahlt, sagt Benedikt Böhm-Eichholz, Vorstand des DRK Bottrop. Auf diesen Fahrten würde keiner der rund 70 Bottroper und Kirchhellener Ehrenamtlichen eingesetzt. Auf den Einsätzen, die darüber hinaus gehen, aber schon. „Das ist rein freiwillig“, sagt Böhm-Eichholz. Wer nicht fahren könne oder wolle, müsse das auch nicht.

Das bestätigt auch Michael Fischer. Er kann die Anfragen, die per WhatsApp-Gruppe kommuniziert werden, ablehnen. Aber schließlich wolle er ja ehrenamtlich helfen und nicht immer wieder Einsätze abschlagen. Die Helferinnen und Helfer seien genervt von „regelmäßigen Alarmierungen für Sekundärtransporte“. Das Engagement, das vorausgesetzt wird, werde strapaziert. Die Folge: Immer weniger Menschen wollen unter diesen Bedingungen ehrenamtlich tätig sein.

Das DRK betreibt einen Rettungswagen und einen Krankentransportwagen für den Bottroper Rettungsdienst. (Symbolbild)
Das DRK betreibt einen Rettungswagen und einen Krankentransportwagen für den Bottroper Rettungsdienst. (Symbolbild) © dpa | Boris Roessler

Bezahlung für Einsätze: Ehrenamtliche bekommen keine Antwort

Was ihn auch ärgert, ist, dass es keinerlei Entlohnung für diese Sekundärtransporte gebe, obwohl das DRK dafür bezahlt wird. Anfragen an die Rotkreuz-Leitung, ob eine Vergütung für den Einsatz gewährt wird, seien unbeantwortet geblieben. Beispielhaft geht das auch aus einem WhatsApp-Chat, der der WAZ vorliegt, hervor.

Dort schreibt ein DRK-Mitarbeiter am 22. Dezember vergangenen Jahres, dass angefragt wurde, ob Kapazitäten für einen KTW (Krankentransportwagen) über die Feiertage bestehen. „Sollte jemand Zeit und Lust dazu haben, bitte einmal bei mir melden.“ Einer der Ehrenamtlichen fragt: „Unentgeltlich über die Feiertage oder gibt‘s dafür eine Aufwandsentschädigung?“ Eine Antwort bekommt er auf diese Frage nicht.

Widerspruch: Bekommen die ehrenamtlichen DRK-Mitarbeiter Geld?

Benedikt Böhm-Eichholz widerspricht allerdings der Aussage, dass die Ehrenamtlichen für ihre Einsätze kein Geld bekommen. „Sie haben selbst entschieden, dass das Geld in die Gemeinschaftskasse geht“, sagt der DRK-Bottrop-Vorstand. „Was sie damit machen, entscheiden sie auch selbst.“ Und sollten sie in einem Katastrophenschutzfall angefordert werden, gebe es eine persönliche Entschädigung und einen Verdienstausfall.

Michael Fischer und die Ehrenamtlichen um ihn, die sich ausgenutzt fühlen, haben noch nie etwas von einer Gemeinschaftskasse gehört. „Keinem Mitglied stand jemals diese Option offen“, sagt er. Vielmehr seien in öffentlichen Gruppen häufiger Fragen zur Vergütung unbeantwortet geblieben. Einer dieser Austausch-Chats sei nun gelöscht worden. Aus einem anderen kann er die oben genannte Kommunikation nachweisen.

Letztlich gehe es dem Bottroper nicht um kommerzielle Zwecke, Geld wolle er, der einem Vollzeit-Job nachgeht, nicht verdienen. Aber die Bereitschaft der Ehrenamtlichen werde für das Alltagsgeschehen zweckentfremdet, die Helferinnen und Helfer würden demotiviert. Benedikt Böhm-Eichholz sieht das anders: Die ehrenamtliche Tätigkeit sei eine Möglichkeit, dass jeder mit seiner Qualifikation einen Beitrag zur Gemeinschaft leistet.

*Name von der Redaktion geändert