Bottrop. Tieftraurig und urkomisch: Schauspieler Oliver Fleischer aus Bottrop erzählt in seinem Buch, wie bewegend Beerdigungen sein können.
Oliver Fleischer hat den deutschen Comedy-Preis nicht nur einmal gewonnen. Der Schauspieler aus Bottrop spielte ja in der mehrfach ausgezeichneten Fernsehserie „Danny Lowinski“ mit. In der Rolle des Masseurs Nils Polgar gehörte der gebürtige Bottroper zu den Sympathieträgern der Sat-1-Serie um Anette Frier. Auch mit der RTL-Comedy-Serie „Beste Schwestern“ räumte Oliver Fleischer neben Mirja Boes Preise ab. Womit der Schauspieler aber jetzt von sich reden macht, ist so gar nicht witzig, sondern oft sehr traurig.
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Obwohl, zu komischen Situationen kann es durchaus auch auf Friedhöfen und bei Beerdigungen kommen. Darüber hat der 49-Jährige ein Buch geschrieben. Oliver Fleischer berichtet darin, was er als Sargträger erlebte. Seit gut zehn Jahren übt der Schauspieler diesen Nebenjob inzwischen aus und ist dabei so völlig anders als im Scheinwerferlicht als stiller Dienstleister bei der Sache. Das erdet ihn.
Den Schauspieler trifft man schon mal in Bottrop beim Bäcker
„Als Schauspieler hat man tagsüber ja Zeit“, sagt Fleischer. Sein Nebenjob lasse sich so gut in seinen Alltag einfügen, auch wenn der eine Kollege oder die andere Kollegin schon mal große Augen mache, wenn er vor dem nächsten Dreh oder Auftritt beim Plaudern erwähne, dass er vorher schon die sterblichen Überreste von zwei, drei Menschen unter die Erde gebracht habe.
Als Sargträger oder immer öfter auch als Urnenträger spiele er für die Trauergäste kaum eine Rolle, erzählt der 49-Jährige. Kaum jemand von ihnen könne sich später noch an die Gesichter der stillen Begleiter erinnern, meint er. An seines bestimmt schon. Oliver Fleischer kann man auch in Bottrop schon einmal beim Bäcker auf dem Kalten Eigen treffen, wenn er da ein belegtes Brötchen und Gebäck kauft.

Ein rasender Katafalk-Wagen wie in einer Filmkomödie
Das „Das ist doch . . .“ in ihren Gedanken sieht man dann den erstaunten anderen Kundinnen und Kunden förmlich an. Der Schauspieler lebt inzwischen im schönen Münster, er kommt jedoch immer wieder nach Bottrop, um alte Freunde und vor allem seinen Vater Peter zu besuchen. Auch beim Spaziergang über den Bottroper Parkfriedhof fällt Fleischer als Kerl wie ein Baum, der er nun einmal ist, einer Reihe von anderen Friedhofsbesuchern auf, und es treffen ihn erkennende Blicke.
„Der Oma hätte das gefallen“, lautet der Titel seines Buches. Der nebenberufliche Sargträger zitiert da einen Enkelsohn einer verstorbenen alten Dame. So als spiele sich gerade ein irrwitzige Filmkomödie ab, setzte sich nur kurz vor der spontanen Bemerkung der Katafalk-Wagen in Bewegung, kaum dass Fleischer und Kollegen den Sarg angehoben hatten. Erst langsam, dann immer schneller raste der Wagen ohne Sarg den Friedhofsweg hinunter, um gegen eine Randsteinkante zu knallen und schließlich unter dem Gelächter der Trauergäste krachend in den Büschen zu landen.
Als eine Familie vor einem verwechselten Sarg trauerte
Fleischer berichtet solche und ähnliche Erlebnisse mal beschwichtigend, dann wieder sich entschuldigend und immer sehr sachlich. Schließlich mag er ja nicht pietätlos erscheinen. Wer möchte zum Beispiel auch schon in der Haut eines untröstlichen Bestatters stecken, der einer trauernden Witwe erklären muss, dass ihr verstorbener Gatte ein zweites Mal beerdigt wird - diesmal von der richtigen Trauergemeinde, nachdem der Sarg, den das Friedhofspersonal einige Stunden zuvor in der Trauerhalle verwechselt hatte, wieder aus der Erde geholt ist.
Die Schilderungen des Schauspielers machen mal fassungslos, sind makaber und dann wieder tief traurig. Seine Geschichten sind schier herzzerreißend und auch urkomisch, wie etwa bei einer Urnenbestattung. Als die Träger das Gefäß ins Grab hinab ließen, machte es plötzlich unüberhörbar - Blubb. Dann schwamm die Urne wie eine Boje auf dem Wasser, das nach einem starken Dauerregen im Grab stand. Als ein Urnenträger sie beherzt hinunterdrückte, spritzte ihm auch noch das Wasser mitten ins Gesicht. Ganz Opas Humor, prustete einer der Trauernden unter dem lauten Gelächter der anderen los.

Einmal saß der Sargträger schluchzend in seinem Auto
Oliver Fleischer hat bestimmt schon mehr als 1000 Menschen beigesetzt. Komisch ist daran in den meisten Fällen nichts, gerade einige Kinder-Bestattungen nahmen den gebürtigen Bottroper schwer mit: Als eine verzweifelte Mutter den Sarg ihrer kleinen Tochter nicht loslassen wollte, als die Sargträger diesen ins Grab hinunter lassen wollten, war das so. Als Fleischer seine erste Beerdigung eines Kindes hinter sich gebracht hatte, fand er sich später schluchzend in seinem Auto wieder.
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Bei seinem ersten eigenen Buch wird es erst einmal bleiben. Vielleicht aber wird daraus ja ein Bühnenstück. „Ich bin kein Autor, ich bin Schauspieler“, sagt Fleischer bestimmt. Wie sehr er dies ist, zeigt seine ellenlange Filmografie. Der 49-Jährige kann längst nicht nur lustig wie etwa auch in Comedyrollen bei „Pastewka“ oder den „Superbullen“. Er spielte in Tatort-Filmen und Wilsberg-Episoden mit, war bei der „Soko Köln“ und im „Großstadtrevier“ mit dabei.
Nach dem 50. Geburtstag spielt er Cowboy und Indianer
Fleischer wirkte in dem Fernsehfilm über den Medizinskandal bei der Einführung der Antibabypille mit und ist voraussichtlich im Sommer in Joachim A. Langs Film über Verbrecher im Nationalsozialismus im Kino. Unter dem Titel „Führer und Verführer“ ist der gebürtige Bottroper in der Rolle als Hermann Göring, einem der NS-Hauptkriegsverbrecher, zu sehen.
Gerade ist er ganz in der Nähe bis weit in den Mai hinein auch als einer der wilden Stiere auf der Bühne und gibt sein letztes Hemd, um die Produktion von Öko-Hundekuchen zu finanzieren: beim „Mädelsabend“ im Stratmanns in Essen. Danach warten die Karl-May-Festspiele in Elspe auf ihn. Fleischer wird dort dann als Sheriff Barker auf der Bühne stehen. Für ihn ist das eine Premiere. 50 Jahre alt wird der gebürtige Bottroper bald. „Am 29. Mai feiere ich Geburtstag und dann fangen in Elspe die Proben an“, sagt Oliver Fleischer schmunzelnd, „und da spiele ich dann Cowboy und Indianer“.