Bottrop. Als Jacqueline Wenig zum Grab ihrer Großeltern in Bottrop kommt, ist es weg. Bis 2032 wäre es bezahlt gewesen. Wer hat die Ruhestätte geräumt?
- Die Großeltern von Jacqueline Wenig waren auf dem Bottroper Parkfriedhof begraben
- Als die Enkelin die Ruhestätte besuchen will, ist das Grab plötzlich weg
- Die Stadt Bottrop sagt, sie habe das Grab nicht abgeräumt
Sie müsse sich bestimmt in der Reihe vertan haben, sagt ihr Freund, als Jacqueline Wenig das Grab ihrer Großeltern nicht findet. Aber eigentlich kenne sie den Weg blind, sagt die 30-Jährige. Einige Jahre hatte sie die Ruhestätte nicht besucht. Als sie Mitte Oktober auf den Parkfriedhof kommt, ist das Grab nicht mehr da – obwohl es noch bis Ende 2032 bezahlt ist.
Dort, wo Jacqueline Wenigs Großeltern eine Familiengruft hatten, ist heute nur noch Gras zu sehen. In der ganzen Reihe auf dem Grabfeld 45 des Bottroper Parkfriedhofs stehen nur noch wenige Grabsteine, der Großteil der Fläche ist von Wiese bedeckt.
Bottroperin will Grab der Großeltern besuchen – aber es ist nicht mehr da
Nachdem Jacqueline Wenig Mitte Oktober kein Grab mehr findet, der große rot-braune Grabstein aus Marmor nicht mehr da ist, ebenso wenig die steinerne Umrandung der Ruhestätte, ruft sie bei der Stadt an. Dort habe man ihr zugesichert, den Grabstein zu ersetzen. Sie solle ein paar Tage später einen Termin ausmachen, um sich einen neuen Grabstein auszusuchen. Das Grab müsse aus Versehen abgeräumt worden sein. Es sei zugewuchert gewesen wie die Grabstätten drumherum.
Ja, sie und ihre Familie hätten das Grab länger nicht gepflegt, gibt Jacqueline Wenig zu. Aber jetzt wollte sie sich kümmern. Sie spricht mit einer Mitarbeiterin des Friedhofs, die in ihren Unterlagen nichts über die Räumung des Grabes gefunden habe, keine Fotos, keine Dokumentation.
- Lesen Sie hier:Alte Gräber – das passiert mit Knochen und Asche
Stadt Bottrop liegt keine Dokumentation der Räumung vor
Auf WAZ-Nachfrage sagt die Stadt, dass sich das Grab von Jacqueline Wenigs Großeltern im Bereich der Stilllegungsflächen des Parkfriedhofs befänden. „In diesen Bereichen werden grundsätzlich nur Gräber abgeräumt, für die ein schriftlicher Auftrag der Friedhofsverwaltung vorliegt“, so Stadtsprecherin Sarah Jockenhöfer. Das sei bei diesem Grab nicht der Fall gewesen.
Zudem habe ein Friedhofsbaggerführer bei der Besichtigung der Grabstätte festgestellt, dass das Betonfundament des Grabsteins noch in der Erde war. Grundsätzlich würden aber bei von der Stadt abgeräumten Gräbern die Fundamente entfernt.
Weil weder ein schriftlicher Auftrag noch eine Dokumentation vorliege und eben das Fundament noch verankert war, lautet die Schlussfolgerung der Stadt: Sie hat das Grab nicht abgeräumt.
Bottroperin fragt sich: Wer soll sonst das Grab geräumt haben?
Für Jacqueline Wenig ist das völlig unverständlich – wer sollte es sonst gewesen sein? Schließlich wiegt so ein Grabstein hunderte Kilogramm. Zudem sind eben in dieser Reihe zahlreiche Gräber abgeräumt worden. Beim Besuch vor Ort sieht die Fläche überall gleich aus, von Gras bewachsen. Ihrer Meinung nach müsse die Stadt das Grab aus Versehen umgegraben haben.
Weil die Stadt das anders sieht, hat sie ihr zunächst mündlich gemachtes Angebot, den Grabstein zu ersetzen, zurückgezogen. „Zur Trauerbewältigung hat der zuständige Fachbereich dennoch der Familie Wenig eine Grablaterne und ein Holzkreuz mit Namen auf der Grabfläche aufgestellt“, so Sprecherin Sarah Jockenhöfer. Die Frage, wer, wenn nicht die Stadt nicht Grabstein entfernt haben könnte, könne sie nicht beantworten, da „die Friedhofsfläche frei zugänglich ist und nicht überwacht wird“.
- Beschwerden: Wohnmobile blockieren Parkplätze
- Spektakulärer Fund:Uralte Siedlung auf Acker
- Tierheim-Leiterin: „Mein Herz ist hier geblieben“
- Kinderreisepässe: Das ändert sich ab Januar
Jacqueline Wenig ärgert sich vor allem, dass ihr erst ein Grabstein zugesagt worden sei und das Angebot dann zurückgezogen wurde. „Es hätte ja nicht haargenau der gleiche sein müssen. Hauptsache, es sieht ordentlich nach was aus.“ Nun wird aber das schlichte Holzkreuz stehen bleiben; einen neuen Grabstein wird sie nicht kaufen.