Bottrop. Berliner Platz und ZOB sind für viele Bottroper Angsträume. SPD-Fraktionschef Buschfeld: Man darf die Klientel nicht über einen Kamm scheren.

Für viele Menschen sind der Berliner Platz und noch mehr der ZOB Orte, an denen sie sich nicht gerne aufhalten. Manche sprechen gar von Angst, dort abends oder nachts entlangzulaufen. Seit knapp einem Jahr ist mit Timo Tolksberg ein neuer Streetworker vor Ort im Einsatz. Die Klientel, die sich dort aufhält, unterscheidet sich stark.

Im Sozialausschuss der Stadt Bottrop ließen sich die Kommunalpolitiker über die Arbeit von Timo Tolksberg informieren und über den Unterstand am Berliner Platz, der vor vier Jahren für „die Szene“ gebaut worden ist. „Die Szene“, das sind vor allem obdachlose Menschen, oft mit Drogen- und/oder Alkoholproblemen, schildert Timo Tolksberg, der etwa 50 Menschen betreut.

Bottrop: „Der Berliner Platz ist für viele beängstigend“

Sie nutzen den Unterstand am Berliner Platz neben dem Eingang des Kauflandes. Der wurde 2019 aufgestellt – gegen viel Protest. Kaufland sah den Standort kritisch, schließlich liegt er direkt neben dem Supermarkt-Eingang. Mehrere Parteien sprachen sich dagegen aus, unter anderem die ÖDP und die Grünen.

Auch interessant

Und die sehen die Situation auch heute noch kritisch: „Der Platz ist für viele beängstigend“, sagt ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas. Sie verweist dabei auch auf die Bedarfsanalyse Altstadt, für die Kinder und Jugendliche zu öffentlichen Orten in der Stadt befragt worden. Dabei wurden vor allem von Jugendlichen der ZOB und der Berliner Platz als negative Orte genannt.

„Die Leute nehmen dort Drogen und Alkohol“, „Da ist eine hohe Kriminalität, es gibt viele Drogendealer“, „Da sind viele alte Männer, die rauchen und trinken, für kleine Kinder gefährlich“ – diese Sätze sind in der persönlichen Befragung von Jugendlichen gefallen. Und gerade der ZOB werde laut der Studie von vielen als Angstraum betrachtet.

Angstraum? Unterschiedliche Klientel am Berliner Platz

Die Grünen hatten kürzlich bei einer Begehung des Bereichs um den ZOB, Berliner Platz und Ehrenpark angemahnt, dass er zu einem „Unort“ werden könnte, einer „No-Go-Area“. Matthias Buschfeld, SPD-Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Sozialausschusses, weist das deutlich zurück: Eine No-Go-Area seien weder ZOB noch Berliner Platz.

Auch interessant

Und er gibt zu bedenken, die Menschen vor Ort nicht über einen Kamm zu scheren. „Tagsüber ist da die Unterstand-Klientel, am Abend kommen Jugendliche, die sich bekriegen.“ Es sei weniger die „Szene“, die für Probleme sorgt, sondern vielmehr die aggressive Stimmung, die von Jugendlichen ausgeht.

Das sagt auch SPD-Ratsfrau Margit Jung: „Am Abend ist da eine ganz andere Klientel, die an der Treppe zum ZOB sitzt und ohne Ende provoziert.“ Von diesen Personen fühlten sich auch die Anwohner an der Paßstraße verunsichert. Zuletzt hatte auch der Chef des Ramada-Hotels seinem Unmut Luft gemacht: Seit Monaten klagt er über Vandalismus, über Graffiti und zerbrochene Scheiben bis hin zu Exkrementen vor der Tür.

Matthias Buschfeld (SPD) warnt davor, die Klientel am Berliner Platz über einen Kamm zu scheren.
Matthias Buschfeld (SPD) warnt davor, die Klientel am Berliner Platz über einen Kamm zu scheren. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Menschen, die an der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen sind“

Der Fokus des Streetworkers Timo Tolksberg liegt aber nicht auf den Jugendlichen, sondern auf der Drogen- und Trinkerszene. Ihnen hilft er, wenn sie drohen, in die Obdachlosigkeit abzurutschen (nicht alle sind bereits wohnungslos), er unterstützt bei Behördengängen, habe kürzlich verhindert, dass ein substituierter Mann durch den Schock einer hohen Strom- und Gasnachzahlung wieder in die Drogensucht abrutscht.

„Diese Menschen sind nicht nach außen aggressiv“, betont auch Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert. Sie würden allerdings teilweise von Jugendlichen provoziert. Klar sei, dass der Unterstand am Berliner Platz genutzt würde, dass die „Szene“ als Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf habe, sich dort aufzuhalten. Oliver Balger, Abteilungsleiter der diakonischen Einrichtungen in Bottrop, sagt: „Das sind Menschen in Armut, die von der Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen sind. Sie sind ganz oft vereinsamt und auf den öffentlichen Raum angewiesen.“