Bottrop. Die alte Westfalia-Brauerei in Bottrop wurde vor gut 150 Jahren gegründet. Wo heute noch Erinnerungsstücke zu finden sind.
Kurz bevor der Abriss der alten Schankhalle und des 1906 erbauten Verwaltungsgebäudes der Westfalia-Brauerei in Bottrop begann, feierten sie schnell noch ein Fest. Eine Bergmannskapelle spielte zu Ehren des damaligen Oberbürgermeisters, Ernst Wilczok, den Geburtstagsmarsch und im Innenhof schenkte man zum letzten Mal Pils ein. Echtes Bottroper Bier wird das aber wohl kaum noch gewesen sein.
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Ende August 1978 hatte das Fest stattgefunden. Die Bagger und Abbruchhämmer, die kurz darauf anrollten, sollten am Berliner Platz den Weg für Großes freiräumen: das neue und in seinen ersten Jahren so florierende Hansa-Einkaufszentrum, das sich bis zur Hansastraße erstrecken sollte. In der alten Brauerei wurde da schon kein Bottroper Bier mehr gebraut und mit dem Abriss ihres alten Ausschanks ging in Bottrop eine gute alte Tradition verloren.
„Die Westfalia-Brauerei war ein bedeutendes Unternehmen“
Vor 150 Jahren hatte Gründer Bernhard Jansen in der Westfalia-Brauerei das erste Bier brauen lassen. Mehr als 90 Jahre lang kommt von da an das Bottroper Bier als Pils und Export aus der Brauerei im Stadtkern, auch Malzbier und Limonade gab es. Von 1874 an bis 1968 braute die Familie Jansen über drei Generationen hinweg ihre Biere in Bottrop, zuletzt unter dem Dach der König-Brauerei aus Duisburg, mit der die Bottroper 1967 fusionierten. Nur ein Jahr überdauerte diese Zusammenarbeit, dann wurde in Bottrop der Braubetrieb eingestellt und die Westfalia-Brauerei schließlich 1976 aufgelöst.
Fundstücke aus der Geschichte der Bottroper Brauerei sind jedoch auch heute noch in der Stadt zu finden, im Stadtarchiv im Kulturzentrum an der Blumenstraße sowieso. „Die Westfalia-Brauerei war ein wirklich bedeutendes Unternehmen in Bottrop“, erklärt Stadtarchivarin Heike Biskup; und dies nicht nur, weil die Brauerei 1896 ihr eigenes Elektrizitätswerk erbaut und dann Privatleute in der Innenstadt und etwa auch die Laternen im Bottroper Stadtkern mit Strom versorgt hatte.
Auch Biergläser und alte Bierdeckel finden sich im Stadtarchiv
Das Stadtarchiv ist noch in Besitz historischer Unterlagen. Dazu gehören zum Beispiel die Verträge und Verhandlungsprotokolle zwischen der Stadt und dem Unternehmen über die Stromversorgung oder eine Festschrift der Westfalia-Brauerei aus Anlass ihres 50-jährigen Bestehens und auch eine Menge von Zeitungsartikeln aus der Geschichte der Brauerei. Eine Reihe von Utensilien wie Biergläser mit dem Firmenlogo der Brauerei und einige alte Bierdeckel mit dem Westfalia-Schriftzug runden das Erinnerungspaket ab.
„Westfalia-Bier war weit verbreitet in Bottrop. Fast alle Gaststätten haben es ausgeschenkt“, weiß Stadtarchivarin Heike Biskup. Die Brauerei hatte zwar wegen der beiden Weltkriege auch schwere Krisen zu überstehen, machte aber gute Geschäfte. Firmengründer Bernhard Jansen sei damals in eine aufstrebende Stadt gekommen. Die Zeche Prosper II sei bereits abgeteuft gewesen und auch die vielen Bergleute hatten ordentlich Durst.
Der letzte Brauerei-Chef war auch Schützenkönig in Bottrop
„Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, schätzt die Stadtarchivarin den Gründergeist des Brauers ein. Von ihm übernahm ab 1919 zunächst Sohn Carl die Brauerei, bevor 1936 schließlich Enkel Bernhard Jansen die Firmengeschicke leitete. Als es richtig gut lief in den Wirtschaftswunderjahren, berichtet Heike Biskup, wurden in den 1950ern in der damals modernen Abfüllanlage der Brauerei um die 3000 Flaschen Bier pro Stunde gefüllt - was gemessen am heutigen Standard allerdings ein Klacks war. Denn moderne Abfüllanlagen schaffen heute 50.000 Flaschen pro Stunde.
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Der letzte Bottroper Brauereichef war auch über das Unternehmen hinaus eine ziemlich angesehene Persönlichkeit in der Stadt. „Bernhard Jansen war zum Beispiel Karnevalsprinz und er wurde auch in der Alten Allgemeinen Bürgerschützengesellschaft zum Schützenkönig“, berichtet Heike Biskup. Der Grundbesitz der Jansens war enorm.
Das alte Brauerei-Gelände war ein riesiger Komplex
Das Brauerei-Grundstück ging natürlich weit über das alte Schankhaus am Berliner Platz hinaus. Fotos aus den 1950er Jahren zeigen die ganze Dimension des Geländes in der Innenstadt. „Das war ein riesiger Komplex gewesen“, macht Heike Biskup klar. Das Grundstück der Brauerei lag zwischen dem Berliner Platz sowie der Hansastraße und reichte von der Poststraße bis zum heute leerstehenden Schuhhaus-Gebäude am Altmarkt.
Mehr als 50 Jahre dauerte es, bis die Brauereitradition in Bottrop wieder auflebte. Fünf Jahre nach ihrem Start hat sich inzwischen die kleine Bottroper Bier-Brauerei im Fuhlenbrock in der Stadt unter den Biertrinkern etabliert. In der Kneipe der zehn Bierfreunde an der Sterkrader Straße hängt ein ovales Holzschild mit dem Logo der ehemaligen Westfalia-Brauerei aus. Der frühere Bottroper Karlheinz Wagner hat das Erinnerungsstück der Bottroper Brauerei der Neuzeit überlassen.
Ein altes Westfalia-Fass steht im Theo‘s neben dem Eingang
Er sah in den Fuhlenbrocker Bierfreunden so etwas wie die Erben der alten Brauerei und schenkte ihnen daher vor gut eineinhalb Jahren das Westfalia-Schild. Direkt neben der Eingangstür zum „Theo’s“ steht fast schon ein wenig versteckt auch noch ein altes, ziemlich verwittertes Bierfass der Westfalia-Brauerei. Es ist an dem in den Deckel eingestanzten Schriftzug „B. Jansen - Bottrop“ ganz gut zu erkennen. „Wir sehen uns in gewisser Weise ja schon als Nachfolger“, sagt Bottroper Bier-Geschäftsführer Markus Gehring.